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Markus Ludwig, HP - Kalari Wolfstein

30.07.2006 |

1. Wie würden Sie die Abgrenzung von medizinischem Ayurveda zu Wellness definieren?
Die Grenze zwischen Wellness und Medizin ist sicher nicht scharf zu ziehen bzw. muss willkürlich gesetzt werden.
Im Ayurveda könnte die Grenze beim Ausgleichen der Doshas gezogen werden. Das bedeutet, solange ein oder mehrere Doshas zwar erhöht aber noch an ihrem Entstehungsort sind, reichen sanfte, ausgleichende Maßnahmen. Ist das Stadium jedoch fortgeschrittener und das oder die Doshas haben sich ausgebreitet, sind intensivere, therapeutische Maßnahmen notwendig. Spätestens hier sollte ein entsprechend ausgebildeter Ayurveda Therapeut hin zu gerufen werden.

2. Wie sehen Sie die Rolle des Ayurveda-Arztes und Heilpraktikers gegenüber dem Patienten? Welches Selbstverständnis zeichnet den Arzt oder HP aus
- aus Sicht des Ayurveda
- aus eigener Sicht

Der Ayurveda Therapeut, als Kenner des inneren menschlichen Kräfte-Gleichgewichts und dessen Wechselwirkung auf äußere Einflüsse, kann Umstände provozieren um Ansammlungen bzw. Disharmonien zu beseitigen.
Dies erstreckt sich auf das Aus- und Besprechen von Empfehlungen zur Veränderung der Lebensumstände, der täglichen Routinen, Hygiene und Ernährung, der Verschreibung von Mittel zur äußeren und inneren Anwendung, sowie der Durchführung intensiver Beeinflussungen/Therapien.
Ich versuche jeden Menschen, der als Patient zu mir kommt, als ein dynamisches Mosaik zu betrachten, in dessen gegenwärtiger Zusammensetzung der Grund für Krankheit und Leid zu finden ist. Meine Aufgabe sehe ich darin, gemeinsam mit dem Menschen sein eigenes inneres Kräfteverhältnis zu erkennen und so die gegenwärtige Ursache für die Symptome zu verstehen. So können intensive Maßnahmen durchgeführt werden, um störende Ansammlungen zu entfernen und den Menschen so nah wie möglich an ein inneres Gleichgewicht zu führen.
Ich halte es für wichtig, das ein Ayurveda Therapeut auch immer ein Ayurveda Lehrer sein kann. Das heißt, solange es der Patient wünscht, ihm auch ein echtes Verständnis der Vorgänge zu vermitteln. Oft ist nur dadurch eine dauerhafte Linderung oder Heilung möglich, da ansonsten der Mensch die, die Missverhältnis schaffenden Faktoren in seinem Alltag nicht erkennen und vermeiden kann.

3. Welche Rolle spielt Ayurveda im westlichen Gesundheitssystem heute und zukünftig?
Welche Risiken und Chancen gibt es? Gibt es Unterstützung oder Hindernisse, sich als Mediziner oder HP mit Ayurveda auseinander zu setzen?

Durch die Entwicklung des Ayurveda im Westen besteht die Chance das die Menschen wirklich verstehen was eigentlich Gesundheit bedeutet und wie diese befriedigend bewahrt werden kann. Es hätte sogar das Potential, das die Gesellschaft an sich gesundet und im offensichtlichen Frieden mit sich und ihrer Umwelt leben könnte.
Der Ayurveda ist die intelligente Alternative bzw. Lösung zur Linderung oder Heilung für chronische Krankheiten und Leiden des Menschen.
Ein Risiko ist sicherlich, das der Ayurveda im Zuge seiner Vermarktung so begrenzt und entstellt wird, das verhältnismäßig wenig Menschen sein eigentliches Potential wissen und nutzen.

4. Gibt es Krankheitsbilder, die prädestiniert sind für die Behandlung durch Ayurveda und welche?
Jede chronische Erkrankung erhält allein schon durch das Verständnis des Ayurveda eine wertvolle Hilfe. Manchmal sind es jedoch einzelne Symptome, die durch die unglückliche Kombination ursächlicher Faktoren nur schwer bzw. kaum zu lindern sind und oft sind es auch die verschiedensten Symptomkomplexe, die leicht durch die Behandlung der Ursache zur rechten Zeit am rechten Ort nahezu schlagartig verschwinden können.

5. Haben Sie Kenntnisse über Forschungsprojekte zu Ayurveda? Wenn ja, welche?
Ich denke jeder, der sich ernsthaft von der Basis heraus mit dem Ayurveda beschäftigt, besonders zur heutigen Zeit und im Westen, ist in einem Forschungsprojekt involviert.
Dr. Krishna Kumar in Vadakara beschäftigt sich intensiv mit der Synthese des traditionellen Tantra und Ayurveda, welche meines Erachtens eine höchst interessante Forschung darstellt. Selbst arbeite ich gerade als fachlicher Berater an einer deutschen Übersetzung des Ashtanga Hrdayam, sowie intensiv seit Jahren am Zusammentragen und Weiterentwickeln des Wissens und der Anwendung des Marma-Nadi-Systems bzw. an einem westlichen Verständnis dessen. Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld sehe ich in der Verwendung heimischer Pflanzen und allgemein heimischer Begebenheiten im System des Ayurveda.
Dann weiß ich noch von verschiedenen Forschungen in Kerala, insbesondere über das westlich-medizinische Verständnis der Wirkung ayurvedischer Therapien und indischer Pflanzen.

6. Welche Möglichkeiten sehen Sie, sich weiterzubilden?
Die Möglichkeit sich weiterzubilden, ist in jedem Menschen, der einem als Patient begegnet von sich aus und eigentlich unausweichlich gegeben. Tatsächlich halte ich diese Art der Weiterbildung mit der beständigen Optimierung der eigenen Wahrnehmung durch verschiedenste Techniken als eine der interessantesten und wertvollsten Möglichkeiten zur Weiterbildung.
Darüber hinaus halte ich die Osteopathie, als moderne, wie ansatzweise ganzheitliche und äußerst fundierte Betrachtungsweise des Menschen für ein hervorragendes Mittel zur Weiterbildung bzw. Herausforderung zur Synthese des modernen und ayurvedischen Wissens.
Jede Begegnung mit den eigenen Lehrern, insbesondere das gemeinsame Arbeiten ist ebenfalls eine intensive Weiterbildung.

7. Reichen aus Ihrer Sicht die Diagnosemöglichkeiten des Ayurveda aus? Oder sollten Ihrer Ansicht nach weitere naturheilkundliche und/oder schulmedizinische Diagnosemethoden hinzugezogen werden?
Grundsätzlich sind die Möglichkeiten der Diagnosemittel im Hinblick auf seine therapeutischen Mittel deutlich mehr als ausreichend. Es kommt jedoch sehr auf das Wissen, die Fähigkeiten und insbesondere auf die Wahrnehmung des Diagnostikers an. Da die Therapeuten im Westen sich oft gezwungen sehen, trotz eigentlich mangelnder praktischer Erfahrung eine Diagnose zu erstellen, sind Hilfsmittel sicherlich nicht unangebracht. Und wir haben zur Zeit sicherlich den Umstand, das die Ausbildungen oft zu abstrakt sind und die Schulung der eigenen Wahrnehmung nicht ausreichend Zeit eingeräumt wird.

8. Gibt es noch Aspekte, die Ihnen speziell wichtig sind?
Wir sollten uns daran erinnern, dass sich der Ayurveda selbst in Indien in einem notwendigen Prozess der Wiederentdeckung bzw. Selbstfindung befindet.
Wir sollten nicht die Mühen scheuen und es nicht an Selbstbewusstsein vermissen lassen, diese elementare Lehre zu einer Medizin unserer Zeit und unserer Kultur erwachsen zu lassen.

Markus Ludwig, HP - Kalari Wolfstein
Perlesöd 51
94078 Freyung
Tel: ++49(0) 8551 - 915705
eMail: info@kalari-kendram.org
www.kalari-kendram.org


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