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Die Methode der Ernährung

02.04.2003 | von Srikanta Sena1. Acht Faktoren der Nützlichkeit oder Heilsamkeit einer SpeiseDie Nützlichkeit oder Heilsamkeit einer Speise ist von acht Faktoren abhängig:(1) prakriti (Natur), (2) karana (Zubereitung), (3) samyoga (Kombination), (4) rasi (Quantität; Dosis), (5) desa (Ort), (6) kala (Zeit), (7) upayogasamstha (Regeln der Diät) und (8) upayoktri (Konsument).

(1) Prakriti bezieht sich auf die Natur einer Substanz, d.h. die Attribute von Nahrungsmitteln und Drogen (leicht, schwer, etc.). Zum Beispiel: Masha (schwarze Bohnen) ist schwer und mudga (Mungbohnen) leicht, Schweinefleisch ist schwer und Wildbret leicht.

(2) Karana bedeutet Verarbeitung oder Verbesserung von natürlichen Substanzen mit dem Ergebnis der Transformation der den Substanzen innewohnenden Attribute. Dies geschieht durch Anwendung von Feuer (Hitze) und Wasser, durch reinigen, imprägnieren, Zeit (Reifung), Ort (Lagerung in bestimmten Behältern), präservieren, Bewegung (schlagen etc.).

(3) Samyoga ist die Kombination von zwei oder mehr Substanzen. Das Resultat von samyoga ist die Manifestation von spezifischen Attributen, die in einzelnen Substanzen nicht vorhanden sind. Beispiele für samyoga sind Honig und ghrita und Honig, Fisch und Milch. Weder Honig noch ghrita haben eine tödliche Wirkung, doch wenn beide in gleicher Quantität genommen werden, führt dies zum Tod. In ähnlicher Weise verursachen weder Fisch noch Milch kustha, wenn sie einzeln konsumiert werden, doch zusammen erzeugen sie mit Sicherheit kustha.

(4) Rasi besteht aus sarvagraha und parigraha. Sarvagraha bezieht sich auf die Quantität einer Mahlzeit oder einer Droge, und parigraha auf die Quantität der einzelnen Bestandteile einer Mahlzeit bzw. Droge. Das Resultat der Anwendung einer Substanz hängt von rasi ab.

(5) Desa bezieht sich auf den Ort, wo Heilpflanzen wachsen und wo Substanzen für medizinischen Gebrauch zu finden sind. Desa ist einer der Faktoren, die die Attribute von Substanzen bestimmen. (1)

(6) Kala bedeutet Zeit und bezieht sich sowohl auf Tag und Nacht und Jahreszeiten als auch auf das Lebensalter einer Person und das Stadium einer Krankheit.

(7) Upayogasamstha bedeutet diätetische Regeln und bezieht sich hauptsächlich auf die Verdaulichkeit der Nahrung.

(8) Upayoktri ist derjenige, der die Nahrung einnimmt. Von ihm hängt okasatmya (die Verträglichkeit oder Heilsamkeit der Nahrung bei gewohnheitsmäßigem Gebrauch) ab.

Diese acht Faktoren bedingen sich gegenseitig und erzeugen nützliche oder schädliche Effekte, wenn sie richtig bzw. falsch angewendet werden. Deshalb ist es wichtig, sie zu verstehen und bei der persönlichen Diät zu beachten. Nahrung oder Dinge, die anfangs erfreulich sind, später aber zu leidvollen Konsequenzen führen, sollte man nicht nehmen.

2. upayogasamstha – Regeln der Ernährung

Folgende Regeln sollten gesunde Menschen und auch einige Kranke (in bestimmten Fällen) bei der Ernährung beachten:
man sollte regelmäßig
1. warme, 2. fette und 3. nicht-antagonistische Speisen, 4. in der richtigen Menge, 5. nach Verdauung der vorhergehenden Mahlzeit, 6. am rechten Ort, 7. nicht zu schnell und 8. nicht zu langsam, 9. mit voller Konzentration, ohne zu lachen und zu reden und 10. mit Selbstbeachtung zu sich nehmen.

1. Warme Speisen stimulieren das Verdauungsfeuer, werden schneller verdaut, helfen vata bei der Abwärtsbeförderung und vermindern kapha.

2. Fettige Speisen schmecken angenehm, regen agni an, werden schnell verdaut, helfen vata bei der Abwärtsbeförderung, entwickeln den Körper, stärken die Sinne, geben Kraft und fördern die Ausstrahlung.

3. Nahrung in der richtigen Menge genommen fördert Langlebigkeit ohne vata, pitta oder kapha zu stören, behindert agni nicht, wird leicht verdaut und leicht zum Anus befördert.

4. Wenn man Nahrung zu sich nimmt, bevor die letzte Mahlzeit verdaut ist, vermischt sich die Nahrung mit dem unreifen rasa, d.h. dem Verdauungsprodukt der letzten Mahlzeit, was zu einer Erregung aller dosas führt. Nimmt man Nahrung zu sich, wenn die letzte Mahlzeit richtig verdaut ist, ist agni stimuliert, der Appetit angeregt, die Eingänge der Körperkanäle sind geöffnet, das Herz funktioniert unbehindert, Wind bewegt sich nach unten, die Dränge der Ausscheidung von Kot, Urin und Flatus sind vorhanden und das Verdauungsprodukt der Nahrung stört nicht die dhatu-s, sondern fördert Langlebigkeit.

5. Wenn man Nahrung zu sich nimmt, die frei ist von konträren Kräften, wird man nicht unter Krankheiten zu leiden haben, welche aus antagonistischer Nahrung hervorgehen. (2)

6. Man sollte die Nahrung an einem geeigneten Ort mit geeignetem Zubehör zu sich nehmen, da die Beschaffenheit des Ortes die psychische Verfassung beeinträchtigt, was sich wiederum auf die Vorgänge im Körper auswirkt.(3)

7. Man sollte nicht zu schnell essen, damit die Nahrung nicht in einen falschen Kanal gerät oder es zu einer Stockung kommt. Außerdem können dann Fremdkörper in der Nahrung (z.B. Haare etc.) unbeachtet verschluckt werden, was zu schlimmen Konsequenzen führen kann.(4)

8. Man sollte nicht zu langsam essen, denn dabei könnte die Nahrung kalt werden und Störungen in der Verdauung hervorrufen.

9. Lachen und reden und geistige Zerstreutheit während des Essens führen zu den gleichen Problemen wie zu schnelles essen.

10. Man sollte in einer vorgeschriebenen Weise Speisen zu sich nehmen mit dem Ziel der Selbsterhaltung und sich dabei darüber bewußt sein, was der Gesundheit förderlich und was schädlich ist.


Die Manu-samhita gibt im Zusammenhang mit der Ernährungsweise eines brahmacarin folgende interessante Unterweisungen:

„Ein dvija sollte seine Mahlzeit stets mit konzentriertem Geist einnehmen, nachdem er sich zuvor gereinigt hat. Nach dem Essen sollte er sich auch wieder mit Wasser reinigen. Er soll seine Nahrung stets ehren und sie niemals mit Verachtung zu sich nehmen. Wenn er sie sieht, sollte er erfreut sein, ein zufriedenes Gesicht machen und beten, daß er immer Nahrung erhalten werde. Nahrung, die immer verehrt wird, gibt Stärke und Energie; wenn sie jedoch respektlos genommen wird, zerstört sie beide. Er sollte nichts zwischen den zwei Mahlzeiten zu sich nehmen, sich nicht überessen, noch nach dem Essen irgendwo hingehen, ohne sich gereinigt zu haben. Übermäßiges Essen schadet der Gesundheit, dem Ruhm, der Erhebung auf himmlische Planeten und dem Erlangen von spirituellen Verdiensten, und es wird verachtet unter Menschen. Man sollte es aus diesen Gründen sorgsam vermeiden, zuviel zu essen.“

Caraka erklärt in Sutrasthanam, Kap. 8 unter sadvritta in bezug auf Essen, dass man nicht essen sollte, ohne sich zuvor gereinigt zu haben, mit schmutziger Kleidung, ohne einen angemessenen mantra gesprochen zu haben, ohne von der Speise zuvor dem Feuer oder den Bildgestalten der deva-s bzw. Vishnus geopfert zu haben, ohne den pitri-s, Gästen, Angehörigen und Bediensteten von der Speise gegeben zu haben. Man sollte nicht mit dem Gesicht nach Norden sitzend, mit niedergeschlagenem Geist, von unreinen Tellern, an unsauberen Orten, unzeitig, in hektischer Umgebung, bedient von undisziplinierten, unreinen Menschen Nahrung zu sich nehmen. Man sollte nichts Verdorbenes essen, Joghurt nicht in der Nacht zu sich nehmen. Man sollte geröstetes Getreide nicht ohne Beikost, in der Nacht oder nach einer Mahlzeit essen. Man sollte nicht niesen oder essen in zusammengekrümmter Haltung.


(1) Zum Beispiel besitzen Pflanzen, die in Steppen wachsen, im allgemeinen die Eigenschaft laghu; das Fleisch der Tiere, die solche Pflanzen verzehren, ist ebenfalls laghu. Pflanzen, die im Himalaya,dem König der Gebirge und dem Königreich der Heilpflanzen, wachsen, sind am effektivsten.

(2) Zum Beispiel kustha, Blindheit, visarpa

(3) Der Ort sollte schön, sauber, ruhig sein – ein Ort, an dem man sich wohlfühlt. Natürlich wird sich ein Mensch, dessen Geist von rajas und tamas bedeckt ist, in einer lauten, verqualmten Gaststätte oder einem anderen unreinen Ort am wohlsten fühlen und am liebsten dort speisen, doch wird ein besonnener Mensch, der an seinem Glück interessiert ist, solche Orte meiden.

(4) Wenn man zu schnell ißt, ißt man auch leicht zuviel. Außerdem hat man dann den Geschmack der Speise nicht richtig gekostet und nicht die richtige Zufriedenheit erlangt, die eine Mahlzeit normalerweise mit sich bringen sollte.

Aus „Ayurveda-Lehrbuch – Kompendium des Ayurveda-Klassikers Caraka-Samhita“, von Srikanta Sena, CD-Rom. Copyright by Srikanta Sena, Bebra 2002.
Diese CD-Rom können Sie hier direkt bestellen oder Auszüge zu Ihrer Ansicht herunterladen.

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