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Die heilenden Klänge des Ayurveda - Mantras

06.02.2008 | von Renata Mörth Mantras sind unwiderruflich feststehende Silben oder Wortfolgen, ursprüngliche Zauberformeln, die früher wegen ihrer starken Wirkung nur in einer Weihe an die „richtigen“ Personen, in der richtigen Form, weitergegeben wurden. Der Mantra ist das, was den Geist rettet oder schützt. Im Ayurveda wird der Mantra als das wichtigste und direkteste Werkzeug zur Heilung des Geistes, von der tiefsten Ebene bis zur oberflächlichen Veränderung angewendet.(Charaka Samhita Sutrasthana XI.54)


Hast du einmal den Frühling in den Bergen von Terracina erlebt? Den Duft, das Leuchten, das helle, neue Licht, die klaren, frischen Farben und dieses Klingen? Der Frühling frohlockt in den Hügeln und prangt und protzt mit seiner Jugend, wie die jungen Mädchen in den leichten, bunten Kleidern, die stolz ihre prallen Brüste und glatten Körper auf den Straßen spazieren führen. Das ganze Land ist voll von Klängen, voll von dem Jubel der Vögel, die Erde zwitschert, zirpt und ruft und dazwischen das Geläute der Glocken von den Hügeln, auf denen die vielen kleinen, weißen Kirchen dem Himmel so nah sind und weit draußen das Meer.. , hast du?

Vor vielen Jahren, in einem alten Steinhaus, in den Bergen von Terracina, südlich von Rom, ist meine Freundin Scarlet die ganze Nacht dagesessen, mit angezogenen Beinen, einen Polster im Rücken, einen zwischen den Beinen und hat den Körper im Schmerz geschaukelt und gesungen. Lange Töne, genau im Tonfall des Schmerzes, den Schmerz wie ein Segelboot auf den Wellen des Meeres hinausschwimmen lassend, in die Ferne. Der Krebs in ihrem Bauch war schon lange ein wildes Tier geworden.

An diesem Abend haben wir uns an die alten Mantras erinnert, an die uralten Silben der vedischen Sprache, die vor jeder Sprache aus dem Atem des Universums, dem Prana entstanden waren. Die ganze Nacht sangen wir, bis in den frühen Morgenstunden ein starker Rosenduft das Zimmer erfüllte. „Hast du ein Rosenöl, ist es umgefallen?“ „Nein, ich hab überhaupt kein Rosenöl“ „Riechst du das nicht?“ „Ja, jetzt riech ich es auch!“. Wir wussten und fühlten beide, dass durch das lange, ein-tönige Singen der alten Mantras eine heilige Atmosphäre im Haus entstanden war. War die Madonna oder eine andere süsse Heilige zu uns gekommen? In vielen Religionen wird besonderen, heilbringenden Göttinnen und Heiligen nachgesagt, dass ihr Erscheinen nach Rosen duftet. Wer oder was immer in dem Raum zugegen war, wir wurden bis in die innersten Zellen unserer Körper und die innerste Ebene unseres Geistes von überwältigender Freude überflutet und von tiefem Frieden erfüllt.


Vielleicht war es auch die unwirkliche Schönheit dieses Ostersonntagmorgens, vielleicht waren es die Schmerzen, die (bei uns beiden) eine Ebene der erhöhten Wahrnehmung erzeugten, vielleicht waren es doch die heilenden Klänge des Ayurveda, der ewigen Wissenschaft vom Leben, die seit tausenden von Jahren mit Heil-Klängen arbeitet.
Wenn Sie bis hierher gelesen haben, sind vielleicht Bilder und Gefühle in Ihnen entstanden, denn alle Worte haben eine eigene Schwingung, eine eigene Melodie. Ich wollte diese Geschichte so erzählen um diese Erfahrung zu vergegenwärtigen. Der Klang ist die Grundlage für unsere Abhängigkeit von der Außenwelt, aber gleichzeitig auch das Mittel, das uns befreien kann. Wir alle sind konditioniert durch verschiedene Klangschwingungen. Die erste ist die Stimme der Mutter im Mutterbauch, alle Eindrücke und Informationen die später folgen formen den äußeren Geist (Manas). Die Klangschwingung des abstrakten Wissens, die Prinzipien und Ideale formen die Intelligenz (Buddhi). Die tiefsten Gefühle und die Intuition formen mit ihrer Klangschwingung den inneren Geist und das Bewusstsein (Chitta). Erst das spirituelle Herz oder das Zentrum des Bewusstseins, der Atman, ist die eigentliche Quelle des Klanges. Und aus dieser Quelle strömen die Bija Mantras, die so genannten Samensilben, die ursprünglichen Klänge, die allen „normalen“ Sprachen zugrunde liegen und eine Spiegelung der sich niemals erschöpfenden Urenergie sind.

Diese Mantras sind unwiderruflich feststehende Silben oder Wortfolgen, ursprüngliche Zauberformeln, die früher wegen ihrer starken Wirkung nur in einer Weihe an die „richtigen“ Personen, in der richtigen Form, weitergegeben wurden.

Der Mantra ist das, was den Geist rettet oder schützt. Im Ayurveda wird der Mantra als das wichtigste und direkteste Werkzeug zur Heilung des Geistes, von der tiefsten Ebene bis zur oberflächlichen Veränderung angewendet.(Charaka Samhita Sutrasthana XI.54)
Sie sagen, dass nur das Singen von entsprechenden Mantras den Geist von störenden Energien freimachen und Meditation erst dann gelingen kann. Um die Wirkung eines Mantras zu erfahren, sollte man ihn mindestens 100 Mal am Tag über mindestens einen Monat rezitieren, bis er in die innere Zellbewusstheit eingedrungen ist, erst dann könne er dort das energetische Schwingungsmuster verändern. Das lange Wiederholen eines Mantras ist für den Geist wie ein Bad, das alle negativen Gedanken und Einflüsse wegschwemmt.
Emotionale Störungen sind eng mit einer falschen Ausrichtung der Lebenskraft (Prana) verbunden, Mantras und Pranayama (Atemübungen) können diese Störungen aufheben und damit eine grundlegende Heilung von Körper, Geist und Seele bewirken.

Im Ayurveda werden mit der „Mantratherapie“ psychische Krankheiten behandelt, wobei wir darunter ein energetisches Ungleichgewicht im geistigen und emotionalen Bereich verstehen. Diese Ungleichgewichte wirken sich natürlich auch auf das somatische Gleichgewicht störend aus. Eine Behandlung der Psyche ist also immer auch eine Behandlung des Körpers. Alles was wir heute salopp als psychosomatische Erkrankungen bezeichnen, ist im Ayurveda seit jeher als Ungleichgewicht der Körper/Seele/Geisteinheit und voneinander abhängig verstanden worden.
Die Ayurveden, die Wissenden des Lebens, verwenden die Heilkraft der Mantras in stetigem Bewusstsein ihrer allgegenwärtigen Wirkung. Alle Mantras haben eine bestimmte Schwingung und daher Richtung. Vor dem Essen gesungen, erhöhen sie das Sattva, die Qualität der Harmonie unserer Ernährung, sie können die Energie der Räume verändern, die Heilwirkung von Behandlungen und Kräutermedizinen erhöhen, sie sind wie Boote, die uns sicher über den Ozean des Unbewussten bringen, so dass die störenden und krankmachenden Erinnerungs- und Erfahrungsmuster unser Sein nicht mehr beeinflussen können.

All dies sind Konditionierungen, lebenslange Prozesse, die sowohl in die wohltuende als auch in die gegensätzliche Richtung führen können. Umorientierung erfordert eine tiefe, ernsthafte und ausdauernde Hinwendung zu „wohlklingenden“ Schwingungsmustern. Die Heilung des Geistes kann nur durch sattvige Mantras erfolgen, die die Selbsterkenntnis fördern und das Ego auflösen
Aber Vorsicht, Mantras, die sich um egozentrische Erfolgswünsche drehen (oft im sogenannten „positiv thinking“ verwendet) können nicht heilen, im Gegenteil, letztendlich verfestigen sie das Muster von Ignoranz und Unruhe.


Renata Mörth, Ayurvedin, Psychotherapeutin, Apothekerin

Ayurveda-Verein Nexenhof
A - 2041 Grund 100
Tel. & Fax. : 0043- (0) 2951 - 2813

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