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Kolumne von Hans H. Rhyner zu Schwermetallen in Ayurveda-Produkten

Kolumne von Hans H. Rhyner zu Schwermetallen in Ayurveda-Produkten

19.01.2008 | Über verschiedene Medien in Deutschland wird die Bevölkerung dringend vor Ayurveda Produkten und Medikamenten gewarnt. Sie sollen verbotene Mengen von Schwermetallen enthalten. Beim genaueren Hinschauen wird schnell klar: hier werden fast immer wieder die gleichen alten Geschichten aufgewärmt. Es werden keine reellen Fälle präsentiert, bei denen deutsche Bürger durch in Indien, Sri Lanka oder Nepal gekaufte Medikamente zu Schaden gekommen sind.

Anfang September war ich beim 11. Ayurveda Symposium in Deutschland zu einem Podiumsgespräch über "Verbraucherschutz contra Traditionen" eingeladen. Diskutiert werden sollten die angeblich vergifteten ayurvedischen Präparate und wie der deutsche Konsument davor geschützt werden könne. Über verschiedene Medien in Deutschland wird die Bevölkerung dringend vor Ayurveda Produkten und Medikamenten gewarnt. Sie sollen verbotene Mengen von Schwermetallen enthalten.

Beim genaueren Hinschauen wird schnell klar: hier werden fast immer wieder die gleichen alten Geschichten aufgewärmt. Es werden keine reellen Fälle präsentiert, bei denen deutsche Bürger durch in Indien, Sri Lanka oder Nepal gekaufte Medikamente zu Schaden gekommen sind. Ein paar Beamte schleichen in die exotischen Lebensmittelmärkte, kaufen sich illegal eingeführte ayurvedische Präparate und schleppen sie ins nächste Labor. Dort werden dann Spuren von Schwermetall festgestellt - Hurra!

 

Kann jemand sagen, wie viel Schwermetall im Salat erlaubt ist? Sie können davon ausgehen, dass er möglicher deutlich mehr Metalle, Nitrate und Pestizidrückstände enthalten wird, als das ayurvedische Präparat. Nicht zu sprechen von den über Zweieinhalbtausend Lebensmittelzusatzstoffen, die in der EU zugelassen sind, von denen aber Sterblicher auch nur die leiseste Ahnung hat, was sie in unserem Organismus bewirken. Kein Wissenschaftler lässt sich da auf Grenzwerte, Wechselwirkungen oder Toxizität ein.

Die Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie – sie ist die wirklich größte und bedeutendste Kraft in der EU, die sich zu wehren weiß. Niemand - kein Politiker und sei er noch so mächtig - tritt dieser Lobby ungestraft auf die Füße.

 

Was mir mehr Sorge bereitet, als die eben erwähnten plumpen Versuche der Diskreditierung sind die verordnungswütigen Bürokraten der EU. Mit der HMPC (Herbal Medicinal Products Committee) sollte eine vereinfachte Zulassung für traditionelle Phytomittel geschaffen werden. Die Hürden wurden aber so hoch angesetzt, dass es bis dato niemand geschafft hat, ein traditionelles Heilmittel zuzulassen. Der Kostenaufwand beträgt um die € 500´000 und das ohne Aussicht auf Erfolg einer Zulassung.

Die Phytomedikamente, die in der Ayurveda, in der TCM oder in der traditionellen europäischen Heilmittelkunde seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden erfolgreich und ohne unerwünschte Nebenwirkungen eingesetzt wurden, verschwinden so vom Markt. Die wunderbaren Heilpflanzen, wirksamste Instrumente in den Händen qualifizierter Praktikerinnen und Praktiker dürfen nicht mehr von diesen abgegeben werden. Und so verschwindet auch das letzte Stück traditioneller Überlieferungen.

 

Dafür begeben sich die Bürgerinnen und Bürger in eine gefährliche Abhängigkeit von börsendotierten international agierenden Riesenunternehmen, die nur eine Mission haben und die ist nicht, Sie oder mich gesund zu machen oder erhalten, sondern die heißt Shareholdervalue! Krankheiten, die reißenden Absatz versprechen, bekommen genügend Forschungsgelder und selten Krankheiten oder Krankheiten, von denen eine nicht kaufkräftige Minorität betroffen ist, wie zum Beispiel Kinder, werden links liegen gelassen. Das regionale Heilwissen verkümmert und die bereits rationierte medizinische Versorgung führt für den Durchschnittsbürger zu einer bestenfalls drittklassigen Behandlung. Die Pflegefälle verdursten und verhungern auf den Stationen und die Armen essen entweder Hundefutter oder Gammelfleisch, während die Grossaktionäre - und das sind unglaublicherweise die Pensionskassen und Versicherungen, also eigentlich soziale Einrichtungen - die Geldmühle am Laufen erhalten.

 

Die Lösung heißt: aus der sozialen und politischen Apathie erwachen und für unser Recht auf ein gesundes Leben in eigener Verantwortung einstehen. Der Konsument bestimmt letztlich, was in den Regalen steht. Wenn wir das wollen, dann wird bald auch Aldi traditionelle Phytoheilmittel verkaufen.

 

 

 

Hans Heinrich Rhyner
Kant. Approbierter Heilpraktiker, MD & PhD (alternative medicines), Naturarzt für Ayurveda
Vizepräsident Verband Schweizer Ayurveda-Mediziner und -Therapeuten VSAMT
Bahnhofstrasse 9
CH-9100 Herisau

Hans Heinrich Rhyner ist Naturarzt für Ayurveda und Doktor der Naturheilkunde, MD, PhD (AM).
Er ist gebürtiger Schweizer und gilt als führender, international anerkannter Ayurveda Experte und Pionier von Ayurveda in Europa. Er lebte über 20 Jahre in Indien und praktizierte dort in seiner eigenen Klinik in Bangalore. Seit 1999 wieder in Europa zurück, steht er in seiner eigenen Fachpraxis im Appenzellerland / Herisau, sowie im eigenen ambulanten Wiener Fachinstitut und im Fachinstitut Kurhotel Bad Pirawarth seinen Kunden und Patienten zur Verfügung. Seit 2003 führt Hans Rhyner gemeinsam mit seiner Frau Irene das erste biozertifizierte Ayurveda Gesundheitszentrum in Europa. Weitere Informationen finden Sie hier: www.ayurveda-rhyner.com

 

 

Dr. Rhyner schreibt für das Ayurveda-Portal die Kolumne.
Die Meinung des Autors spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

 

 

Bisherige Kolumnen:

1-2005 Kolumne zur Flutkatastrophe
2-2005 Kolumne zur Frühjahrsmüdigkeit
3-2005 Kolumne zu Schlankheitswahn, Gesundheit und Genuss
4-2005 Kolumne zum Impfen
5-2005 Kolumne zum Thema *wissenschaftliche Studien*
1-2006 Kolumne Medikamente für Kinder und das Thema Kampfhunde
2-2006 Kolumne zu den Themen *Handeln wider die Natur* und *Profitgier*
3-2006 Kolumne zur Selbstregulierung im Ayurveda
4-2006 Kolumne zur Willkür der Krankenversicherer


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