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Ayurvedische Betrachtungsweise von Stress

Ayurvedische Betrachtungsweise von Stress

08.12.2018 | Stress hat vielfältige Ursachen und Wirkungen. Stress verstärkt das jeweilige konstitutionsbestimmende Dosha. In diesem Artikel erhalten Sie viele vorbeugende Tipps gemäß Ihrem jeweiligen Dosha Vata, Pitta oder Kapha und allgemeine Empfehlungen. Von Dr. Kalyani Nagersheth

Ayurveda heißt übersetzt: Das Wissen vom Leben. Es ist so alt, wie das Leben selbst. Diese indische Naturheilkunde vereinigt Körper, Geist und Seele. Es ist eine Heilkunde, die auf Beobachtung, Erfahrung, Wissenschaft und Philosophie beruht. Die Menschen haben sich gegenseitig beobachtet und daraus ihre Schlüsse gezogen. Jede Handlung erzielt eine Wirkung. Nachdem sie diese Beobachtung gemacht hatten, konnten Zusammenhänge hergestellt werden und Prognosen gewagt werden. Daraus entwickelte sich die Wissenschaft des Lebens.

Der Grundgedanke des Ayurveda ist so einfach, wie essentiell: Der Ursprung aller Materie sind die fünf Elemente Äther (Raum), Luft, Feuer, Wasser und Erde.

Jeder Mensch setzt sich aus diesen fünf Elementen zusammen. Es sind immer alle vorhanden, in jedem Menschen, in jeder einzelnen Zelle. Jedoch macht die unterschiedliche Verteilung (Dominanz) die Individualität aus.

Aus den Elementen setzen sich die Doshas (krankmachende Faktoren) zusammen: Luft + Äther = Vata Feuer + etwas Wasser = Pitta Erde + Wasser = Kapha
Um das Vorherrschen eines dieser Dosas zu erkennen, bedient man sich ihrer Eigenschaften.
Vata: kalt, trocken, mobil, leicht, penetrierend, klar, rauh
Pitta: heiß, leicht, ölig, mobil, flüssig, penetrierend, sauer, scharf
Kapha: kalt, feucht, schwer, unbeweglich, weich süß, schleimig

Auch diese Doshas sind dementsprechend in jedem Menschen vorhanden. Von ihrem Gleichgewicht ist der Gesundheitszustand abhängig. Das heißt jetzt nicht, daß immer alle drei im selben Verhältnis vorliegen. Dies ist individuell verschieden, aber jeder Mensch hat seinen bestimmten Gleichgewichtszustand der Doshas. Gerät ein Dosha aus dem Gleichgewicht, entsteht Krankheit.

Zunächst muß also die individuelle Konstitution, das individuelle Gleichgewicht der Doshas festgestellt werden. Dies geschieht, durch Erhebung der Krankengeschichte, Befragung und körperliche Untersuchung. Ist die individuelle Konstitution bekannt, ist das zu erreichende Ziel bei der Krankheitsbehandlung festgelegt. Dieses Gleichgewicht muß wieder hergestellt werden, um die Gesundheit wieder herzustellen.

Den körperlichen Doshas entsprechend, gibt es auch geistige Funktionen Rajas. Tamas und Sattva. Diese bezeichnen die mentale geistige Konstitution. Sattva steht für das reine Prinzip (Über-Ich), Rajas für das aktive Prinzip (Ich) und Tamas für das träge Prinzip (Es).

Der Geist kann nur über den Körper aktiv werden. Anders herum kann aber auch der Geist über den Körper beeinflußt werden, z.B. durch Nahrung und körperliche Aktivitäten. Bei psychischen Störungen (z.B. Streß), sollte auf körperlicher und geistiger Ebene behandelt werden.

Bleiben wir zunächst bei den geistigen Übungen. Sattva bewirkt Ausgeglichenheit, Ruhen im Selbst. Um also Stress und innere Unruhe abzubauen, sollte also Sattva gestärkt werden. Dies geschieht durch eine sattvische Lebensführung entsprechend den Regeln der Ethik. Auch die Atemübungen (Pranayama) aus dem Yoga führen in dieselbe Richtung. Sie bringen den Geist zur Ruhe und in Einklang mit dem Körper. Durch religiöse Rituale und die Rezitation von Mantren kann dies noch gefördert werden. Mantren oder auch Meditation fixieren die Gedanken, diese kommen zur Ruhe und das reine Prinzip (Sattva) öffnet sich.

Mantren sind Laute, die seit tausenden von Jahren immer wieder rezitiert werden. Da gesprochene Laute eine Wellenlänge haben, sind sie eine Ener-gieform und stellen dadurch eine Verbindung zur Energie dar. Da dieselben Mantren schon unendlich oft von tausenden von Menschen gesprochen wurden, existieren ihre Energieformen schon und haben eine große Kraft, nicht nur auf den einzelnen, sondern auf die ganze Umgebung. Das einfachste und auch häufigste Mantra, ist das AUM. Aber unabhängig von der indischen Philosophie können auch die christlichen Gebete verwendet werden.

Da aber auch über den Körper der Geist zur Ruhe gebracht werden kann, gibt es auch Nahrungsmittel, die Sattva stärken können. Dazu gehören Milch, Honig, Ghee (geklärte Butter), Kardamom, Safran. Als einfache Grundregel gilt: Alles Unterirdische (z.B. Wurzeln, Kartoffeln) fördert Tamas, der Mittelteil der Pflanzen fördert Rajas und die Spitze (was dem Himmel am nächsten ist) fördert Sattva.

Auch Farben haben einen Einfluß auf die geistigen Funktionen. Weiß, milde, helle, natürliche Farben fördern Sattva. Rottöne, grelle, künstliche Neonfarben fördern Rajas. Dunkle, schwere, schmutzige Farben fördern Tamas.

Stress hat vielfältige Ursachen und Wirkungen. Streß verstärkt das jeweilige Konstitutionsbestimmende Dosha.
Das heißt, ein Vata Typ (Elemente Luft und Aether) wird durch Streß noch mehr zu Luft. Er verliert total die Bodenhaftung und fühlt nur noch Leere im Körper.

Ein Pitta Typ (Element Feuer und etwas Wasser) verbrennt durch Stress (burn out Syndrom), sein Feuer steigt, er entwickelt immer mehr Aktivität, bis plötzlich nichts mehr geht.

Ein Kapha Typ (Element Erde und Wasser) wird immer schwerer, er verfällt in Lethargie. Je mehr Stress vorherrscht, um so bewegungsloser wird er.

Natürlich ist es am sinnvollsten, die Ursache des Stress zu beseitigen. Aber das geht nicht immer. Daher kann das jeweilig betroffene Dosa besänftigt werden. Wenn der Konstitutionstyp bekannt ist, kann dies auch vorbeugend geschehen.

Vata braucht Halt und Fülle. Dies erlangt man einerseits durch ein sehr regelmäßiges Leben (nach Stundenplan), Wärme und schwere, süße, feuchte Nahrung. Vata kann wunderbar durch Ölbehandlungen reduziert werden.

Pitta muß sein Feuer kontrollieren, sollte sich also nicht zuviel Hitze aussetzen (Sauna) und keine scharfe Nahrung zu sich nehmen. Um die Energie abzubauen, eignet sich Sport sehr gut.

Kapha braucht etwas mehr Leichtigkeit. Also leichte, aber warme Nahrung und viele scharfe Gewürze. Aber Kapha muss immer kleine Pausen zwischen Übergängen von einer Aktivität in die andere haben.

Einfache allgemeine Empfehlungen:
- ein Glas Milch vor dem Schlafengehen
- Baldrian, Kamille, Muskat, Beinwell, Engelwurz, Narde
- Ölmassagen, besonders Kopf und Füße
- Heißes Bad, z. B. mit Melisse - Yoga, Meditation, Atemübungen, positive Imaginationsübungen, Gebete, Singen
- Keine Bedürfnisse unterdrücken (Weinen, Lachen, Stuhlgang, Wasser lassen)
- Ursachen suchen. Dinge, die man ändern kann, ändern. Dinge, die man nicht ändern kann, akzeptieren.

Dr. Kalyani Nagersheth, Ärztin mit Ayurveda-Praxis in Frankfurt/Main.
Weitere Infos unter ayurveda-ffm

 

Titelbild: © Photo by Alejandro Escamilla on Unsplash

     


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