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Ayurveda und Multiple Sklerose (Teil II)

30.07.2005 | von Sandra Grünes Die Multiple Sklerose (MS) oder auch encephalitis diesseminata genannt, ist eine der häufigsten Nervenerkrankungen in Europa. Teil II dieses Artikel zeigt im Rahmen der Therapie die ayurvedische Pflanzenheilkunde mit Stoffwechselkorrektur und Rasayanas, die äußerlichen Anwendungen und psychologische Ansätze. Ein ausführliches Fallbeispiel finden Sie am Ende des Artikels. Teil I können Sie hier nachlesen.

3. Pflanzenheilkunde

a) Stoffwechselkorrektur

Ein zentraler Punkt ist, den Stoffwechsel zu korrigieren, das heißt Verdauungsstörungen, Blähungen, Verstopfung und Schlafstörungen entgegen zu wirken, den Körper zu reinigen (Ama –Ausleiten falls vorhanden), Agni und Dosas zu regulieren. Hier können Agni-regulierende Kräuter wie Cumin, Ingwer, schwarzer und langer Pfeffer, Koriander, Hing zum Einsatz kommen.
Die Ausscheidungen von Stuhl und Urin sollten regelmäßig und natürlich kommen.

b) Rasayanas

Rasayanas bieten die Möglichkeiten, Dhatus aufzubauen und sie immunmodulierend einzusetzen. Hier sind Asvagandha (Withania somnifera), Satavari (Asparagus racemosus), Guduci (Tinospora cordifolia), Goksura(Tribulus terrestris) , Triphala, Brahmi (Bacopa monniera) zu nennen.


4. Äußerliche Anwendungen

Ganzkörperölungen, Shirobasti, Shirodhara, Pinda-Sveda Therapien kommen zum Einsatz. Unterstützend sind Bastis (Darmeinläufe), gerade in der ambulanten ayurvedischen Behandlung.
Panchakarma ist empfehlenswert, um über eine längere Phase körperliche Funktionen zu stärken und den Körper von Toxinen zu befreien.


5. Psychologische Ansätze

Die ayurvedische Behandlung zeichnet sich hauptsächlich durch den holistischen Ansatz aus. Die körperliche Harmonisierung wirkt sich auch positiv auf den Geist aus. Die Grundsäulen des Lebens wie Schlaf, Appetit, Verdauung, Ausscheidung sind für die Lebensqualität ausschlaggebend. Ein jeder weiß, wie schwächend diese Funktionen sind, wenn sie gestört sind.
Doch die Stärkung des Geistes durch Meditation, Yoga ist wichtig, um die Positivität und Freude für das Leben nicht zu verlieren.
Oft sind nach der Erstdiagnose viele Fragen offen, eine große Verunsicherung und Ängste entstehen, die den Organismus noch weiter schwächen. Dann ist es wichtig wieder Vertrauen zu gewinnen, Vertrauen in den eigenen Körper, Vertrauen in das Leben.

Eine psychologische Therapie bietet Möglichkeiten, Familienstrukturen, Muster aufzuarbeiten, sowie eine Krankheitsverarbeitung, die ein wesentlicher Anteil ist, um Erfolg und Erleichterung zu erfahren.
Themen wie Sexualität, Kinderwunsch bei MS sollten angesprochen werden und nicht als Tabuthema verdeckt bleiben.
Ein klarer und ruhiger Geist bringt auch Ruhe und Stärke in unseren Körper. Bei der MS Erkrankung ist wesentlich, Stressfaktoren rechtzeitig zu erkennen, und die Lebensweise und Betrachtungen so zu verändern, dass kein Streß mehr entsteht oder positiv umgewandelt werden kann.


VI. Fallbeispiel

Zum veranschaulichen der ayurvedischen Behandlung möchte ich einen Fall aus meiner Praxis vorstellen:

Der Befund ist von einer 40 jährigen Patientin, Referentin von Beruf.
Erstdiagnose MS seit 1992 mit Gangataxie in beiden Beinen. Leichte Feinmotorikstörungen in den Händen. Das Hauptproblem sind starke Gleichgewichtsstörungen, Angst vor Stürzen und eine starke Verstopfung mit anhaltenden Blähungen.
Anamnese: Die Patienten ist von kleiner zierlicher Statur, spielt Tennis seit ihrer Kindheit und ist sehr naturverbunden. Im Alter von 20 trat eine Sehnervenentzündung auf, die mit Cortison behandelt wurde. Ansonsten keine weiteren Symptome zu dieser Zeit. Beruflich war die Patientin sehr ausgelastet, hatte jedoch sehr viel Freude an ihrem Beruf. Die berufliche und private Situation nahm 1991 an Belastung zu. Die Patientin hatte zu dieser Zeit eine Wochenendehe, lange Autofahrten und berufliche Anforderungen wuchsen. 1992 trat eine Facialislähmung mit motorischer Schwäche der rechten Hand auf.
Die Diagnose wurde in der Klinik gestellt. Es waren Nachweise im Kernspintomogramm und bei einer Liquoruntersuchung zu finden. Es wurden Stoßtherapien mit Cortison gegeben. 1997 und 98 folgten drei weitere Schübe, so das jetzt die Gangunsicherheit mit der Ataxie im Vordergrund stehen. Seit 1998 führt sie eine Interferon Therapie durch. Sie leidet an Schlafstörungen, starken Blähungen, die nicht abgehen und Verstopfung. Schleimhäute und Haut sind trocken. Sie ernährt sich am Morgen mit Müsli mit Früchten und kalter Milch, Mittags: Gemüse, Getreide und Fisch oder Fleisch, Abends: Vollkornbrot mit Käse und Salat. 

Ayurvedische Therapie:

Ernährung: Frühstück: warme Breis aus Dinkel, Reis, Haferflocken mit Wasser gekocht mit Gewürzen wie Cardamom, Zimt, Anis und Vanille
Mittags: Reis, MungDhal, Gemüse, Vermeiden von Fisch und Fleisch
Abends. Warme Gemüsesuppen, Gemüse oder ein Reis-Mungeintopf

Es wurden individuelle Kräuterempfehlungen für 4-8 Wochen gegeben.

Nach einer Woche hatte die Patientin einmal am Tag Stuhlgang, fühlte sich sehr erleichtert, spürte ein Gefühl von Freude. Sie schlief besser durch und musste nachts nicht mehr auf die Toilette zum Wasserlassen.

Danach begann ich mehr mit der Öltherapie, Abhyanga mit einem medizinierten Öl, sie selbst gibt sich 2x wöchentlich Öleinläufe am Abend mit warmem Sesamöl. Körperlich fühlte sie sich sehr gut, dennoch blieb die Angst vor Stürzen und dadurch auch eine bedingte Tonuserhöhung, was die Ataxie verstärkte. Physiotherapie und Feldenkrais wurden täglich durchgeführt.

Seit März diesen Jahres sind Stuhl und Urinverhalten regelmäßig und normal. Sie hält sich streng an die ayurvedische Ernährung, um Vata-Pitta Dosa zu regulieren. Das Gehen ist sicherer, die Gangataxie reduziert und die Libido verbessert. Die Patientin gewann wieder an Selbstvertrauen, wurde wieder in ihrem Alltag aktiver und fährt auch wieder längere Strecken mit dem Auto. Unterstützend begann sie mit einer körperorientierten Psychotherapie, welche ihr sehr gut tut.
Sie hat sich für diesen Sommer zu einer 12 tägigen Pancakarma Kur angemeldet, und möchte dort unter Kontrolle das Interferon ausschleichen.
Die ayurvedische Rezeptur nimmt sie weiter, sowie Basti-Einläufe am Abend. Mit dieser Kombination aus Ayurveda, Feldenkrais, Psychotherapie fühlt sie sich sehr aufgefangen und begleitet auf ihrem Weg.
Sie bleibt weiterhin regelmäßig in ayurvedischer Behandlung.


VII. Schlussbemerkung

Für mich steht bei der MS Erkrankung neben der körperlichen Stärkung und Harmonisierung die geistige Stärke und Positivität im Vordergrund. Oft ist die Prognose besser als die Diagnose selbst. Ayurveda lehrt uns eine aktive Rolle zu übernehmen, sich selbst wieder in ein Gleichgewicht bringen zu können, und somit nicht ein Opfer dieser Krankheit zu werden. Ich möchte an dieser Stelle allen Betroffenen und Kollegen Mut machen, die Erkrankung aus ayurvedischer Sicht zu betrachten und dieses wertvolle Wissen einzusetzen.


Angaben zur Autorin:

Langjährige Arbeit als Physiotherapeutin in einer neurologischen Rehabilitationsklinik am Bodensee, mit Ausbildungen zur Bobath-Therapeutin.
Nach Abschluß einer zweijährigen Heilpraktikerausbildung, Studienaufenthalte und Reisen in Indien von 9 Monaten.(1997) Dortige Ausbildungen zur Yogalehrerin bei A.G. Mohan und seiner Frau Indra in Madras. In ayurvdischer Massage in Kerala und beginnende Studien in Ayurveda.
Danach Ausbildung am Mahindra Institut zur medizinischen Ayurveda Spezialistin, wiederholende Auslandsaufenthalte und Akupunkturausbildung an der Universität of alternative Medicine in Colombo.(1998-99)
Leitungen von Pancakarmakuren seit 1999 an der Seite von Dr. Gupta am Mahindra Institut und erneute Studienaufenthalte bei Dr. Gupta in Nadiad, Indien.
Seit 2002 eigene Praxis für ayurvedische Medizin und Naturheilverfahren in Freiburg im Breisgau.
Weitere Ausbildungen folgen in Bachblüten- und Schröpftherapie.
Dozentin und Seminarleiterin in zahlreichen Ausbildungen für Ayurveda Therapeuten, und an der Hippokrates Heilpraktiker Schule in Freiburg.
Leitung mehrere Yogagruppen und Workshops.
Leitende Medizinische Tätigkeit in der Ayurveda Praxis Mahindra Institut in Zürich.

Teil I können Sie hier lesen.

Praxis für Ayurveda Medizin
Sandra Grünes, Heilpraktikerin
Rosastrasse 9
79098 Freiburg
Tel.: 0761- 2023234


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