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Pancha Kosha: Die 5-fache Natur des Körpers

28.09.2004 | von Dr. Hans H. Schäffler In den vedischen Texten gibt es unterschiedliche Modelle von der menschlichen Natur, die verschiedene Aspekte des Lebens erklären. Nach einer gängigen Auffassung besteht das Körper-Geist-System aus fünf (pancha) äußeren Schichten (kosha), die den eigentlichen absoluten Wert des Lebens umhüllen.

1. Grober Körper
Der grobe Körper umfasst die äußeren beiden Schichten menschlicher Existenz.

Anna maya kosha:
Die erste Schicht (kosha) wird durch Nahrung (anna) aufrechterhalten. Es ist der materielle Körper, der berührt, gesehen und gefühlt werden kann. Er wird durch das Erd- und Wasser-Element repräsentiert. 
Der materielle Körper ist in den kosmischen Nahrungszyklus eingebunden und erhält sich dadurch. Als offenes Fliesgleichgewicht nimmt der Körper ständig Substanzen aus der Umwelt auf und gibt sie wieder ab. Verschlechterung der Nahrungsmittel durch industriellen Landbau, Gentechnik, Auslaugung der Böden und schlechte Essgewohnheiten führen zu Störungen im Anna maya kosha. Diese Störungen können vor allem dem Kapha zugeordnet werden.
Kapha ist die Kraft, die das Universum strukturiert und zusammenhhält. Die grundlegende Verschlechterung im Nahrungs-Kreislauf führt zu einer Schädigung des Kapha in allen Lebensformen.  Das zeigt sich in einer Vermehrung von Kälte, Schleim, Schwere und Klebrigkeit in den Geweben. Betroffen davon sind häufig die Lungen, Mandeln und Nebenhöhlen mit den dazugehörigen Gefühlen von Kummer, Frustration und Trägheit. Extreme Bedingungen, wie massives Übergewicht, Anorexie oder Bulimie mit den korrespondierenden Emotionen der Gier und des Verhaftetseins gehören ebenfalls in diese Kategorie.
Der Begriff „maya“ bedeutet Täuschung. Der materielle Körper ist in einem ständigen Auf- und Umbau. Gewebe erneuern sich innerhalb Tage, Wochen oder Monaten vollständig. Wie ein Fluss erscheint der Körper immer gleich, ist jedoch in jeder Sekunde ein anderer.  Das was als eigenständige Existenz erscheint, ist in Wirklichkeit nur Ausdruck einer tiefer liegenden Schicht.

Prana maya kosha:
Die nächste Schicht ist Prana maya kosha, der energetische Körper , der die Grundlage von Anna maya kosha bildet.
Prana ist die kosmische Energie, die kinetische Kraft des Universums. Über die Atmung wird das Prana aufgenommen und ernährt den energetischen Körper. Die zugehörigen Elemente sind Raum und Luft, die das Vata formen.
Vata, der „vitale Atem“ ist für alle körperlichen Funktionen und Bedürfnisse verantwortlich.  Es nährt das „ahamkara“,  in dem alle Erinnerungen über Vergangenheit und Zukunft gespeichert sind.  Alle Erinnerungen, die sich in den unterschiedlichen Bedürfnissen, Neigungen und Abneigungen äußern, werden durch das Prana aktiviert.
Prana ist der Atem des Planenten. Veränderungen in den kosmischen Energiekreisläufen, etwa ausgelöst durch die Technisierung der Umwelt und ökologische Belastungen, wirken auf das individuelle Vata und führen damit zu Störungen des Gedächtnisses. Vergesslichkeit ist eine direkte Folge von  gestörtem Prana.  Das betrifft auch das kognitive Wissen über die Bedürfnisse der eigenen Art, der Natur und des Selbst. Der Rhythmus des Lebens als Ganzes kommt aus dem Gleichgewicht.
Störungen des Vata wirken sich auf alle körperlichen Funktionen aus. Der Anstieg der Herzkrankheiten mit dem zugehörigen Gefühl von Traurigkeit sind ein typisches Beispiel.

2.  Feiner Körper
Zum feinen Körper gehören ebenfalls 2 Schichten.

Mano maya kosha
Die dritte Schicht, Mano maya kosha  wird durch  den Geist und seine mentalen Funktionen aufrechterhalten. Der Geist kontrolliert die Emotionen, ist die Grundlage des Willens und der Architekt von Wünschen. Das zugehörige Element ist das Feuer und damit das Pitta.
Das Feuer ist die Kraft der Transformation. Die Informationen aus den tieferen Schichten, etwa dem Intellekt, werden durch den Geist sichtbar gemacht.  Es sind die Ideen, Vorstellungen und Visionen,  mit denen der Geist die Anlagen der Person ins Leben bringt.
Neuerdings wird die enge Verknüpfung zwischen Geist und Körper von der Psycho-Neuro-Immunologie beschrieben.  Vor allem in Hinblick auf das Immunsystem zeigt sie, wie Emotionen körperliche Reaktionen beeinflussen können. Stoffliche Träger der Gefühle sind die Neuropeptide.
Diese Stoffe wurden zunächst im Nervensystem entdeckt. Inzwischen hat sich herausgestellt,  dass die Fähigkeit, Neuropetide herzustellen und zu lesen eine Eigenschaft von praktisch allen Zellen ist. Demnach spricht man in der Molekularbiologie nur noch von Körper-Geist als einem einheitlichen Informations-Netzwerk. Die Neuropeptide sind dabei ein Mittel, mit dem sich Zellen über ihren „emotionalen Status“ austauschen.
Die Kraft der Transformation ist auch in der Natur zugegen und  wird als kosmischer Geist bezeichnet. Der individuelle Geist ist eingebunden in die Funktion des kosmischen Geistes.

Buddhi maya kosha
Die vierte Schicht, Buddhi maya kosha,  betrifft den Intellekt, der durch die kosmische Intelligenz gestützt wird. Im Intellekt sitzt die Kraft der Unterscheidung zwischen richtig und falsch. Falsche Annahmen, Glaubenssysteme und Konzepte über die eigene Natur führen von hier aus zu Fehlsteuerungen des gesamten Körper-Geist-Systems. Der Veda spricht hier von pragyaparadh, dem Irrtum des Intellekts. Der grundlegende Irrtum des Intellekts ist die Abgrenzung eines individuellen Ichs von der kosmischen Intelligenz.
Über pragyaparadh heißt es in den ayurvedischen Texten:
„Wenn das Ewige als vergänglich gesehen wird, das Schädliche als nützlich und umgekehrt, ist das ein Zeichen für den Zusammenbruch des Intellekts. Der gesunde Intellekt sieht normalerweise die Dinge so wie sie sind.“
„Der Zusammenbruch der Erinnerung liegt darin begründet, dass das Selbst von Rajas (Hitze, Begierde, Antrieb) und Rajas (Trägheit, Dumpfheit) überschattet wird.“
„Ein Mensch mit geschädigtem buddhi (Intellekt), dhriti (Stabilität) und smirti (Erinnerung) erlaubt in sich das Entstehen von pragyaparadh, das alle drei Dosha gleichzeitig stört.“
In der vedischen Kultur sah man in pragyaparadh vor allem ein grundle-gendes Fehlen einer spirituellen Ausrichtung im Leben. Heute ist pragy-aparadh um die gesamte Palette frühkindlicher Entwicklungsstörungen bereichert, die auf Grund von erlernten falschen Annahmen eine Reihe von psychischen Störungen und fehlerhaften Handlungen inkl. Sucht nach sich ziehen.

3. Kausaler Körper

Ananda maya kosha
Ananda bedeutet Glückseligkeit. Sie repräsentiert die komplette Fülle des Seins und hat damit ihre Grundlage in der unbegrenzten Bewusstheit des Universums.
Ananda maya kosha ist der kausale Körper, seine Struktur bildet die Grundlage des Lebens.  Er enthält die „Varsanas“, die Samen von Wünschen  und Anlagen, die das Leben in seine individuelle Bestimmung steuern.
Ein wacher Intellekt nimmt das Sprießen der  Varsanas wahr und setzt sie über den Geist und den groben Körper in Ereignisse um.
Deshalb macht der ungebremste Fluss von Intelligenz zwischen diesen 5 Schichten macht das Leben gesund, ganz und erfüllt.
Die 5 Schichten des Körpers sind ein Abbild der kosmischen Struktur. Die Erfahrung des Körpers führt zu einer Erfahrung des Kosmos.

Sat chit ananda
Ananda bedeutet Glückseligkeit. Es repräsentiert die komplette Fülle des Seins und hat damit seine Grundlage in der unbegrenzten Bewusstheit des Universums.
Ananda maya kosha ist der kausale Körper, seine Struktur ist die Grundlage für die Struktur des Lebens. Der ungebremste Fluss von Intelligenz zwischen diesen 5 Schichten macht das Leben gesund, ganz und erfüllt.
Die 5 Schichten des Körpers sind ein Abbild der kosmischen Struktur. Die Erfahrung des Körpers führt zu einer Erfahrung des Kosmos.

Therapien des Ayur-Veda
Eine ganzheitliche Therapie muss alle 5 Schichten der Existenz umfassen. Die Schulmedizin hat ihren Handlungsschwerpunkt in Anna maya kosha, dem materiellen Körper. Die Erfolge können deshalb niemals grundlegender Natur sein. Die Naturheilweisen und die gesamte Palette energetischer Heilverfahren zieht Prana maya kosha, den energetischen Körper mit ein. Die tieferen Schichten werden jedoch nur teilweise angesprochen.
Dagegen hat der Ayur-Veda Zugriff auf die Verfahren des Yoga. In der Meditation, einer Technik aus der Yoga-Tradition, wird der absolute Aspekt des Lebens belebt. Hier an der Grenze zwischen der unmanifesten kosmischen Intelligenz und Ananda maya kosha entsteht Ordnung, die im Idealfall pragyaparadh überwindet und ganzheitliche Gesundheit schafft.
Einschränkend muss gesagt werden, dass dieser spirituelle Ansatz Zeit braucht. Destruktive Glaubensmuster und grundlegend falsche Annahmen über die Natur sind oft Hindernisse auf dem Weg zur Erfahrung von Transzendenz oder halten Menschen insgesamt vom Erlernen einer Meditationstechnik ab.
Es ist deshalb wichtig, die Ursachen der destruktiven Tendenzen zu erforschen und nach Möglichkeiten ihrer Lösung Ausschau zu halten.

Lesen Sie mehr zu:

Erkärungsmodelle für Pragyaparadh und dessen Auflösung
A. Alice Miller
B. Das innere Kind (Chopich und Paul)
C. Energiearbeit (Sue Gurnee)

 

Autor:

Dr. Hans H. Schäffler ist Leiter des Ayurveda Gesundheitszentrums im Schloss Pichlarn in Irdning, Österreich.
Hier kommen Sie zum Interview, das Ayurveda-Portal mit Dr. Schäffler geführt hat.

 

 

 


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