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Der grosse Ayurveda Schwindel

19.07.2004 | ADVERTORIAL | - von Hans Müller Bei den alternativen Heilmethoden und im Wellnessbereich ist Ayurveda in. Wie Pilze schiessen immer mehr sogenannte Ayurveda Centers aus dem Boden und bieten Ayurvedabehandlungen an. In den meisten Fällen allerdings ohne eine Ahnung davon zu haben, was Ayurveda überhaupt ist; Hauptsache, es ist ein neues Reizwort auf dem Gebiet der Gesundheit. Man muss ja hin und wieder etwas Neues bringen, damit die Kasse klingelt und mit der Gesundheit lassen sich von jeher immer gute Geschäfte machen.

Die Marketingleute wollen ihr einträgliches Stück vom neuen Kuchen natürlich auch abschneiden und so erfinden sie immer neue und trickreichere Methoden, um das Produkt Ayurveda möglichst gewinnbringend zu vermarkten. Dagegen wäre eigentlich nichts einzuwenden, wenn im Falle von Ayurveda mit der Wahrheit umgegangen würde. Aber es wird immer mehr zu fragwürdigeren Methoden gegriffen und man scheut sich auch nicht, grobe Unwahrheiten mit der grössten Gelassenheit in die Werbung einfliessen zu lassen. Womit kann man denn heute das Publikum für eine neuen Gesundheitsmethode scharf machen? Ganz einfach: man behauptet, diese neue Methode, eben Ayurveda genannt, könne Krebs und AIDS heilen, sie helfe erfolgreich bei Altzheimer und Parkinson. Doch wer so etwas behauptet, ist ein Scharlatan.

Was ist denn nun Ayurveda wirklich?

Ayurveda ist eine über 5000 Jahre alte indische Philosophie und heisst übersetzt "Die Wissenschaft vom Leben". Die Lehre dieser Philosophie geht davon aus, dass der Mensch dann gesund ist, wenn Körper, Geist und Seele im Einklang mit dem Universum sind. Es würde zu weit führen, an dieser Stelle diese Philosophie zu erklären; darüber gibt es reichlich Literatur.
Wie aber bringt man Körper, Geist und Seele in ein ausgewogenes Gleichgewicht ?  Vereinfacht gesagt gehören zu Ayurveda Yoga, Meditation, natürliche Heilmittelkunde, therapeutische Behandlungen mit Medizinen und speziellen Massagemethoden, sowie vegetarisches Essen und natürliches, der Umgebung angepasstes Verhalten. Auch die Astrologie spielt eine ganz wesentliche Rolle. Ayurveda gibt in erster Linie Anleitungen zur Erhaltung eines gesunden Körpers und damit zur Erreichung eines langen und gesunden Lebens bei entsprechender positiver Einstellung. Und in zweiter Linie hilft Ayurveda als Heilmethode in jenen Fällen, wo das Gleichgewicht zwischen Körper, Geist und Seele gestört ist.
Das Wissen über Ayurveda wurde in Indien von Generation zu Generation weitergegeben und von Gelehrten in Sanskrit aufgezeichnet. Diese Aufzeichnungen sind relativ spärlich, sie wurden später in Kerala in malayalam ergänzt. Ausser in einigen anderen indischen Gebieten ist Ayurveda in Kerala am längsten bekannt und wurde in der Neuzeit auch ein Lehrfach an Universitäten. Die Ausbildung eines Ayurvedaarztes dauert 6 Jahre, gefolgt von 4 Jahren Praxis bis er sich einigermassen in Ayurveda auskennt. Der Ayurvedaarzt muss über mehr als 1100 Kräuter, Pflanzen, Wurzeln, etc. Bescheid wissen, muss die genauen Bezeichnungen kennen, die Orte, wo diese Rohmaterialien wachsen, welche Wirkungen und Nebenwirkungen sie haben, wie und wann sie gewonnen werden und wie sie zu Medizinen verarbeitet und natürlich auch wie und wann sie angewandt werden müssen. Er muss die speziellen in Ayurveda angewendeten Massagetechniken  kennen und auch in der Lage sein, das Massagepersonal entsprechend anzuweisen. Dass er selber Yoga praktiziert und regelmässig meditiert ist eine weitere Voraussetzung, genau so wie umfassende Kenntnisse in der vegetarischen Ernährungslehre. Dass auch genaue Kenntnisse der Anatomie, des Muskel- und Nervensystems zum Wissen eines Ayurvedaarztes gehören, sei nur der Vollständigkeit wegen erwähnt. Der traditionelle Ayurvedaarzt lebt auch nach der alten in den Veden festgehaltenen Lebensweise, was wiederum einen wichtigen Bezug zur indischen Kultur und zur hinduistischen Religion hat.
Massagepersonal braucht eine dreijährige Ausbildung und praktische Tätigkeit. In Kerala werden Ayurveda-Masseure und -Masseusen in speziellen Ayurveda Colleges ausgebildet und nachher in Ayurveda Spitälern eingesetzt. Von den alten, traditionellen Ayurveda Arztfamilien gibt es leider nur noch wenige. Die jüngere Generation ergänzt das von den Vorvätern übermittelte Wissen an den Universitäten und gerät damit unfehlbar in das kommerzielle Fahrwasser. Glücklicherweise gibt es in Kerala noch einige Institute und Spitäler, welche Ayurveda in der ursprünglichen traditionellen Form vermitteln.
Mit der touristischen Entwicklung nimmt nun leider auch in Kerala Ayurveda Formen an, welche mit traditionellem Ayurveda nicht mehr viel gemeinsam haben. Hotels oder die immer zahlreicher werdenden Resorts kommen ohne Ayurveda-Abteilung nicht mehr aus. Sie ist ein Muss, genau so wie der Swimmingpool. Das Tourismus Departement propagiert neben den einzigartigen Backwaters nun auch in vermehrtem Masse Ayurveda. Nicht unbedingt als Lebensart und Heilmethode sondern vielmehr als Devisenbringer. Und jeder, der irgendwie in seinem Haus oder seiner Hütte noch eine Ecke hat, wo er einen mehr oder weniger für Massage geeigneten Tisch aufstellen kann, bietet marktschreierisch Ayurveda an, ohne je eine Ausbildung genossen zu haben. Auf den Reklameschildern findet man auch oft die Namen von Ayurveda-Doktoren aufgeführt, um dem Etablissement einen seriösen Eindruck zu verschaffen. Allerdings haben diese selbst ernannten Doktoren in den seltensten Fällen eine Universität von innen gesehen und so lange sie keiner anklagt, passiert ihnen auch nichts. Und die von der Regierung eingesetzten Kontrolleure übersehen halt dann gegen ein angemessenes Schweigegeld den strafbaren Tatbestand, der Tango corrupti ist ja in Indien salonfähig geworden und gehört zum Alltag.
Nach Kerala kommen immer mehr Leute, meistens weiblichen Geschlechts, welche sich in Ayurveda ausbilden lassen wollen. Sie besuchen dann gegen gutes Entgelt für zwei bis drei Wochen einen Massagekurs, um „Ayurveda“ zu lernen. Und nach dieser Ausbildung kehren sie, wohlversehen mit einem Diplom oder einem Zertifikat, in den Westen zurück und offerieren dann in ihrem eigenen Etablissement Ayurveda !!!
Und damit ist Ayurveda zu einer Oelmassagemethode verkommen, welche seit einigen Jahren auch im Westen praktiziert wird. Das dumme an der Sache ist nur, dass diese Oelmassagen unter Verwendung von billigen Oelen und fragwürdigen Zusätzen zu masslos übersetzten Preisen als Ayurveda angeboten werden, obwohl sie mit Ayurveda gar nichts mehr zu tun haben.
Gegen eine Oelmassage wäre eigentlich an und für sich nichts einzuwenden, solange sie von ausgebildetem Personal ausgeführt wird und geeignete Oele verwendet werden. Man könnte sie dann bestenfalls unter dem Begriff Wellness anbieten. Und wenn die Kunden bereit sind, die übersetzten Preise zu bezahlen, so kann man dies den Anbietern nicht verargen. Nur eines sollten sie nicht tun dürfen, nämlich ihre Dienste unter der Bezeichnung Ayurveda anzubieten.
Es ist deshalb höchste Zeit, dass Ayurveda nur von ausgebildeten und staatlich geprüften Personen angeboten werden darf. Dann kann man nämlich auch den Schwindlern und Scharlatanen das Handwerk legen. Eine Klassifizierung der Ayurveda-Institutionen, ähnlich der Hotel-Klassifizierung, kann ebenfalls helfen, die schwarzen Schafe von den weissen zu trennen. Nur sollte diese vom Staat verordnete Klassifizierung von neutralen und gegen Korruption gefeiten Fachkräften durchgeführt und in unregelmässigen Abständen und unangemeldet kontrolliert werden.
Ein Vergleich mit traditionellem Ayurveda zeigt, dass die im Westen angebotenen Ayurvedakuren nur die Bezeichnung "Ayurveda" gemeinsam haben und deshalb mit nur wenigen Ausnahmen kommerzielle Wellness-Veranstaltungen sind. Traditionelle Ayurveda-Anwendungen sind im Westen nämlich gar nicht möglich und zwar aus dem einfachen Grund, weil einerseits die für die Herstellung der Medizine und Oele notwendigen frischen Kräuter und Zutaten gar nicht in der benötigten Qualität gewonnen werden können und anderseits die klimatischen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Ayurveda gibt es auch nicht in Pillenform. Dazu kommt, dass in den meisten Fällen geschultes und erfahrenes Massagepersonal fehlt. Die im Westen praktizierenden Ayurvedaärzte mögen zwar medizinische Grundkenntnisse haben, in traditionellem Ayurveda verfügen aber die wenigsten über die notwendige langjährige praktische Erfahrung. Hauptsache, es lässt sich mit masslos übersetzten Preisen gutes Geld verdienen, so nach dem Motto "Was nichts kostet, ist nichts wert". Also muss auch Ayurveda im Westen teuer sein, um gut zu sein. Selbst wenn es ein Schwindel ist.
Und zuletzt ein Rat an jene Personen, welche eine echte traditionelle Ayurvedakur machen wollen: nehmen Sie sich auf alle Fälle drei bis vier Wochen Zeit für eine Kur und klären Sie vorher ab, ob das von Ihnen gewählte Institut Gewähr für eine echte Ayurvedakur bieten kann. Und bedenken Sie: eine echte und wirksame Ayurvedakur können Sie nur im Ursprungsland Indien machen, Kerala ist dafür am besten geeignet. Und vor allem müssen Sie wissen, dass während einer Kur sonnenbaden, schwimmen, rauchen und Alkohol strikte untersagt sind, wenn die Kur eine nachhaltige Wirkung haben und das Immunsystem stärken soll. Eine richtige und traditionelle Ayurvedakur wirkt im Körper bis zu 6 Monate nach. Es ist auch nicht ratsam, dass man Reisen mit Ayurveda verbindet, entweder man macht eine Kur oder aber eine Tour. Wenn man genügend Zeit zur Verfügung hat, empfiehlt es sich, zuerst zu touren und am Schluss zu kuren. Nach einer Ayurvedakur sollte man unbedingt noch mindestens eine Woche ausruhen können. Und zu Hause die Empfehlungen des Ayurvedaarztes weiter befolgen, genau so, wie die gelernten Yogaübungen täglich fortzusetzen, zu meditieren und gesund zu essen. Dann darf man auch hoffen, dass Körper, Geist und Seele im Gleichgewicht bleiben.

Varkala, im April 2004
Hans Müller

 

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Der Autor lebt seit 1996 in Kerala (Südindien) und beschäftigt sich als unabhängiger Berater mit den kommerziellen Auswüchsen von Ayurveda. Er setzt sich für die Erhaltung und den Schutz des traditionellen Ayurveda ein und bemüht sich um die Abgrenzung zwischen traditionellem und kommerziellem Ayurveda. Er berät zahlreiche Ayurveda-Institutionen in Kerala und führt zusammen mit einem traditionellen Ayurveda-Arzt das Geethanjali Ayurveda Madom, ein kleines Ayurveda Institut in der Nähe von Trivandrum. An Seminaren referiert er über Ayurveda im Tourismus.
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