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Der Esser ist wichtiger als das Essen

Der Esser ist wichtiger als das Essen

12.04.2004 | von Hans H. Rhyner R22;Was, schon wieder eine neue Ernährungsweise!", werden Sie voller Schrecken ausrufen und sich fragen: R22;Was soll ich bloß tun?" Es gibt Trenn-, Roh-, Vollwert- und Astronautenkost. Sie sollen auf Kalorien achten, auf Vitamine, ungesättigte Fettsäuren und Mikronährstoffe. Um jung zu bleiben, benötigen Sie auch Antioxydanten. Dann tobt eine wilde Debatte über Bio oder eben kein Bio. Was ist mit Tiefkühlnahrung und Fastfood und sind Milch und Zucker wirklich so schädlich? Wie sollen Sie sich in diesem Dickicht von Ernährungsweisen und -kontroversen zurechtfinden? Ganz einfach, indem Sie sich wieder auf sich selbst zurückbesinnen.


Was macht Ayurveda anders als alle oben genannten Lehren? Alle reden nur über die Nahrung. Ayurveda stellt Sie in den Mittelpunkt! Das allerwichtigste beim Essen sind Sie und nicht die Nahrung. Mal vertragen Sie die gleiche Nahrung, mal werden Sie krank davon. Was hat sich geändert? Ihr individueller Zustand hat sich geändert, während die Nahrung genau dieselbe geblieben ist.
Die Frage ist nicht, was in der Nahrung drin ist, sondern was Sie als Esser aus dieser aufnehmen können. Sie wollen Ihren Vitaminbedarf decken und verspeisen deshalb möglichst viele rohe Salate. Wenn Ihr Stoffwechsel in bester Verfassung ist, dann ist das möglich. Wenn nicht, dann kommt der Salat hinten wieder genau so raus, wie er vorne reingegangen ist. Wo bitte sind nun die vielen wertvollen Vitamine? Immer noch im Salat.
Das zeigt, wie unzuverlässig herkömmliche Tabellen mit Nährstoff- und Nährwertgehalt sind. Ihr individueller Zustand bestimmt weit gehend, was und wie verdaut wird.
Auch Ihre Gemütsverfassung kann die Verdauung behindern oder fördern. Sie alle haben schon ein feuchtfröhliches Fest in bester Gesellschaft und Stimmung gefeiert und dabei gehörig mehr als gewohnt zugelangt. Am nächsten Morgen ging es Ihnen prächtig. Die erwartete Strafe für die angebliche Sünde blieb aus. Ein anderes Mal sind Sie völlig im Stress. Ihr Partner, Kind oder Job bereitet Ihnen großen Kummer. Sie haben kaum Appetit und essen deshalb nur sehr wenig und leicht. Trotzdem, das kleine Häppchen liegt wie ein Stein im Bauch. Sie bekommen eine Kolik oder müssen sich übergeben. Hier hat der Stress geplagte Zustand Ihrer Psyche Ihnen diese Magenschmerzen bereitet, nicht das Essen.

Wenn Sie gesund sind und gelernt haben, auf Ihre mentalen und körperlichen Signale zu achten, sich wirklich immer wieder fragen, „Wozu habe ich jetzt gerade Lust?", dann brauchen Sie keine unendlich langen Listen oder dicke Bücher mehr. Sie wissen genau, was Ihnen gut tut.
Der Mensch ist ein sehr lernfähiges Wesen. Bei drei Mahlzeiten am Tag ergeben sich pro Jahr 1095 Chancen, richtig zu essen, und in 25 Jahren 27 375 Möglichkeiten. Jeder schafft es bei so vielen Anläufen, sein individuelles Essmuster herauszufinden.
Der große Teil der Bevölkerung in industrialisierten Ländern hat einfach verlernt, seine Sinne beim Essen wirklich einzusetzen und den Mut aufzubringen, was ihr oder ihm nicht gut tut, zu verweigern.
Probieren Sie einmal ein Kleinkind zu überreden, eine angeblich wirklich gesunde, aber von ihm nicht goutierte Speise einzunehmen. Kürzlich habe ich meiner zweijährigen Tochter die Vorzüge von Spinat in den tollsten Farben geschildert. Das war ein viertelstündiger Vortrag, sehr überzeugend, dachte ich mir und ging darauf ans Werk, ihr einen guten Löffel davon in den Mund zu geben. Eine Sekunde später klebte der Spinat an meinem Hemd und im Gesicht. Nichts zu machen.
Wir Erwachsenen lassen uns leichter überzeugen, selbst wenn sich all unsere Sinne sträuben: Ein junger Mann geht mit seiner neuen Bekanntschaft in ein schickes Restaurant. Eine halbe Stunde später lässt sich der Kellner endlich herab, seine Bestellung aufzunehmen. Nach einem ebenso langen bangen Warten, bei dem er sein attraktives Gegenüber verzweifelt flirtend bei guter Laune zu halten versucht, kommt endlich das Essen. Beide haben sich zu früh gefreut, denn das Servierte entspricht überhaupt nicht ihren Vorstellungen bzw. ihrem Geschmack. Sie würgen Bissen um Bissen hinunter. Sie halten ihre gute Miene tapfer aufrecht. Er zahlt schließlich die völlig überzogene Rechnung ohne ein Zwinkern und gibt dem Kellner noch ein Trinkgeld. Schon auf dem Nachhauseweg melden sich die geschundenen Mägen mit Unwohlsein und Schmerzen. An ein entspanntes Zusammensein ist nicht mehr zu denken. Sie murmeln eine Entschuldigung und verabschieden sich eilig voneinander. Zu Hause schlucken Sie eine Tablette und machen sich Vorwürfe, einfach alles so geschluckt zu haben. Die beiden haben ihr Rendezvous, ihre Gesundheit und ihre Freude beim Essen ruiniert.
Wäre es nicht einfacher, Sie spuckten manchmal aus, was Ihnen nicht bekommt?
Wenn Ihnen etwas nicht schmeckt, Ihnen etwas nicht gut tut, dann sind das handfeste Belege, die in den allermeisten Fällen auch zutreffen. Der Test des Puddings liegt nämlich im Verspeisen desselben.
Eine weitere, weniger emotionale Bewertungsgrundlage ist der Fakt, dass wir ja essen, um frische Energie zu tanken. So können Sie jederzeit beurteilen, ob Sie das Richtige essen. Warum essen wir alle? Sicher nicht nur aus Spaß. Wir brauchen täglich neue Energiezufuhr. Wenn Sie sich 1bis2 Stunden nach der Nahrungsaufnahme kräftig und beschwingt fühlen, dann haben Sie genau das Richtige gespeist. Wenn das Essen aber bewirkt, dass Sie sich schwer, kraftlos oder fahrig fühlen, dann war es nicht das Passende für Sie. Dabei ist kein irreparabler Schaden entstanden. Schon bei der nächsten Mahlzeit können Sie Ihr Essverhalten korrigieren.

Für die zahlreichen Menschen, die heute entweder die Fähigkeit oder den Mut verloren haben, die richtigen Speisen für sich zu bestimmen, bietet die Ayurveda Ernährungslehre einen wertvollen, einfach nachvollziehbaren Ratgeber. Diese Anweisungen sind so akkurat, dass Ihnen in der Ayurveda-Medizin ein gleichwertiger Status wie andere therapeutische Maßnahmen zukommt. Mit der Ayurveda Ernährungsweise sind Sie sehr bald in der Lage, zu Ihrem natürlichen Gleichgewicht zurückzufinden und dieses dann auch zu erhalten. Gleichzeitig wird Ihre Sinneswahrnehmung geschärft, und so wird diese Ernährungsweise sehr bald ein Teil Ihres natürlichen Verhaltens. Dann rückt das theoretische Gerüst in den Hintergrund und Ihre Intuition wird die für Sie richtigen Entscheidungen fällen.
Der erste und wichtigste Schritt ist, dass Sie herausfinden, welchem der sieben ayurvedischen Grundtypen Sie angehören. Denn es gilt, zu bestimmen, welche natürlichen Bedürfnisse, aber auch Schwächen und Stärken Ihr individueller Organismus besitzt. Diese Aufschlüsselung wird anhand der vorherrschenden Elementarpartikel von Raum, Wind, Feuer, Wasser und Erde vorgenommen. Wenn das Bild von Ihnen einmal steht, dann gilt es, sich nach kompatibler Nahrung umzuschauen. In der Regel sollten Sie mit Ihrer Nahrung diejenigen Elemente zuführen, die Ihnen fehlen und diejenigen abschwächen, die bei Ihnen provoziert sind oder eine vorherrschende Rolle eingenommen haben.
So einfach das klingt, so einfach ist auch die Umsetzung. Es gibt in Ihrem Leben letztlich immer nur zwei Arten von Entscheidungen: „Sein oder nicht sein!" Jede Ihrer Entscheidungen hat entweder selbstzerstörerische oder lebensbejahende Konsequenzen, wobei wir beim ethisch existenziellen Hintergrund richtiger Ernährung angelangt sind: Sie ernähren sich falsch - Sie tun sich Leid an oder Sie ernähren sich richtig und strotzen nur so von Lebenskraft. Letzteres hat natürlich ungeheuer positive Auswirkungen auf alle Ihre Lebensbereiche. Alles fällt Ihnen leicht, und der Erfolg liegt Ihnen zu Füßen. Wenn Sie aber nicht auf Ihre Ernährung achten, dann kämpfen Sie bei jedem Ihrer Vorhaben ständig gegen scheinbar unüberwindbare Schwierigkeiten an.

Dieses Buch soll Ihnen helfen, mit richtiger Ernährungsweise zu sich selbst zu finden. Schon die Klassiker lehrten: „Die Nahrung ist der vitale Atem aller Lebewesen. Ausstrahlung, Klarheit, eine gute Stimme, Langlebigkeit, Genialität, Glücksgefühl, Erfüllung, Kraft und Intellekt hängen alle von ihr ab." (Zitat aus: Caraka Samhita, Sustrasthana, Kapitel 27, Vers 349)

Aus: "Das große Ayurveda Ernährungsbuch - gesund leben und genußvoll essen" von Hans H. Rhyner und Kerstin Rosenberg, mit freundlicher Genehmigung des Urania Verlages, Copyright beim Urania Verlag. ISBN 3-908652-16-2, Euro 28,50

Das Buch können Sie hier online kaufen.


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