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Über Geschmack lässt sich nicht streiten

Über Geschmack lässt sich nicht streiten

14.11.2014 | Die Ernährung spielt im Ayurveda eine zentrale Rolle um zu einem harmonischen, ausgeglichenen und gesunden Lebensstil zu finden und Krankheiten vorzubeugen. Dabei ist – im Gegensatz zu der im Westen verbreiteten generischen Ernährungspyramide – entscheidend, dass die Nahrung entsprechend der individuellen Konstitution zubereitet und eingenommen wird. Von Stefan Geisse

Der Geschmack der Nahrungsmittel spielt dabei eine wichtige Rolle.

Konstitutionsbezogene Ernährung

Jeder Mensch ist einzigartig und hat dementsprechend einzigartige Eigenschaften wie er Nahrung verwerten und verdauen kann – und wie somit die Nahrung auf seinen Körper und Geist wirkt. Die optimale Ernährung im Ayurveda ist daher immer konstitutionsbezogen. Durch Jahrtausende lange Beobachtung wurden drei grundsätzliche Ordnungsprinzipien („Doshas“) identifiziert, welche sich aus den Elementen der Natur ableiten lassen. Diese sind – in unterschiedlichster Kombination und Ausprägung - in jedem Menschen enthalten und bilden die Grundlage für die Konstitutionsbestimmung und die daraus abgeleiteten Ernährungsempfehlungen.

Geschmack und Eigenschaften der Nahrung sind essentiell im Ayurveda

Um nun das Wesen und die Wirkung der Nahrung inkl. der verwendeten Kräuter und Gewürze zu erkennen, werden im Ayurveda Geschmack (rasa), Eigenschaften (guna), Thermik (virya), Geschmack nach der Verdauung (vipaka) und spezifische Heilwirkungen (prabhava und karma) untersucht.

Dieses umfassende Wissen fließt in die Ernährungsberatung mit ein: Um eine abgestimmte und harmonische Zubereitung von Speisen zu erreichen, ist es daher unumgänglich auch die Wirkung der verwendeten Nahrungsmitteln, Gewürzen und Kräutern zu kennen. Es gibt 42 Eigenschaften, wobei die Dimensionen leicht/schwer, trocken/feucht, heiß/kalt und die im Ayurveda verwendeten sechs Geschmacksrichtungen mit am wichtigsten sind, ob wir mit der Auswahl unsere Gesundheit stärken oder unserem Körper Energie abziehen.

Der Geschmack stellt somit mit eines der wichtigsten Regulativen zum therapeutischen Ausgleich der oben erwähnten Ordnungsprinzipien (Doshas) dar. Auch auf die Psyche üben die Geschmacksrichtungen elementaren Einfluss aus - wir kennen das aus eigener Beobachtung: Ein scharfes Essen erhitzt nicht nur unseren Körper, sondern auch unser Gemüt: wir sind leichter gereizt oder werden gar aggressiv nach der Pizza Diabolo. Ein Stückchen süße Schokolade gibt uns hingegen ein wärmendes Gefühl der Geborgenheit…

Die sechs Geschmacksrichtungen

Entscheidend ist nun, die Gewürze und Nahrungsmittel im rechten Maß und von guter Qualität zu uns zu nehmen (womit das wärmende Stückchen Schokolade dann gar nicht mehr so positiv betrachtet werden kann). Aus Sicht des Ayurveda haben die sechs Geschmacksrichtungen folgende Wirkung:

Süßer Geschmack baut Körpergewebe auf, erhöht die Vitalität, klärt Sinnesorgane und reduziert Vata und Pitta, verstärkt jedoch Kapha. Darunter fallen Fette, viele Getreidearten, süße Wurzelgemüse, süße Früchte und Nüsse.

Saure Nahrungsmittel wie Zitrusfrüchte, Tomaten, Essig oder fermentierte Milchprodukte stimulieren den Stoffwechsel, fördern die Widerstandskraft, stabilisieren die Funktion der Sinnesorgane und reduziert Vata. Erhöhen jedoch im Gegenzug Pitta und Kapha.

Salz ist verdauungsfördernd, erhöht die Sekretion und macht Glieder weich und geschmeidig, es reduziert Vata, verstärkt aber Pitta und Kapha.

Scharf schmeckende Gewürze wir Chili, Pfeffer, Ingwer, Meerrettich oder Senf stimulieren ebenfalls den Stoffwechsel, beseitigen Fett und Ödeme und öffnen die Transport- und Körperkanäle. Kapha wird so reduziert, Pitta und Vata jedoch erhöht.

Bittere Nahrungsmittel sind appetitanregend, antitoxisch, wirken gegen Jucken und Brennen und helfen so bei Hautentzündungen, reduzieren Fieber und Feuchtigkeit und bauen Körpergewebe ab - sie sind somit ideal für Kapha und Pitta (Vata wird jedoch erhöht). In diese Kategorie fallen Blattgemüse, Gartenkräuter, Artischocken oder Kaffee.

Zu guter Letzt sind herbe und zusammenziehende Nahrungsmittel wie Spinat oder Tee beruhigend, aufbauend, austrocknend und fördert die Heilung und das Zusammenwachsen. Sie reduzieren Pitta und Kapha, verstärken jedoch Vata.

Geschmack und Doshas

Somit kann recht einfach mit dem Geschmack die Dosha-Regulation optimiert werden: Vata mag süss, sauer und salzig, Pitta süss, bitter und zusammenziehend und Kapha mag es gerne scharf, bitter und zusammenziehend.

Es gibt ein paar wenige Ausnahmen wie zum Beispiel den Honig. Dieser schmeckt unwidersprochen süß, und wirkt somit beruhigend und entspannend auf die Psyche. Auf körperlicher Ebene jedoch wirkt er anregend und abbauend – ein perfekter Fettverbrenner für Kapha der auch noch schmeckt!

Alle sechs Geschmacksrichtungen im Menü

Das ideale Ayurveda Menü enthält idealerweise alle sechs Geschmacksrichtungen um es ausgewogen und besonders bekömmlich zu gestalten, wobei die harmonische Ausgestaltung die individuelle Konstitution berücksichtigen sollte: Vata bekommt zum bitteren Rucolasalat eine süss-saure Salatsauce mit Balsamico, Honig, Öl, Salz und nur wenig Pfeffer. Süßes Karottengemüse bekommt etwas Salz, Zitronensaft und frische Kräuter – und der Kapha Esser noch eine Extra-Portion Chili dazu. Scharfe Gewürzmischungen oder Nahrungsergänzungsmittel wie Trikatu werden für den feurigen Pitta-Macher mit Honig oder Ghee entschärft.

Ein einfaches Ayurveda-Menü mit allen sechs Geschmacksrichtungen könnte dann so aussehen: Getreide mit Dal und Wurzelgemüse (alles süß), dazu ein grundsätzlich süßer Dal mit sauren Tomaten und Milchprodukten, Salz und aufgepeppt mit scharfen Gewürzen. Begleitet von einem bitteren Salat oder Blattgemüse und zum Abschluss einen zusammenziehender Tee welcher den Magen schließt.

Es ist also ganz einfach: Typgerechte Ernährung gleicht die individuelle Dosha-Qualität durch die bewusste Auswahl und Zubereitung der Nahrung unter Berücksichtigung der Geschmacksrichtungen aus. Und kann dabei noch so lecker schmecken dass sich darüber selten streiten lässt! Guten Appetit!

 

Der Autor, Stefan Geisse, Dipl. Betriebswirt FH und MBA leitet das Institut für Stressbewältigung, Gesundheit und persönliches Wachstum, INDUALITY®, in Zürich: http://www.induality.com. Er arbeitete über 15 Jahre als Berater und in leitenden Managementpositionen in der Konsum- als auch Gebrauchsgüterindustrie und betreut heute Unternehmen und Privatpersonen in Fragen zur ganzheitlichen Gesundheitsförderung. Stefan Geisse ist Ayurveda Gesundheits- und Ernährungsberater, Yoga- und Meditationslehrer und Mental-Coach.

Weiterführende Informationen rund um die Themen Stress, Burnout, Ayurvedische Konstitutionsbestimmung und ein gesunder Lebensstil und typgerechter Ernährung finden Sie unter http://www.induality.com
 


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