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Osteoporose und Arthrose- Behandlungen im Ayurveda Teil 3

Osteoporose und Arthrose- Behandlungen im Ayurveda Teil 3

09.09.2012 |   FortsetzungDie Eigenschaft der Kälte haben vaatha und kapha gemeinsam. Die Eigenschaft der Wärme oder Hitze ist dem pitha eigen und gleicht die Kälte der anderen beiden doshas aus. Von Dr. Sajan Kumar S. (B.A.M.S.).         

(Read also in English)

    Obwohl die Eigenschaft der Kälte sowohl für vaatha, als auch für kapha gegeben ist, unterscheiden sich dennoch beide voneinander. 
    Die Kälte, die dem kapha entspricht, ist ein Begehren nach Wärme, vergleichbar mit der Gier eines Geizhalses, immer mehr Geld anzuhäufen und nichts auszugeben. Die Kälte von vaatha hingegen beschreibt ein wirkliches Fehlen dieser Wärme, was im Vergleich dazu wie jemand erscheint, der vollkommen pleite ist. Hitze oder Wärme in Verbindung mit der snigdha-Qualität besänftigt vaatha und stärkt kapha, während Hitze, die mit Trockenheit einhergeht, genau das Gegenteil bewirkt. Hier sollte ebenfalls eine Unterscheidung in Bezug auf die Hitze dahingehend erfolgen, dass übermäßige Hitze pitha und vaatha verstärkt und mäßige Hitze bzw. Wärme vaatha besänftigt und kapha unterstützt. Daher werden prinzipiell gegen die kalten und trockenen Eigenschaften von vaatha, warme und ölige Behandlungen im Ayurveda angewendet.

In Bezug auf die innere Anwendung, werden warme, nasse und ölige Nahrungsmittel und Speisen empfohlen, die im Gegensatz zu austrocknenden Substanzen stehen, während trockenes, kaltes und leichtes Essen gemieden werden sollte. Hierzu gehören Hülsenfrüchte, sowie geröstete, frittierte oder gebackene Nahrungsmittel, wie Popcorn, Kekse, Knäckebrot, Reiswaffeln, Chips u. s. w.. Obwohl frittierte Nahrungsmittel, wie Chips, Öl enthalten, so wirken sie dennoch in Bezug auf die Intensität der Garung, die sie rau und brüchig macht, verstärkend auf vaatha. Degenerative Erkrankungen gelten als vaatha-Krankheiten, die durch eine Störung von pitha ausgelöst werden, weshalb auch die Förderung der Verdauung einen wichtigen Stellenwert in der Behandlung einnimmt. Es scheint, dass bei diesen Krankheiten das agni oder Verdauungsfeuer im Darm geschwächt ist, während das agni im Bereich der Körpermaterialien überaktiv ist. Zur Heilung ist eine gehaltvolle Nahrung notwendig, die wiederum zu ihrer Verdauung ein starkes agni erfordert. Warmes und mild gewürztes Essen und Suppen in Verbindung mit appetit- und verdauungsanregenden Komponenten sind empfehlenswert.
Zur Behandlung erweist sich in diesem Zusammenhang vor allem snehapanam, die Einnahme von Ghee oder Öl in täglich steigender Menge, als sinnvoll, sowie die großzügige Verwendung von hochwertigen Ölen und Fetten in der Ernährung. Nasyam ist normalerweise eine reinigende Behandlung, die im Bereich von Nase, Nebenhöhlen und dem Rachen erfolgt, im Falle der degenerativen Erkrankungen wird sie jedoch nicht unter dem Aspekt der Reinigung und Ausscheidung, sondern unter dem der Unterstützung und Akkumulation ausgeführt. So stellt sie mehr eine Art innere Ölung und Ernährung der Schleimhäute dar, ebenso wie snehavasthy, der Einlauf mit mediziniertem Öl. Die Einnahme von Öl als Laxativ, soll die Ausscheidung erleichtern.

Es gibt im Ayurveda auch eine Vielzahl von äußeren Anwendungen mit Öl, die den gleichen logischen Hintergrund besitzen und sich in der klinischen Praxis als außerordentlich wirksam erweisen. Einige dieser Behandlungen werden nachfolgend beschrieben.



Sirodhara (mit Öl) und Sirovasthi:
    
    Bei der sirodhara-Behandlung liegt der Patient auf dem Rücken auf einer Liege, während über eine halbe bis zu einer Stunde lang ein kontinuierlicher Strahl von reinem oder mediziniertem Sesamöl über die Stirn gegossen wird. Der Kopf stellt den Sitz des Bewusstseins (prajna) dar, und die Wurzel aller Krankheiten liegt in letzter Konsequenz in der Zerstreuung des Bewusstseins (prajnaaparaadha).  Das Selbstbewusstsein (ahamkaaram) führt uns zu einem Gefühl der Trennung von der Natur und der Außenwelt, wodurch das Individuum aus der universellen Harmonie und Ordnung herausfällt. Diese Trennung oder Abweichung, die ebenfalls eine Art der Zerstreuung darstellt, ist die grundlegendste Ursache aller Krankheiten. Somit liegt der Ursprung aller Krankheiten im Bewusstsein. Mit der sirodhaara-Behandlung wird das Bewusstsein beruhigt und die in diesem Bereich stattfindenden Prozesse besänftigt, während gleichzeitig der kühlende abwärts gerichtete Fluss der Energie, der mehr die weiblichen Qualitäten begünstigt, angeregt wird.

    
Die bereits erwähnten soumyam Qualitäten auf der psychischen Ebene finden einen Kompromiss und Ausgleich mit den äußeren Bedingungen. Die gegenteiligen Qualitäten, wie Stress, Angst, Depression, Ärger, Aggression und Gier, welche vaatha verstärken, stehen im Widerspruch zu den Gegebenheiten des Lebens und verstärken das Gefühl der Trennung und Zerstreuung. Die sirodhara-Behandlung beruhigt und stimuliert mit ihrem besänftigenden Ölstrahl den Verstand und trägt damit zum Ausgleich solcher Qualitäten bei.
Eine andere Art der Öl-Behandlung, die eine intensive Wirkung in dieser Richtung besitzt, ist sirovasthi, bei der warmes Öl in einem Trichter unmittelbar auf dem Kopf behalten wird. Eine mildere Form wäre pichu, bei dem nicht flüssiges Öl, sondern ein mit Öl getränktes Baumwolltuch auf den Scheitel gelegt wird.


Abhyanga und Pizhichil:


    Die Ganzkörper-Ölmassage, die in sanften Streichbewegungen erfolgt, wird abhyanga genannt.  Die Haut gilt als ein Bereich, der von vaatha beherrscht wird. Die Darmschleimhaut besitzt einen konvergenten Charakter, da ihre Hauptfunktion darin besteht, die Nährstoffe und Flüssigkeiten aufzunehmen. Die äußere Haut mit ihrer Ausscheidungsfunktion stellt hierzu das entsprechende Paar dar, da sie von ihrer Natur her divergent ist und somit von vaatha bestimmt wird. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die äußere Haut ausschließlich divergent und die Darmschleimhaut nur konvergent wäre, sondern lediglich, dass eine Absorbtion durch die äußere Haut nur in vergleichsweise geringem Maße stattfindet und ebenso eine Ausscheidung durch die Darmschleimhaut. Die Anwendung von Öl auf der äußeren Haut ist vergleichbar mit dem Bewässern des Bodens. Die Oberfläche sowohl der Erde, als auch der Haut stehen in ständiger Berührung und Interaktion mit der Luft, die dem Element vaayu entspricht, wodurch vaatha hervorgerufen wird.
    
Pizhichil ist eine intensive Behandlung, bei der Öl in dünnen Strahlen über den ganzen Körper gegossen wird. Wenn wir abhyanga mit dem Wässern einer Pflanze verglichen haben, so ist pizhichil vergleichbar mit dem Regen, der sich auf große Flächen ergießt. Das Prinzip ist das gleiche wie bei sirodhara. In den überlieferten Texten berichten Ärzte aus ihrer klinischen Praxis von pizhichil-Behandlungen, die kontinuierlich über 24 bis 48 Stunden am Stück durchgeführt wurden, wie z. B. in Fällen von halbseitiger Lähmung, Hemiplegie. Diese Behandlung zeigt auch heute noch, selbst in verkürzter Form, bei Verwendung des entsprechenden medizinierten Öls, außergewöhnliche Behandlungsergebnisse.


Thailadhaara:

    Der lokale Ölguss auf bestimmte schmerzhafte Stellen, die auf ein übersteigertes vaatha hinweisen, wird thailadhaara genannt. Starke Schmerzen aufgrund von Knochenbrüchen oder Osteoarthritis in fortgeschrittenen Stadien, die sich in der Nacht und im Winter verschlimmern, erfahren eine erstaunliche Linderung, wenn warmes Öl in einem sanften Fluss darüber gegossen wird.

 
Thailavasthi:

    Einläufe mit mediziniertem Öl, werden thailavasthi genannt. Diese Behandlung dient ganz besonders dem Ausgleich von vaatha, da der Dickdarm als eine Region gilt, in der vaatha (seine Unterform apaana) dominiert. Ebenso wie Haut und Schleimhaut als Paar bezeichnet wurden, so können auch Mund und Dickdarm jeweils als konvergente und divergente Partner verstanden werden. Aufgrund der divergenten oder ausscheidenden Funktion des Dickdarms, erhält der Öleinlauf in diesem Bereich seine Bedeutung.


Calziumzufuhr und -bindung

    Gerade so, wie der Wasserkreislauf auf der Erde das Wasser in allen seinen drei Formen aufrecht erhält und ein dynamisches Equilibrium und einen Austausch zwischen diesen Formen schafft, so kann auch die Funktion des Calcium-Kreislaufs verstanden werden. Calciumcarbonat zeigt die dichte erdenhafte Form des Calciums, während Calciumoxid seine leichte und lose Form, vergleichbar mit dem Wasserdampf, repräsentiert. Beide, sowohl Dampf, als auch Calciumoxid, werden durch die erhitzende, aufsteigende Form von agni erzeugt. Die Hydration, die dem kühlenden, nach unten gerichteten Fluss entspricht, bringt es wieder zurück in seine Carbonat-Form. Somit erzeugen sowohl Lebewesen, als auch der Meeresgrund Carbonate. Es muss in diesem Zusammenhang zur Kenntnis genommen werden, dass es das Calciumoxid ist, welches zur Regeneration und Stärkung der Knochen beiträgt, da es die Tendenz besitzt, sich wieder nach unten hin zu verfestigen, so wie die Wolken wieder als Regen zur Erde fallen. Nachdem der Aufstieg innerhalb einer zyklischen Transformation ihren Gipfelpunkt erreicht hat, folgt wieder ein Abstieg. Aus dem Verständnis dieses universellen Prinzips heraus, wird für die Herstellung von Calciumpräparaten im Ayurveda, Calcium entweder in Form von verbrannten Eierschalen oder Muschelschalen verwendet.

Ein weiterer auffälliger Faktor, der in diesem Zusammenhang relevant ist, ist die Tatsache, dass alle zyklischen Transformationen eine konvergente und eine divergente Phase durchlaufen. Das Calcium pendelt zwischen zwei Polaritäten, vom Grund des Meeres zu den Bergen, von lebenden zu leblosen Bereichen der Natur, von dichten zu losen Formen, von hydrierten zu dehydrierten Formen, hin und her. In einer Eierschale befindet sich das Calcium an der Peripherie. Wenn das Ei ausgebrütet wird, formen sich im Inneren des Eis die Knochen des werdenden Tieres, während die Schale immer dünner wird und einen nach innen gerichteten Fluss des Calciums signalisieren. In der Krankheit der Osteoporose findet dieser Fluss oder Prozess in umgekehrter Richtung statt. Ebenso wie Eier beinhalten auch die Schalen von Muscheln Calcium. Werden diese Schalen verbrannt und anschießend wieder mit Wasser vermischt, so müssen sie zwangsläufig die Tendenz entwickeln, sich tief nach innen in die Knochen zu verlagern, wie dies bei einem Ei der Fall ist, welches ausgebrütet wird. Im Ayurveda wird Calcium niemals in isolierter Form verabreicht, wie dies in der Schulmedizin der Fall ist, noch wird es in hohen Dosen gegeben. Calciumpräparate beinhalten neben einer vergleichsweise geringen Menge Calciums aus den genannten Quellen, gleichzeitig auch Komponenten, die vaatha besänftigen bzw. kapha verstärken und solche, die das Calcium im Knochen binden.  


Abschließende Gedanken:

    Ayurveda ist ein ganzheitliches medizinisches System. Das Lernen, Verstehen, Praktizieren, und Lehren von Ayurveda und die Forschungen in diesem Bereich, erfordern mit Sicherheit ein Gewahrsein und eine Einsicht in seine philosophischen und spirituellen Grundlagen. Die Bedeutung der verschiedenen Aussagen werden dann in einem klaren Licht erscheinen und die unterschiedlichen Dimensionen beleuchten, wodurch eine umfassende Sicht aller Zusammenhänge möglich wird. Das gesamte Wissen im Ayurveda ordnet sich um eine zentrale Achse einer bestehenden philosophischen und spirituellen Wahrheit herum an. Das Verleugnen dieser Mitte jedoch, ist gleichbedeutend mit dem Verlust der Ordnung und Zugehörigkeit zu dieser Mitte, was dazu führt, dass Tatsachen und Fakten als Bruchstücke ungeordnet und getrennt voneinander erscheinen und sich nicht richtig in einen logischen Zusammenhang bringen lassen. Wenn man dagegen zuerst die Mitte sucht und ausmacht, dann ordnen sich alle Informationen und Fakten in perfekter Weise um diese Mitte herum an und lassen alles in einem weiten Gesamtzusammenhang erscheinen. Ayurveda versteht Osteoporose und Osteoarthritis in deren ganzheitlichen Dimension und bietet entsprechende Behandlungsmöglichkeiten an, die ihre Wirksamkeit immer wieder unter Beweis stellen und damit dieses Konzeptes bezeugen.

zum 1. Teil

zum 2. Teil

Übersetzung aus dem Englischen: Christine Hein

© Dr. Sajan Kumar. S

Kontakt:

Dr. Sajan Kumar Somarajan
Pappelweg 33
63741-Aschaffenburg
E- Mail: ayurvedkerala@gmail.com
Web: www.ayurvaidya.de

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