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Eine grundlegende Betrachtung von Osteoporose und Arthrose aus der Sicht des Ayurveda Teil 1

Eine grundlegende Betrachtung von Osteoporose und Arthrose aus der Sicht des Ayurveda Teil 1

06.07.2012 | Dieser Artikel ermöglicht eine ganz andere und neue Sichtweise auf Arthrose und Osteoporose, nämlich aus dem Blickwinkel der grundlegenden Prinzipien des Ayurveda. Er befasst sich nicht mit der Pathologie, also der Symptomatik oder der Behandlung, da dieses in den klassischen Texten nachgelesen werden kann.Von Dr. Sajan Kumar S. (B.A.M.S.). 

(Read also in English)

Aus der Sicht des Ayurveda steht jede Art von Leben immer auch in Verbindung mit dem Leben des Universums, so wie ein Kind in einer Verbindung zu seiner Mutter steht. Die gesamte Lebensspanne aller Dinge mit Geburt, Fortbestand und Auflösung, entspricht somit in ihrer Struktur und Funktion, der des gesamten Kosmos. Die grundlegendste Funktionseinheit der Dynamik, welche die Welt bewegt, wird im Sanskrit spandam genannt, was übersetzt so viel wie Pulsation bedeutet. Eine solche Grundeinheit setzt sich aus einem konvergenten und einem divergenten Teil zusammen. Die Lebensspanne des Universums beginnt mit einer Divergenz und endet mit einer Konvergenz, so wie das Leben eines Individuums mit einer Einatmung beginnt und mit einer Ausatmung endet. Alle Dinge existieren immer nach diesem gleichen Muster. Innerhalb solch einer Makro- Ausdehnung und -Zusammenziehung, gibt es viele verschiedene Mikro-Formen von spandam, wie z. B. die Atmung, den Herzschlag, die Pulsation von Molekülen und Atomen u. s. w..  Am Tage herrscht die divergente Phase des Bewusstseins vor und während der Nacht die konvergente.
    
    Ayurveda teilt die gesamte Lebensspanne eines Menschen in drei Phasen auf und ordnete diese den einzelnen doshas zu, wobei  im ersten Lebensdrittel kapha vorherrscht, während der zweiten oder mittleren Phase pitha und während des letzten Drittels vaatha. Während der konvergenten kapha-Phase erfolgt die Akkumulation des materiellen, physischen Körpers, das Wachstum und die Entwicklung von Stärke, Stabilität, Festigkeit, Schwere u. s. w.. Vaatha, welches entgegengesetzte Eigenschaften aufweist, ist während dieser Lebensphase verhältnismäßig schwach und damit auch die katabolische Seite des Stoffwechsels, die mit den Abbauprozessen einhergeht. Im letzten Drittel kehrt sich dieses Verhältnis genau um und bringt eine Auszehrung und einen Abbau aller angesammelten Kräfte mit sich. Dazwischen befindet sich die pitha-Phase, in der kapha und vaatha sich annähernd im Gleichgewicht befinden. Pitha steht für das ausgleichende agni oder Feuer zwischen den aufbauenden und den abbauenden Kräften. Erschaffung, Aufrechterhaltung und Zerstörung oder Auflösung folgen rhythmisch aufeinander und können als das allgemeine Gesetz der Natur verstanden werden. Zusammenfassend gesagt ist es die Geburt aus dem Absoluten oder Nichts, das anschließende Wachstum, der Abbau und die Auflösung, die gemeinsam den Lauf aller Dinge bestimmen.

    Ein Knochen ist im gesunden Zustand vergleichbar mit einer frischen Meeresmuschel, während derjenige, der von Osteoporose befallen ist, einer alten porösen oder verbrannten Muschel (CaO) ähnelt. In der frischen Muschelschale sind die bindenden Kräfte, welche die Moleküle zusammenhalten stärker. Diese Eigenschaften verleihen dem Knochen eine Dichte, Stabilität, eine glatte und glänzende Oberfläche, sowie in geringem Maße auch eine Elastizität, so dass er fähig wird, den Einwirkungen von außen, in Form von Stoß oder Druck, besser standzuhalten. All dies sind kapha-artige Eigenschaften, wohingegen alte und verbrannte Muscheln, bedingt durch die divergente und entzweiende Kraft, entgegengesetzte Qualitäten aufweisen. Poren sind ein Zeichen dafür, dass vaatha dominiert, welches den Charakter von durchdringender Feinheit besitzt. Kapha trägt die Eigenschaft avarana in sich, welche umhüllend wirkt und zu Wachstum und Geschmeidigkeit beiträgt. Divergenz bewirkt Trockenheit, Sprödigkeit, Brüchigkeit, Porosität und den Verlust von Elastizität. Sie besitzt eine auszehrende und zerberstende Wirkung auf physische Körper. Das Vorherrschen von Divergenz führt allgemein zu einer Ausdünnung der Materie und schafft Hohlräume zwischen den Teilchen in Form von Poren, Rissen, Furchen,  Spalten u.s.w.. In den nachfolgenden Zeichnungen sind die Wirkung und Eigenschaften, die durch die Vorherrschaft der divergenten Kraft entstehen, auf abstrakte Weise dargestellt. Figur 1. zeigt ein Gleichgewicht beider Kräfte, der Konvergenz und der Divergenz und Figur 2. ein Überwiegen der divergenten Kraft. Die Risse und Poren, die während regenarmer Perioden im Sommer in der Erde entstehen, sind hierfür bezeichnend.

Osteoporosis- Part.1.2



Osteoporosis- Part.1
(Fig. 2- (Dies zeigt eine Dominanz der divergenten Kraft, die Trockenheit, Brüchigkeit, Porösität u. s. w. bewirkt))


Die Elemente Luft, Feuer und Wasser:

    Wir existieren in einem konvergenten Bereich, welcher sich innerhalb eines weiten divergenten Bereiches befindet. Die der Schwerkraft unterliegenden Elemente, Erde und Wasser, welche die materielle Grundlage für das Leben bilden, gehören zu diesem konvergenten Bereich. Die Elemente, Luft und Äther (aakaasam) sind mehr oder weniger dem divergenten Bereich zugehörig. Die im äußeren Raum bestehende Divergenz, ist die Ursache für die Ausdehnung des Universums. Leben entsteht und besteht in der Mitte, zwischen diesen beiden Extremitäten, indem es in der Erde verwurzelt ist oder seinen Stand besitzt und sich in die Atmosphäre hinein ausdehnt. Agni oder das Element Feuer, ist der Vermittler zwischen beiden, verknüpft sie miteinander und erschafft alles, erhält es und löst es am Ende wieder auf.
Osteoporosis- Part.1.3(Fig. 3)

    Agni nimmt in der Anordnung der Elemente die mittlere Position ein, während sich das Element Luft darüber und Wasser darunter befindet. Das Element Feuer verwandelt das Element Erde oder das Feste in Wasser oder allgemein in eine flüssige Form und lässt es  anschließend zu Luft oder Gas verdampfen. Dieser Prozess ist erhitzend und nimmt einen aufsteigenden Verlauf. Im Regen vollzieht sich der gegenteiligen Prozess. In der indichen Mythologie wird das Element Wasser repräsentiert durch den himmlischen Fluss ganga, der auf das Haupt von Gott shiva herabfällt und von dort zur Erde hinunter fließt. Siva steht für den männlichen Teil des Kosmos und somit für den erhitzenden und aufsteigenden Kräftefluss. Die ganga fällt auf sein Haupt herab, welches die oberste Spitze oder den Nordpol dieses männlichen Prinzips darstellt. Sie hält hier an diesem Punkt inne, legt sozusagen einen Zwischenhalt ein, bevor sie ihren Weg weiter nach unten fortsetzt. Die ganga steht repräsentativ für den kühlenden nach unten fließenden Strom der kosmischen Energie und kompensiert sozusagen den männlichen Teil dieser Energie. Damit sie die Erde erreichen kann, muss sie zunächst den erhitzenden und aufsteigenden Fluss ausgleichen und schließlich überwinden. Lediglich das nach diesem Ausgleich der Hitze siva’s noch verbleibende Wasser kann sich nach außen verströmen und zur Erde herabfließen. Letztendlich können wir davon ausgehen, dass jegliche materielle Existenz nur aufgrund dieses Überwiegens des weiblichen Teils der kosmischen Energie entstehen und bestehen kann.
Wasser in seiner ruhig fließenden Form, wie es sich in Flüssen durch das Flachland bewegt, repräsentiert die Eigenschaften, dravam (flüssig) und saram (sich ausbreitend), die dem pitha eigen sind. Gleichzeitig sind dies aber auch die Eigenschaften, die einen Ausgleich zwischen kapha und vaatha herstellen. Eine Dominanz von vaatha verursacht Turbulenzen in Form von Spritzen, dem Bilden von Tropfen, Schaum oder Wellen, wie z. B. beim Kochen, sowie die Bildung von Dampf. Die Dominanz von kapha dagegen führt zur Verfestigung und Entstehung von Eis. Ebenso wie Wasser in allen drei Formen auf der Erde existieren kann und wie es diese Formen auch durch zyklische Veränderungen in einem Gleichgewicht hält, wodurch das Leben auf der Erde möglich wird, so verhalten sich auch die doshas zueinander. All diese Umwandlungen stehen unter der Führung von agni, welches einerseits alles voneinander trennt und andererseits auch wieder alles miteinander verbindet.

    Ein wichtiges Kriterium, welches den Dingen eine eigenständige Identität verleiht, ist das Vorhandensein eines eigenen Energiestoffwechsels, der sich von dem der äußeren Umgebung abhebt oder unterscheidet, was sich besonders in der Körpertemperatur von Menschen und Tieren bemerkbar macht. Die Entdeckung der „Kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung“ oder „CMB-Strahlung“ beweist, dass auch der Kosmos selbst als Ganzes eine Art Körpertemperatur besitzt, eine Strahlung, die überall in gleicher Weise vorhanden ist. Dieses höhere Energieniveau in Form von Körperwärme, gleicht wiederum den weiblichen, das materielle Wachstum und die Entwicklung bestimmenden Teil aus. Durch den Energiestoffwechsel und die daraus entstehende Dynamik wird die träge Masse des materiellen Teiles ausgeglichen oder überwunden, so wie sich durch das Starten des Motors ein Fahrzeug in Bewegung setzt. In Bezug auf den physischen Körper sind es die Elemente Erde und Wasser, denen die wichtigere Bedeutung zukommt. Gleichzeitig muss aber der physische Körper eines Lebewesens auch die Trägheit und Statik, die ihm durch das Element Erde auferlegt ist, überwinden. Der Hunger und die Körpertemperatur sind ein Ausdruck für agni und dessen erhitzende, aufsteigende Form. Die Nahrung und Flüssigkeit, genauer gesagt das rasam oder die assimilierte Nahrung, stehen für den kühlenden, abwärts gerichteten Kräftestrom, welcher den Hunger und damit den aufsteigenden und erhitzenden Kräftestrom ausgleicht und den Stoffwechsel aktiviert.
 
    Fließendes Wasser ist ein Ausdruck für den kühlenden, abwärts gerichteten Fluss der Energie. Ein bekanntes ayurvedisches Öl zur Behandlung von Osteoporose und Arthrose, welches auch eine rasche Ausheilung von Knochenbrüchen bewirkt, unterliegt einer ganz speziellen Art der Zubereitung. Das Öl wird aus Sesamsamen gepresst, die zuvor in ein Baumwollsäckchen gefüllt und über sieben Nächte hinweg in einen Fluss gelegt wurden. Am Tage wird das Säckchen jeweils herausgeholt und die Samen werden getrocknet. Das Wasser und dessen sanfter Fluss, sowie die Nacht, fügen dem so aufbereiteten Sesam und dem daraus hergestellten Öl eine kühlende und heilende Wirkung hinzu. Bezeichnend ist hier, dass schwarzer Sesam verwendet wird, da neben der Dunkelheit der Nacht auch die dunkle Farbe, das kapha unterstützt. Sesamöl gilt als das beste Öl zur Besänftigung von vaatha. Auch in dem berühmten Stirnguss shirodhara, bei dem ein kontinuierlicher Strahl von Öl oder von kühlenden und beruhigenden Flüssigkeiten, wie Milch, Buttermilch oder Kokosnusswasser für eine halbe bis eine Stunde über die Stirn und den Kopf gegossen werden, finden die oben erwähnten Prinzipien ihre Anwendung.

Da das Bewusstsein im „Nordpol“ des menschlichen Körpers, dem Haupt zentriert ist, findet gerade hier der kühlende, abwärts gerichtete Fluss in Form der Shirodhara-Behandlung, eine Anwendung, wo er seine beruhigende Wirkung entfalten kann. Eine zu einseitige mentale Aktivität und zu eine starke Betonung des intellektuellen Denkens, sowie Stress, Aggressionen, Schlaflosigkeit und eine Überanstrengung der Sinne, rufen eine Dominanz der männlichen Energie und damit von vaatha, hervor. Aus diesem Grund erfüllt die shirodhara-Behandlung gerade in solchen Fällen ihren Sinn. Melodiöse Klänge, langsame Rhythmen, Tänze mit überwiegend horizontalen Bewegungen, Mondschein, die Gesellschaft von angenehmen Menschen, der Aufenthalt in der Nähe von Bächen, Flüssen oder Springbrunnen, das Lesen oder Hören von Dingen, die den Verstand beruhigen, vegetarische Ernährung, aber auch ganz besonders Milch und Milchprodukte, sowie Früchte, gelten als Faktoren, die den kühlenden, nach unten gerichteten Fluss der kosmischen Energie begünstigen, welcher zur Heilung, Stärkung des Immunsystems, zu Gesundheit, Fruchtbarkeit und zum Wachstum beiträgt. All diese Dinge besänftigen die exzessive Aktivität von pitha.

    
    Die gegenteiligen Faktoren bewirken eine Intensivierung und Steigerung von pitha bis auf ein Übermaß. Kochendes Wasser kann als Symbol für ein exzessives pitha gesehen werden. Das langsame und kontinuierliche Fließen des Wassers in einem Fluss, welches überwiegend horizontal erfolgt, verwandelt sich im kochenden Wasser mehr zu einer vertikalen und chaotischen Form der Bewegung und Dynamik. Fließendes Wasser steht für laasyam, den femininen Tanz von shakthi, der universellen Mutter, die alles erschafft und vereint, während das kochende Wasser eher mit dem thaandavam, dem maskulinen und destruktiven Tanz sivas, vergleichbar ist, der Bindungen auflöst und die Teilchen voneinander trennt. Ausbrechender Zorn, Angst, Stress, Neid, Intoleranz, Traurigkeit, Grausamkeit u. s. w. begünstigen diese erhitzende Seite. Diese Eigenschaften fördern allerlei destruktive Tendenzen im Gemüt und Bewusstsein. Sie haben auch eine Schlüsselrolle in degenerativen Erkrankungen, wie der Osteoporose.

Zum 2. Teil

Zum 3. Teil


 © Dr. Sajan Kumar. S

Übersetzung: Christine Hein


Kumarkleincache 1971946302

Kontakt:


Dr. Sajan Kumar Somarajan
Pappelweg 33
63741-Aschaffenburg
E- Mail: vedayurkerala@gmail.com
Web: www.ayurvaidya.de

Yanthra


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