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Die Kunst u. Wissenschaft der Anamnese bzw. der Erfassung der Krankheitsgeschichte

Die Kunst u. Wissenschaft der Anamnese bzw. der Erfassung der Krankheitsgeschichte

30.10.2011 | Zu einer guten und erfolgreichen Behandlung gehören eine ausführliche Erstaufnahme und die Sammlung aller bisheriger gesundheitsbezogenen Ereignisse des Patienten, um die Diagnose so genau wie möglich zu erstellen.

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EINFÜHRUNG: Erwartungen an den Arzt:
Die Praxis der Medizin und der Gesunderhaltung stellt nicht nur eine Wissenschaft sondern auch eine Kunst dar. Man muss vom Patienten viele Informationen erhalten, um zu einer Diagnose zu gelangen und die richtige Vorgehensweise für seinen Zustand festzulegen.
Die Festlegung der Diagnose ist eine Wissenschaft, gleichwohl stellt das Erfassen der Information eine Kunst dar.
Ayurveda hat die Methoden der Informationserfassung, um zu Nidana zu gelangen, erklärt. Ayurveda erläutert 2 Arten von Pariksha (Untersuchungen), nämlich:
Rogi Pariksha (Patientenevaluation) u.
Roga Pariksha (Evaluation der Krankheit).

Rogi Pariksha besteht hauptsächlich aus 3 Typen:
1.Darshana (Beobachtung),
2.Sparshana (Abtastung), u.
3.Prashna (Befragung).

Wir müssen Prakruti (Grundkonstitution), Sara, mentales Verhalten, Agni (Verdauungsfeuer), Koshtha (Darmkapazität) und Bala (Kraft) des Patienten verstehen, bevor man eine Behandlung vorschlägt bzw. beginnt.

Roga Pariksha inkludiert das Sammeln aller wichtigen Informationen bezüglich des Grades der Störung von Dosha, Dooshya, Aama & Srotas des Patienten, d.h. seine Samprapti (Pathophysiologie) müssen eindeutig verstanden werden.

Das exakte Wissen um den Rogi (Erkrankten) und Roga (Krankheit) helfen dem Vaidya (Arzt), die genaue Behandlung des Patienten festzulegen.
Der Vaidya muss besonders bemüht sein, sein Wissen mittels folgender acht Fakten zu erlangen:
1. Nadi (Puls),
2. Mootra (Miktion/Urinieren),
3. Mala (Verdauung),
4.Jivha (Zunge),
5. Shabda (Stimme),
6. Sparsha (Gewebe),
7. Druk (Augen),
8. Akruti (Statur)

Das Verhältnis Patient – Arzt:
Weder Ayurveda noch Homöopathie, noch die Allopathie heilt den Patienten, sondern es ist das Mitgefühl, welches ihn heilt. Takt, Mitgefühl und Verständnis werden von einem Arzt erwartet, schließlich ist der Patient keine bloße Ansammlung von Symptomen, Anzeichen, geschädigten Organen und gestörten Emotionen. Er ist ein Mensch, voll Angst und Hoffnung, auf der Suche nach Erleichterung, Hilfe und Beruhigung.

Das American Board of Internal Medicine (Amerikanische Kammer für Interne Medizin) hat menschliche Eigenschaften als allumfassende Integrität, Respekt und Mitgefühl definiert. Der Wille seine Zeit dem Zuhören aller Aspekte der Erkrankung des Patienten zu widmen, ebenso wie ihn demgemäß anzuleiten und zu betreuen, stellt die Schlüsselfunktion dieser Kunst dar. Der Titel „Doktor“ stammt vom Lateinischen „decere“, d.h. „lehren“.

Die Wissenschaft der Entscheidungsfällung:
Das Fällen der Entscheidung hängt von der Krankengeschichte, der physischen Untersuchung, den Labordaten und anderen Untersuchungsergebnissen ab. Alle diese Informationen müssen mit all unserem Wissen und sämtlichen Erfahrungen abgewogen werden, um zu einem Schluss zu gelangen. Das Erfassen korrekter Informationen, das Herausfiltern der unwesentlichen kommt mit der Praxis.

Die vorherrschende Pflicht des Arztes bei Konsultation durch den Patienten wegen einer Krankheit oder Störung ist die Diagnose; denn ohne richtiger Diagnose kann es keine Behandlung oder Erleichterung des Leidens geben.

Das Wort „Diagnose“ bedeutet wortwörtlich „Verständnis durch Wissen“. Das ayurvedische Wort „Nidana“ hat dieselbe Bedeutung.

Die Diagnose hängt von der Erfassung und Beurteilung der Fakten den Fall betreffend ab und besteht aus zwei Prozessen.
(1)Befragung, Herausfiltern der Krankengeschichte oder Anamnese
(2)Physische Untersuchung

Die faktischen Daten über die Krankheit welche mittels Befragung und Untersuchung erlangt werden sind in zwei Hauptgruppen eingeteilt:
1.Symptome oder subjektive Empfindungen, erfahren vom Patienten, da subjektiv, müssen durch Befragung erfasst werden.
2. Physische Anzeichen oder objektive Manifestationen einer Krankheit, inklusive Veränderungen von Struktur oder Funktion; diese werden während der Patientenuntersuchung festgestellt, und zwar vom Arzt mittels seiner Sinne, ohne Hilfsmittel sowie ohne Rückgriff auf Instrumente, mit Ausnahme des Stethoskops, welches bei der Routine-Erhebung physischer Anzeichen erlaubt ist.

Eine weitere Zusatzinformation gibt es durch spezielle Untersuchungen oder instrumentelle Untersuchungsmethoden, inklusive der Verwendung von speziellen Techniken und Apparaten, um den diagnostischen Eindruck zu bestätigen, welcher aus der Studie von Symptomen und Anzeichen hervorging.

Die einzelnen Schritte bei der Diagnose:
Die Untersuchung eines Falles mit einem Blick auf klinische Diagnose soll systematisch gemäß folgender Richtlinien stattfinden:
1.Die Krankengeschichte, inklusive der Erhebung und Dokumentation der subjektiven Manifestationen der Krankheit, genauso wie jedwede weiteren Informationen bezüglich Familie oder Krankengeschichte, welche einen Einfluss auf den Fall haben könnten.
2.Die physische Untersuchung des Patienten, inklusive Erhebung und Dokumentation der physischen Anzeichen der Krankheit.
3.Auswahl aus der Datenmenge, um Irrelevantes bzw. Unwesentliches herauszufiltern und wichtige Daten für weitere Anwendungen bzw. Therapien, sowie Wechselwirkungen herauszukristallisieren.
4. Eine behutsame Analyse der herausgefilterten Daten, in Hinblick auf Schlussziehung bezüglich Diagnose. Eine korrekte Interpretation der Daten hängt in großem Ausmaß von Wissen, Vernunft und Erfahrung des Beobachters sowie der Genauigkeit und Vollständigkeit der Daten ab. Eine solche Analyse hilft dem Untersuchenden bei weiteren Untersuchungen und spart somit Zeit, Ausgaben und Unannehmlichkeiten des Patienten.  
5.Jedwede speziellen Untersuchungen, welche für die schlussendliche Diagnose der Krankheit notwendig sind, werden durchgeführt. Diese zusätzlichen Hilfen für die Diagnose müssen als Ergänzung angesehen werden und nicht als Ersatz für die zeitaufwändigen Methoden der Befragung und physischen Untersuchung.

Obschon die Untersuchung eines Falles sorgfältig durchgeführt werden muss, bedeutet das nicht, dass sie weitschweifig, unökonomisch oder schmerzhaft für den Patienten sein muss. Im Fall gewisser Symptome wie unerwartetes Fieber oder Gewichtsverlust, muss die Untersuchung intensiv oder umfassend sein.


ANAMNESE-FINDUNG
Die Krankengeschichte ist eine Zusammenstellung oder “Verschriftlichung” der Symptome des Patienten. Bei der Diagnose ist die medizinische Geschichte überaus wichtig, überaus häufig in seiner diagnostischen Wichtigkeit sogar eine genaue physische Untersuchung übertreffend.
Die Fähigkeit, eine gute Krankengeschichte zu erfassen, kommt mit den Jahren an Erfahrung und Wissen; sie kann nicht im Klassenzimmer zur Meisterschaft gebracht werden. Eine gute Anamnese-Findung benötigt Geduld, Verständnis, Takt, Mitgefühl, Wissen, Erfahrung, Vernunft und Sorgfalt auf Seiten des Befragenden. Die Bedeutung einer guten Anamnese-Findung liegt im Folgenden:
1.Häufig benötigt es eine Richtungsfindung oder einen Schlüssel zur Diagnose. D.h. das Herausfinden der verschiedenen Eigenschaften eines Schmerzes kann seine wahre Natur verraten, z.B. bei Angina pectoris, einer Kolik, einer akuten Blinddarmentzündung oder eines Zwölffingerdarm-Geschwürs.
2.Dies schließt gewisse diagnostische Möglichkeiten aus.
3.Es eröffnet weitere Möglichkeiten der Untersuchung.
4.Sie hilft bei der Fokussierung des Beobachtenden.
5.Da Symptome für gewöhnlich den Anzeichen vorausgehen, kann die Anamnese frühere Anzeichen bzw. Beweise für eine Krankheit benötigen, bevor eine klinische Untersuchung in Angriff genommen wird.


Regeln bei der Beobachtung:
‘Hören Sie dem Patienten zu, Hören alleine ist nicht genug’.
Die Anamnese, in Anbetracht ihrer Bedeutung, muss vom Arzt selbst erstellt werden und darf nicht einem Assistenten oder einer Sekretärin überlassen werden. Sie sollte in einer vertrauten Situation, von Angesicht zu Angesicht zwischen Arzt und Patienten festgestellt werden; in Gegenwart anderer kann der Patient wortkarg sein und eventuell wertvolle Informationen zurückhalten.
Der Patient soll dazu angehalten werden, seine Geschichte in seinen Worten zu erzählen, ohne Unterbrechung oder Einflussnahme, außer er schweift vom vorliegenden Thema ab; schwatzhafte bzw. redselige Patienten müssen bisweilen taktvoll an das aktuelle Thema erinnert werden. Bohrende Fragen werden am besten vermieden. Die eigenen Ausdrücke und Beschreibungen von Symptomen des Patienten werden, wann immer möglich, festgehalten, insofern verständlich.
Ein gewisser Grad an Dehnbarkeit dieser Regeln in der Befragung ist nicht nur erlaubt sondern empfohlen. Die Dokumentation der Tatsachen sollte in einer logischen Abfolge vonstatten gehen. Jedes Symptom muss sorgfältig analysiert werden (bezüglich erstem Auftreten, Dauer, Charakter/Eigenschaften, Schwere, Verhalten, usw.), durch genaueste Befragung. Sie kann Informationen von diagnostischem Wert eröffnen. Das Fehlen eines erwarteten Symptoms, wie Schwitzen im Fall eines heftigen Schmerzes in Verbindung mit Herzbeklemmung oder von Erbrechen im Fall einer Nierenkolik können bedeutend oder wesentlich sein und sollten sorgfältig zur Kenntnis genommen werden.
Die Anamnese muss höchst genau, wahrhaftig, vorurteilslos sein. Direktes Befragen, Befragung im Kreuzverhör) oder besondere Befragungen können manchmal notwendig sein, entweder um Symptome zu erfassen, die der Patient absichtlich oder unabsichtlich weggelassen hat, oder um Informationen über die Familiengeschichte oder persönliche Gewohnheiten des Patienten zu erlangen. Eine gute Anamnese muss kurz gefasst und vollständig sein. Es ist ratsam, alle überflüssigen oder unwesentlichen Daten wegzulassen, die weniger wichtigen zu unterdrücken oder zu minimieren, sowie die wesentlichen oder relevanten Daten zu betonen oder auszufeilen.
Eine genaue Beobachtung des Patienten muss beim ersten Kontakt oder Befragung beginnen. Die Persönlichkeit und emotionale Befindlichkeit des Patienten, ob übersensibel, beklommen, verlegen, unabhängig oder gelassen, müssen sorgfältig notiert werden. Selektive oder unterschiedliche Befragung des Patienten ist nur nach jahrelanger Erfahrung in der Anamnese gerechtifertigt.

TIPPS BEI DER ANAMNESE:
Die Fallgeschichte besteht normalerweise aus folgenden Aspekten:
1.Patientendaten wie Name, Alter, Geschlecht, Beruf, Adresse und Familienstand.
2.Natur und Dauer der wichtigsten Beschwerden oder des Hauptsymptoms.
3.Familiengeschichte
4.Krankengeschichte des Patienten, vergangene Krankheiten, Verletzungen, Operationen, etc.
5.persönliche Geschichte, Umgang mit persönlichen Gewohnheiten, Familienstand und Berufsgeschichte
6.Geschichte der gegenwärtigen Erkrankung mit detaillierter Analyse jedes Symptomes.
7.Spezielle Fragen bezüglich Symptomen bezügl. des betroffenen Körpersystems
8.Kurze Zusammenfassung der gesammelten Daten mit den diagnostischen Eindrücken des Untersuchenden.  
Bezüglich der Zusammenstellung der verschiedenen Aspekte in der Geschichte wird eine leicht abgeänderte Reihenfolge empfohlen.  

Es wird empfohlen, die Erkrankung wie ein Spektrum zu betrachten. Auf der einen Seite befinden sich Erkrankungen aufgrund Infektionen oder Ernährungsmängel oder aufgrund von Umweltfaktoren (Natur). Am anderen Ende gibt es Erkrankungen, welche meist genetisch im Ursprung sind (Natur).

EINGANGSDATEN
Name, Alter, Geschlecht, Beruf und Adresse des Patienten werden am Kopf jedes Anamneseblattes eingetragen.

Alter: Das Alter des Patienten kann dazu dienen, gewisse diagnostische Möglichkeiten zu eröffnen sowie andere auszuschließen. Während degenerative neoplastische (krebsartige) und vaskuläre (gefäßbedingte) Erkrankungen im mittleren Alter oder bei alten Menschen häufiger sind, sind infektiöse Fieber und kongenitale (angeborene) Anomalien in der Kindheit häufiger.
Geschlecht: Gewisse Erkrankungen, wie Hirnblutung, ischämische Herzerkrankung, Hämophilie (Bluterkrankheit) und bösartige Tumore bzw. Geschwulste an Zunge und im Magen zeigen eine besondere Affinität für das männliche Geschlecht. Andere, wie Schilddrüsenstörungen und Brustkrebs zeigen eine ähnliche Präferenz für das weibliche Geschlecht.
Beruf des Patienten kann zeitweilig für die Diagnose einen Schlüssel liefern.  
Händigkeit ist ein bedeutender Faktor bei neurologischen Störungen.
Wohnaddresse des Patienten kann den Fokus auf die verschiedenen Umweltfaktoren lenken, welche eine Rolle spielen könnten und weiters nützlich in der folgenden Behandlung sein.

HAUPTSÄCHLICHE BESCHWERDEN:
Der erste Schritt der Anamnese, nach Aufzeichnung der Eingangsdaten, ist es, kurz zusammenzufassen, wie die genaue Natur und Dauer der hauptsächlichen Beschwerden oder auftretenden Symptome aussieht (z.B. Kurzatmigkeit seit zwei Tagen, oder Schmerzen im linken Arm, seit drei Wochen).
Es ist besser, Ausdrücke wie „Kurzatmigkeit“ oder „Schmerzen im Bein“, wie vom Patienten verwendet, zu gebrauchen, als medizinische Termini oder dergleichen, wie Dyspnoe (Atemnot) oder Ischias. Die Auswertung/Ausarbeitung der auftretenden Symptome gehört einem späteren Anamneseschritt an.
Falls es dem Patienten aufgrund Sprachverlust nicht möglich ist, die Hauptbeschwerden zu artikulieren, aufgrund von Koma, da er im Sterben liegt, da es sich um ein Kind handelt oder Sprachschwierigkeiten, müssen die Informationen von einem Freund oder Verwandten des Patienten, oder mittels Beobachtung ermittelt werden.
Die genaue Dauer der Hauptbeschwerden ist von wesentlicher Bedeutung für die Diagnose. Z.B. die klinische Bedeutung von Bauchschmerzen von der Dauer von zwei Stunden ist offensichtlich ganz anders als jene von der Dauer von mehreren Monaten oder Jahren.

GESCHICHTE DER MOMENTANEN ERKRANKUNG:
In diesem Abschnitt wird
1.die Hauptbeschwerde oder gegenwärtiges Symptom der Erkrankung in seiner Gesamtheit studiert, der Patient wird über Beginn, Dauer, Verhalten und Entwicklung befragt. Die detaillierte Analyse des Symptomes zu diesem Zeitpunkt wird dazu dienen, die diagnostischen Möglichkeiten einzuengen.
2.In Zusammenhang stehende Symptome oder begleitende Beschwerden, entweder vom Patienten geäußert oder aus ihm mittels taktvoller Befragung herausgekitzelt, werden hernach analysiert und aufgezeichnet.

Jedes Symptom (z.B. Bauchschmerzen) wird jeweils betrachtet und bezüglich Zeitpunkt des Einsetzens, Art des Auftretens, Lokalisierung, Charakter, Intensität, Dauer, Verhalten, Bezug zu Tageszeit, Mahlzeiten und körperliche Betätigung, verschlimmernde Faktoren, erleichternde Faktoren und Bezug auf assoziierte Symptome studiert.
Die Frage nach früheren Behandlungen sollte ebenfalls gestellt werden.
Während einer geordneten Zusammenstellung anderer Symptome bezüglich des betroffenen Systems (z.B. des gastrointestinalen Traktes), muss die Aufmerksamkeit speziell auf Symptome fokussiert bleiben, welche sich auf das betroffene Systeme beziehen, z.B. Appetit, Geschmack, Atem, Blähungen, Rülpsen, Schluckauf, Dysphagie (Schluckstörung), Übelkeit, Erbrechen, Stuhlgang, Bauchbeschwerden bzw. –schmerzen, etc. Die Beziehung jedes Symptomes zur Hauptbeschwerde wird registriert und festgestellt, z.B. Ist Appetitverlust den Bauchschmerzen vorausgegangen? Ist Verstopfung/Konstipation den Bauchschmerzen vorausgegangen oder darnach aufgetreten?


FAMILIENGESCHICHTE:
Die Familiengeschichte kann wertvolle Daten liefern und hilfreich bei der Erklärung gesundheitlicher Probleme des Patienten sein. Sie liefert Informationen über die Erbausstattung oder die “vererbte Zusammensetzung” des Patienten. Die Familiengeschichte beschäftigt sich mit der Natur, Dauer und Auftreten der Krankheit bei den nahen Verwandten des Patienten, dem Alter der lebenden Familienmitglieder und dem Alter zum Todeseintritt der verstorbenen.
Nach der Blutsverwandtschaft der Eltern muss ebenfalls gefragt werden.
Das Sich-Erkundigen über die Familienerkrankungen sollte sich nur auf nahe Verwandte beziehen (Eltern, Großeltern, Brüder, Schwestern, Tanten, Onkel und Cousins). Die Langlebigkeit oder durchschnittliche Lebensdauer der Mitglieder der Familie des Patienten sollten festgestellt werden, während in manchen Familien Langlebigkeit auftritt, sind bei anderen verfrühte Tode durch Schlaganfälle und Herz-Kreislauf-Zwischenfälle häufig.
Die Situation in der Ehe soll auch in diesem Abschnitt inkludiert werden. Nachfragen sollte man bezüglich Gesundheit des Ehepartners, Kinderanzahl, Schwangerschaften, Fehlgeburten und Abtreibungen.

VERGANGENHEIT
Dies beinhaltet einen Rückblick auf:
1.vergangene Erkrankungen, mit Bezug auf bedeutsame Krankheiten wie rheumatisches Fieber, Syphilis, epileptische Anfälle oder Krämpfe, Hyptertonie (Bluthochdruck) oder ischämische Herzerkrankung.
2.Verletzungen oder Läsionen
3.frühere Operationen
4.Kinderkrankheiten
5.Länder, in welchen man gelebt hat, gewisse Erkrankungen wie Malaria, Wurmbefall, Amöbiasis und Kala-Azar-Krankheit (Schwarzes Fieber) kommen in den Tropen und Subtropen häufig vor.
6.Auf vergangenen Reisen besuchte Länder
7.Nahrungsaufnahme, Anwendung oder parenterale (nicht über den Darm aufgenommene) Verabreichung von giftigen oder potentiell giftigen Medikamenten/Substanzen in der Vergangenheit
8.Sexuelle Ausrichtung
9.Geschichte von Bluttransfusionen


PERSÖNLICHE GESCHICHTE:
Diese ist besonders wesentlich im Falle von nervösen, psychosomatischen und Ernährungsstörungen.
1. Persönliche Gewohnheiten: Schlafdauer, Erholung, Hobbys, Verdauung, körperliche Betätigung, Arbeitszeiten, Menstruation, etc.

2. Suchtverhalten: Tee, Kaffee, Alkohol, Rauchen oder Kauen von Tabak, Sucht nach braunem Zucker, Heroin oder Kokain, regelmäßiger Gebrauch von Schlafmitteln, Reinigungsmitteln, aphrodisierenden Mitteln oder Aufputsch-mitteln. Die genaue Menge und Natur der jeweiligen Substanz muss bestimmt und aufgezeichnet werden (z.B. 20 Zigaretten am Tag oder zwei Stamperl Schnaps jeden Abend). Informationen dieser Art können hilfreich sein bei Fällen von thromboangitis obliterans, Zwölffingerdarmgeschwür, Delirium tremens, Polyneuritis, Lungenkrebs, Herzinfarkt, plötzliche Erblindung, Leberzirrhose, Vitaminmangel, Hämatologie, Korsakow-Syndrom und chronische Rachenentzündung.

3. Berufsgeschichte: Dies ist wichtig aufgrund gewisser Risiken, welche mit bestimmten Berufen assoziiert werden, z.B.:
Neurologischen Erkrankungen aufgrund von Berufen, die Umgang mit giftigen Substanzen bedingen, z.B. periphere Neuropathie aufgrund von Blei oder Acrylamid oder Hexacarbon -Mittel.
Atemstörungen wie Pneumokoniose (Staublunge) bei Personen, welche organischen Stäuben ausgesetzt sind, wie z.B. Kohle oder Kieselerde, und Lungenkrebs bei Arbeitern die mit Asbest zu tun haben; allergische Alveoilitis aufgrund Einatmung oder durch die Luft übertragene Substanzen, z.B. Drescherlunge; berufsbedingtes Asthma als Resultat vom Umgang mit allergischen Stoffen in der Arbeit, z.B. Mehl bei Mühlenarbeitern, Druckern und Menschen die mit Pelzen und Federn arbeiten.
Berufsbedingte Lebererkrankungen. Diese schließen hepatozelluläre Verletzungen von in der Industrie verwendeten Lösungen wie Kohlenstofftetrachlorid, Tetrachlorethen oder Steinkohleteeröl, oder aufgrund von Einwirkung von Trinitrotoluence bei Arbeitern, die mit Munition arbeiten,  ein.
Verstrahlungen in Atomkraftwerken und Forschungszentren zur Atomkraft.

Die folgenden Punkte sollen untersucht werden, wenn es sich um berufsbedingte Gefahren handelt:
das Auftreten von Stäuben, beengte Arbeitsbedingungen, Mangel an sanitären Anlagen, mangelnde Hygiene, Auftreten von Insekten, Gaskontaminationen, abnormale Temperaturen, defekte Belüftungen oder Beleuchtung sowie Arbeitsstunden und Ruhezeiten.


4. Wohngeschichte: Der Wohnort, ob in der Stadt oder ländlich, ob Binnenland, gebirgig oder am Meer, sowie Details zu Belüftung, sanitären Anlagen, Heizung, Abwässersystem, Sauberkeit, Feuchtigkeit, Nahrung, Wasserversorgung sowie Beengung in Wohnverhältnissen sollen nachgefragt werden. Das Auftreten von infektiösen Erkrankungen in der Nachbarschaft sollte gleichfalls nachgefragt werden.

5. Soziale Geschichte: Nach dem sozialen Leben, wirtschaftlicher Situation und Status, Nebenbeschäftigungen, sexuellen Erfahrungen, emotionaler Befindlichkeit und psychischen Konflikten des Patienten soll mit Takt und Verständnis gefragt werden. Die soziale Geschichte ist wesentlich bezüglich des unzweifelhaften Einflusses von emotional schwierigen Situationen auf die Krankheitsursache. Bei sorgfältiger Erfassung wird die persönliche Geschichte die Persönlichkeit des Patienten zeigen und folglich  eine bessere Evaluation der Geschichte garantieren.


SPEZIELLE ODER SYSTEMISCHE BEFRAGUNG:
Abhängig davon, welches System bzw. Systeme des Körpers als betroffen erachtet werden, wird auf Basis der Patientengeschichte, die besondere Befragung des Patienten mit Hinblick auf Herausfiltern der maximalen Informationsmenge über dieses System durchgeführt. Z.B. bei einer Hauptbeschwerde über Bauchschmerzen würde der Verdacht natürlich auf das Ernährungssystem fallen und die spezifische Befragung würde bezüglich Symptomen wie Appetit, Blähungen, Übelkeit, Erbrechen, Aufstoßen, Konstipation/Verstopfung und Durchfall stattfinden.

RESUMÉ UND DIAGNOSTISCHE EINDRÜCKE:
Zum Ende der Geschichte wird eine kurze Zusammenfassung bezüglich der hervorstechenden oder wesentlichen Faktoren des Falles vorbereitet. Die diagnostischen Eindrücke oder vorläufigen Schlussfolgerungen des Untersuchenden werden hinzugefügt. Nach Erlangung einer Routine tendiert man dazu, das betreffende Feld der Untersuchung einzuengen und unnötige Untersuchungen auszuschließen.

 

Dies ist ein Auszug aus unserem Handbuch für unsere StudentInnen "Practical Guidelines for Therapists".
Die Verfasser sind Dr. Ranjit G. Nimbalkar M.D. (Rog Nidan - Pathology) und Dr. Vineeta V. Deshmukh M.D.(Samhita) Ph.D.




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Titelbild: © von gudenkoa  – Fotolia.com migrated to Adobe Stock

 


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