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Einführung in die Ayurveda Philosophie – Teil I: Mann und Frau- 3. Teil

Einführung in die Ayurveda Philosophie – Teil I: Mann und Frau- 3. Teil

26.09.2011 | Fortsetzung 3. Teil von Dr. Sajan Kumar S. (B.A.M.S.).Die lineare Natur des Männlichen veranlasst Männer dazu die Dinge in ihrer Logik zu ergründen und nach wissenschaftlichen Erklärungen oder philosophischen Bedeutungen zu suchen. Für Männer steht die intellektuelle Art des Denkens an höchster Stelle.


Das Verständnis der Frauen erfolgt mehr aus dem Herzen, auf intuitive, künstlerische oder emotionale Weise. Es ist damit weniger geradlinig und direkt wie bei den Männern, sondern mehr nichtlinear und auf indirektem Weg erfolgend. Wenn ein Mann beispielsweise zum Einkaufen geht, so ist in der Regel seine Aufmerksamkeit zielgerichtet auf die Dinge, die auf der Einkaufsliste stehen, wobei er die anderen Angebote weitgehend unbeachtet lässt. Bei der Frau gleicht der Weg durch das Geschäft mehr einer Spirale; nachdem sie alle Angebote angeschaut und nach verschiedenen Kriterien miteinander verglichen hat, entscheidet sie sich zum Kauf. Bei den Vorbereitungen vor Antritt einer Reise ist der Mann mehr auf den Zielort, den Termin und die Reisestrecke konzentriert. Er ist meist in Eile fortzukommen, während die Frau oft noch damit beschäftigt ist, alle Koffer zu packen, Proviant vorzubereiten und die letzten Dinge zu erledigen, um das Haus in einem ordentlichen Zustand zurückzulassen. Während für den Mann das zu erreichende Reiseziel oder ein anderes zu erringendes Ziel im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, fühlt sich die Frau oft recht bald von dem Zuhause zurückgerufen und denkt schon frühzeitig wieder an die Heimreise.

Linearität steht mit freier Bewegung und hoher Geschwindigkeit, die aus der Divergenz resultiert und nicht durch die Schwerkraft beeinträchtigt wird in Verbindung, während die Nichtlinearität aus der Krümmung entsteht, die durch die Schwerkraft aufgezwungen wird, welche ein statisches Phänomen darstellt. Diese Affinität zur Statik macht Frauen mehr häuslich. Daher legt die Frau auch viel Aufmerksamkeit auf ihren eigenen Körper, auf das Haus und den Garten, die wie eine Erweiterung ihres physischen Körpers sind. Für den Mann ist das Auto meist wichtiger, als das Zuhause! Autos und allgemein Fahrzeuge versprechen eine höhere Stufe der Dynamik. Frauen investieren lieber in Land, Haus, Schmuck und allgemein in bleibende Werte. Männer sind im Vergleich dazu mehr interessiert in Handel, in Makler- und Börsengeschäften, Glücksspiel und allgemein in Geschäften, die eine hohe Dynamik aufweisen.
Wenn man diese Gegenüberstellung der beiden Charakteristiken nun mit dem Pfeil vergleicht, der von einem Bogen abgeschossen wird, so würde die scharfe Spitze des Pfeils, welche ganz auf den Zielpunkt fokussiert ist, dem männlichen Charakter entsprechen. Der übrige Teil des Pfeils, insbesondere das Pfeilende, an dem der Pfeil zurückgezogen wird, entspricht hingegen dem weiblichen Charakter. Die beschleunigende, vorwärtsdrängende Auswurfkraft, welche eine Dynamik in einer linearen Bahn erzeugt, ist bezeichnend für den männlichen Aspekt, die Masse dagegen, die Verlangsamung und Krümmung bewirkt, ist charakteristisch für den weiblichen Aspekt. In Analogie hierzu können wir ein junges Paar betrachten, das auf einem Motorrad fährt. Der Mann als Fahrer des Motorrades ist fasziniert von hoher Geschwindigkeit, während das Mädchen hinten auf dem Rücksitz ihn dazu nötigt, langsamer zu fahren. Da die Frau allgemein mehr mit der Erde und mit Statik in Verbindung steht, braucht der Mann sie als Begleiterin, um seine übermäßige Dynamik unter Kontrolle zu halten, die ihn manchmal seine Bodenhaftung verlieren lässt. Um seine zu große Freiheit einzuschränken, die den Mann ruinieren und auszehren kann, mag er sich u. a. dazu veranlasst fühlen, zu heiraten und eine Familie zu gründen. Und so wie das Mädchen auf dem Rücksitz des Motorrades, trotz allem die Spannung der Fahrt genießt, so bedarf der weibliche Charakter ebenfalls der Dynamik von Seiten des Männlichen.

Frauen repräsentieren die kreative, aufbauende Form von Agni, Männer verkörpern dagegen den dekonstruktiven, abbauenden oder zerstörenden Aspekt. Siva ist als der Zerstörer des Universums, der Gott des Todes. Das Pralaya Agni am Ende der Lebensspanne des Universums geht von ihm aus. Es ist dieser, der Maskulinität zugehörige Aspekt, welcher Männer dazu veranlassen kann, aggressiv und gewalttätig zu sein und Alkohol, sowie aufputschende und stimulierende Drogen zu konsumieren. Bestimmte Berufsfelder sind ebenfalls fast ausschließlich Männern vorbehalten, wie z. B. der des Metzgers oder Berufe bei der Armee. Die erhitztende und feurige Aktion Sivas findet ihren Ausgleich in der kühlenden und besänftigenden Aktion Sakthis. Normalerweise bezieht sich das Wort Agni auf den Aspekt der Hitze und des Feuers, der für alle Umwandlungen im Verlauf von unten nach oben, von Bhoomi bis hinauf zu Aakaasam verantwortlich ist. Das Konzept der fünf Elemente kann am Beispiel einer brennenden Kerze verdeutlicht werden. Dabei entspricht das feste Wachs dem Element Bhoomi (Erde), das verflüssigte Wachs steht für Jalam (Wasser), die Flamme für Agni (Feuer) und der aufsteigende Rauch für Vaayu (Luft), der Lichtschein, der den Raum erfüllt, steht schließlich für Aakaasam (Himmel). Diese Reihenfolge beschreibt den Prozess der Desolution oder Auflösung. Die Schöpfung vollzieht sich jedoch in einer umgekehrten Ordnung. Das Sathwam, welches der Dominanz von Thamas unterliegt, die Divergenz, die durch Konvergenz beherrscht wird, die Energie, welche sich zur Materie kondensiert, Wachheit, die in den Schlaf übergeht, Dynamik, die durch Statik begrenzt wird u. s. w., sind unterschiedliche Ausdrucksformen dieses kühlenden, von oben nach unten verlaufenden Flusses. Dieser Fluss von oben nach unten besitzt seinen Ausdruck im Regen und in den Flüssen, wie z. B. dem Ganges oder der Ganga, die laut der Mythologie vom Himmel herab auf die Erde fällt. Die heilige Ganga oder der Kosmische Fluss Ganges, der auf Siva’s Haupt fällt, beschreibt den kühlenden Fluss, der seinen Verlauf von oben nach unten nimmt und die entgegengesetzte erhitzende und von unten nach oben verlaufende Seite ausgleicht. Beide Prozesse zusammen, vervollständigen die zyklische Transformation von Agni.

Gemäß der Mythologie erhitzt sich das Haupt Siva’s kontinuierlich und bedarf daher der ständigen Kühlung. Aus diesem Grunde ist Abhishekam die wichtigste rituelle Handlung und Opfergabe in den Siva-Tempeln in Indien, bei der Wasser, Milch, Ghee oder Kokosnusswasser von oben über das Sivalingam gegossen werden. Wenn durch diese Kühlung die Hitze in diesem Bereich herabgesenkt wird, so wird es für Ganga möglich, diese zu überwinden und auf die Erde herabzufließen, um das gesamte Leben zu bewässern und zu erhalten. Die moderne Wissenschaft weiß mittlerweile auch um die wichtige Bedeutung der Gletscher in den Gebirgen und an den Polen im Zusammenhang mit dem Leben auf der Erde. Grundsätzlich wird durch eine geringfügige Dominanz des kreativen, weiblichen Teils des Kosmischen Flusses, die materielle Welt geschaffen und aufrechterhalten. In Siva-Tempeln wird im Vergleich zu anderen Tempeln, die rituelle Umrundung des Tempels, Pradakshinam, in entgegengesetzter Richtung vollzogen. Mit diesem Rundgang entgegen dem Uhrzeigersinn wird der dekonstruktive, zerstörerische Kreis beschrieben, weshalb die Umrundung nicht bis zum Ende ausgeführt wird. Andere Tempel werden besucht, um für Wohlstand, Gesundheit, Frieden u. s. w. zu beten, die durch die Dominanz der weiblichen Seite des Flusses begünstigt werden, weshalb der Rundgang hier im Uhrzeigersinn erfolgt, bei der ein vollständig geschlossener Kreis entsteht.

Die gleiche Logik besteht auch in Bezug auf die Ernährungsrichtlinien im Ayurveda. Diese schreiben vor, dass der süße und der saure Geschmack in der Ernährung überwiegen sollte. Hierzu zählen allgemein alle aufbauenden und stärkenden Nahrungsmittel. Es wird auch empfohlen, jegliche Art von Aktivitäten nicht bis zur Erschöpfung zu betreiben und kühlenden, besänftigenden Speisen und Getränken den Vorrang zu geben vor den erhitzenden, scharfen, stimulierenden und anregenden. Für die Aufrechterhaltung, Stärkung und das Wachstum des Körpers, sollte der erhitzende Fluss von Agni von unten nach oben unter Kontrolle gebracht und der kühlende Fluss von oben nach unten, gestärkt werden. Materie ist eine potenzielle Energie d. h. eine Energie, die für Aktivität oder Karma zurückgehalten wird. Aus philosophischer Sicht gesehen, ist sie wie der Same der Aktivität oder der Handlung. Aus spiritueller Sicht repräsentiert Materie karmische Schuld, ein Ungleichgewicht oder eine Abweichung vom absoluten Punkt des Gleichgewichts zu der kühlenden Seite. Diese Materie wartet darauf, erlöst zu werden durch die Entwicklung des dynamischen Teils, des Siva-Prinzips. Darin liegt die Bedeutung für die rituelle Verehrung von Siva. Er tägt auch den Namen „Haran“, als „derjenige, welcher die Welt ausgleicht und neutralisiert“.

Im Sanskrit besitzt das Wort aardram verschiedene Bedeutungen, wie z. B.: nass, weich, mitfühlend, liebend, fürsorglich, großzügig u. s. w., die im Gegensatz zu dem Wort „trocken“ stehen. Diese Art von Gefühlen werden als ardra vikaras oder „sanfte Gefühle“ bezeichnet. Sie stehen im Gegensatz zu Gefühlen wie, Hass, Agression, Gier, Feindschaft, Zorn, Neid, Grobheit u. s. w.. Die sanften Gefühle und Einstellungen sind schöpferisch und fördern den nach unten verlaufenden Fluss von Agni. Die „trockenen“ Gefühle wirken auch tatsächlich austrocknend auf die Energiereserven, da sie den nach oben gerichteten Fluss von Agni verstärken. Aus einem erweiterten Blick heraus betrachtet, werden Dörfer, Städte oder Länder, in denen solch negative Gefühle dominieren, von Dürren oder anderen Katastrophen heimgesucht, die zu einer Zerstörung der Gesundheit und des Wohlstandes führen, die Ernten vernichten und dem Boden seine Fruchtbarkeit rauben. Im gesamten gesehen, wird die Welt, in der wir leben, von Bewusstsein geschaffen und aufrecht erhalten. Das kollektive Bewusstsein der Menschheit ist in der Lage, die Welt entweder in ein Paradies zu verwandeln, oder sie zu einer Wüste zu machen. Die Förderung der maskulinen Kräfte, die mit einer Steigerung des Wettkampfs und der Agressivität einhergehen, wird zwar einen schnellen und sichtbaren Erfolg mit sich bringen, wie ein schneller Läufer, der seine Konkurrenten schon kurz nach dem Start hinter sich lässt. Dies führt jedoch auch zu einer schnellen Erschöpfung der Energiereserven, zu einem Ausbrennen der Kräfte, sowie zu einer raschen Ermüdung und schließlich zum Fall. Auf lange Sicht gesehen, sind es die Eigenschaften der Geduld, der Verzeihung, des Mitgefühls und der Liebe, die am Ende zum Sieg führen und dauerhaft bestehen können. Während im Krieg die Maskulinität und das feurige Agni ihren Triumpf feiern, sind es die Frauen und Kinder, welche die Kontinuität des Lebens repräsentieren, die darunter zu leiden haben. Andererseits sind sie aber am Ende auch die Überlebenden und diejenigen, denen die Aufgabe des Wiederaufbaus des Landes zukommt. Somit sind Männer in der Regel diejenigen, die in den Krieg ziehen und die Frauen diejenigen, welche die zurückbleibenden Wunden heilen. Frauen tragen also von Natur aus, mehr diese sanften Gefühle in sich, während sich Männer mehr von den gegensätzlichen Gefühlen leiten lassen. Es ist auch bekannt, dass Wunden bei Frauen schneller ausheilen und dass Frauen eine längere Lebenserwartung im Vergleich zu Männern haben, ebenso dass die Zahl der Witwen in  der Welt höher ist, als die der Witwer.

 

Übersetzt von Christine Hein

 

 

Lesen Sie in Teil 4 z.B. wie Männer und Frauen mit Geld umgehen, weitere andere Unterschiede zwischen Mann und Frau und über die dualistische Sichtweise des Ayurveda.
 

Zum 1.Teil
Lesen Sie auch den 2.Teil
abschliessend der 4. Teil
 

© Dr. Sajan Kumar Somarajan 2011

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Kontakt:

Dr. Sajan Kumar Somarajan
Pappelweg 33
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E- Mail: vedayurkerala@gmail.com
Web: www.ayurvaidya.de

Yanthra


[Übersetzt von Christine Hein]


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