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Ayurveda Vision

18.04.2011 | Ayurveda wird als die ewige Wissenschaft vom Leben bezeichnet, als ein System, das eine immerwährende Gültigkeit besitzt. Unsere Aufgabe ist es, Verknüpfungspunkte von den in der Vergangenheit liegenden Wurzeln des Ayurveda zu der gegenwärtigen Welt und dem modernen Wissen zu finden oder herzustellen (...) Von Dr. Sajan Kumar S.

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Wie eine Lotus-Blume, die ihre Wurzeln in der Dunkelheit und im Schlamm verankert hat, aber mit einer exotischen Blüte von strahlender Schönheit gekrönt ist, mit der sie sich zum Himmel erhebt, so lebt auch die menschliche Seele in einem irdischen Körper mit einem himmelwärts strebenden Bewusstsein. Laut Ashthanga Hrudaya sind alle Lebewesen durch all ihre Aktivitäten immerfort auf der Suche nach Freude. Für uns Menschen gibt es allerdings nichts auf der Erde und in der Natur, was vollkommen wäre. Wie durch eine unbewusste Erinnerung an das verlorene Paradies, arbeiten wir unermüdlich daraufhin, diesen Himmel auf die Erde herabzuholen und können uns dabei mit keiner Errungenschaft ganz zufrieden geben. Unsere gesamte Entwicklung und Zivilisation mit ihrer Wissenschaft und Technologie, können letztendlich als ein Streben in diese Richtung verstanden werden. Dabei werden wir vor die entscheidende Frage gestellt, inwieweit wir den natürlichen Gesetzen der Erde Folge leisten und inwieweit wir davon abweichen sollen. Ayurveda ist ein System, welches dafür bekannt ist, dass es das was gut ist und was nicht, bzw. das was zu Wohlergehen, Freude und einem langen und gesunden Leben führt, von dem was Krankheiten und Kummer hervorruft, unterscheidet. Dabei berücksichtigt Ayurveda sowohl die materiellen, irdischen Bedürfnisse des physischen Körpers, als auch die Bedürfnisse des Bewusstseins, die der himmlischen oder kosmischen Ebene entsprechen und es berücksichtigt als drittes die Bedürfnisse der göttlich-geistigen Ebene von Athma bzw. Brahmam.

Ayurveda besteht dabei aber nicht auf einer vollkommenen Rückkehr zur Natur. Es verlangt ebensowenig die strenge Befolgung seiner eigenen Prinzipien. Ayurveda weist vielmehr darauf hin, dass selbst Gift; sofern es Leben zu retten vermag, als amruth oder Lebenselexier zu gelten hat. Und in Bezug auf pathya oder die Verhaltensregeln in den Bereichen Ernährung und Aktivitäten gilt es, den durch die Krankheit veränderten Bedürfnissen des Patienten Vorrang vor den theoretischen Grundsätzen zu geben. Ayurveda versteht sehr wohl, dass sich die Wahrheit hinter der Realität nicht in Theorien festlegen lässt, sondern dass Theorien die Wahrheit lediglich suchen und erwägen. Vaagbhata, der große Autor des Ashtaanga Hrudaya, weist darauf hin, dass Bücher in der Behandlung von Krankheiten lediglich als Orientierungshilfe dienen sollen und man letztendlich nur das als wahr betrachten soll, was aus der unmittelbaren Erfahrung und eigenen Erkenntnis hervorgeht. Seiner Aussage nach sind Bücher lediglich dazu da, weniger begabte Ärzte davor zu bewahren, größere Fehler zu begehen! Durch die Aussage, dass es nichts auf der Welt gibt, was nicht als Heilmittel dienen könne, wird deutlich, dass die Medizin in ihrer wahren Dimension dasjenige, was wir kennen oder wissen, bei weitem übersteigt. Sowohl Krankheiten, als auch die Wirkungsweise von Medikamenten, verändern sich über die Zeit hinweg. Ebenso verändert sich auch unsere gesamte  Lebensauffassung und unser Lebensstandard und damit auch unser Verständnis von Gesundheit, Medizin, Nahrungsmitteln u. s. w.. Ayurveda ist ein dynamisches System und sollte sich daher den sich ständig verändernden Bedingungen anpassen. Das einzige, was nicht diesem Wandel unterliegt, sind seine Grundprinzipien, die dem Veda-Teil des Ayurveda entsprechen und damit Teil des ewigen Wissens sind, das aus dem inneren Selbst des Menschen entspringt.

Die gegenwärtigen Wissenssysteme vermitteln uns den Eindruck, dass wir Wissen immer etwas ist, was wir im Äußeren suchen und uns durch Bücher, Internet und Lehrer aneignen müssen. Über die Veden und den Ayurveda heißt es jedoch, dass sie ihren Ursprung in dem inneren Selbst des Menschen haben. Die früheren philosophischen und spirituellen Systeme, die das Fundament des Ayurveda bilden, suchten das Wissen im Inneren. Wenn die damaligen Seher ihre Sinne vollkommen nach innen kehrten und sie auf das innerste Selbst fokussierten, so konnten sie die Stimme dieses Selbst oder der Wahrheit vernehmen. (In diesem Zusammenhang werden manche Schriften als Shruthi, „das, was gehört wurde“, bezeichnet.)  Die klassischen Texte führen den Ursprung des Ayurveda auf Brahma, den Schöpfergott, zurück, welcher, wie es heißt, Ayurveda aus seiner Erinnerung hervorrief. Wissen wird weder geschaffen, noch wird es zerstört. Es ist unsterblich und kann durch den Blick nach innen erworben werden. Unterschiede in diesem Wissen ergeben sich lediglich dadurch, wieviel davon erweckt ist und wieviel sich in der Dunkelheit und im Schlaf befindet.

Manche Wissenschaftler glauben, dass die Entstehung des Lebens auf der Erde, die Evolution und die Entwicklung der Menschheit, sich irgendwie durch ein Zusammentreffen von vielen zufälligen Begebenheiten ereignet haben. Ayurveda fasst dagegen die Welt und das Leben nicht als Ergebnis einer zufällig eingetgretenen Ordnung auf, die sich durch viele glückliche Zufälle aus dem Chaos herausgebildet hat. Die Thermodynamik zeigt auf, dass ein isoliertes physisches System, welches sich selbst überlassen ist, einem steigenden Verlust der Ordnung unterliegt. Das gesamte Universum ist selbst solch ein isoliertes System. Die Evolution jedoch zeigt hingegen eine stetige Zunahme der Ordnung. Aus der Sicht des Ayurveda gibt es eine Kraft, die der Unordnung in der Natur entgegen arbeitet, indem sie Ordnung schafft, fördert und erhält. Diese Kraft dominiert zum Zeitpunkt der Manifestation oder Geburt und führt zu Wachstum und Entwicklung, schwächt sich jedoch nach und nach ab, während die Kraft der Desintegration, welche Unordnung bewirkt, proportional zunimmt und in der zweiten Lebenshälfte die Oberhand gewinnt. Die gleiche fördernde Kraft ist es, welche Gesundheit und Wachstum herbeiführt, je mehr man in Verbindung mit der Natur und ihren Rhythmen lebt. Je mehr man sich von der Natur entfernt und sich aus der natürlichen Ordnung löst, desto mehr steigt die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Krankheiten. Das Phänomen Leben, welches die Ordnung in der Natur erschafft und erhält, sollte nicht als etwas unabhängiges, für sich allein stehendes, verstanden werden, das in verschiedene Arten, Rassen und Individualitäten aufgeteilt ist. All diese Vielfalt steht vielmehr ständig mit der Singularität des kosmischen Wesens in Verbindung so wie eine Zelle mit dem gesamten Organismus verbunden ist. Die Trennung von diesem System bedeutet Tod und Desintegration.

Materie kann aus sich selbst heraus keine Ordnung erschaffen. Die Ansicht, dass die menschliche Intelligenz aufgrund der Entwicklung des Gehirns im Laufe der Evolution entstanden ist, ist in etwa so zu verstehen, als wenn ein außerirdisches Wesen, das zum ersten mal die Erde besucht, zu der Schlussfolgerung gelangt: Weil Flugzeuge entstanden sind, können die Menschen fliegen! Das Bewusstsein ist die führende Kraft, welche die Ordnung in der Materie erschafft. Mit anderen Worten, schafft sich das Bewusstsein im Laufe der Evolution einen Selbstausdruck in der Materie. Laut Ayurveda ist alles auf der Erde von einem höheren Bewusstsein gemäß dessen Willen und Vorstellung geschaffen, so wie ein Instrument oder Werkzeug nach der Idee des Erfinders für einen bestimmten Zweck konstruiert und gebaut ist. Das gesamte wahrnehmbare Universum ist der Körper dieses Bewusstseins, das in seinem Makro- und Mikrobereich eine Ordnung erbaut und erhält, die der ständig aufkommenden Unordnung von Seiten der physischen Welt entgegenwirkt. Nichts was sich bisher ereignet hat, kann als Zufall gewertet werden, sondern muss vielmehr als die stetige Entfaltung eines kosmischen Spiels betrachtet werden. Dieser große Ozean des Bewusstseins beschreibt eine Singularität, welche als das kosmische Bewusstsein bezeichnet und durch Brahma repräsentiert wird, der alles Wissen in sich trägt und für immer bewahrt. Zu bestimmten Zeiten fällt dieses Wissen in einen Schlaf und erwacht nach einer gewissen Zeit wieder. Derjenige, der das Leben in all seinen Einzelheiten und seiner letztendlichen Bedeutung kennt, muss auch dessen Schöpfer sein und daher auch der wahre Heiler, so wie die Herstellerfirma eines Autos auch die beste Reparaturwerkstatt ist. Wahrheit ist nur dazu da, um in Erfahrung gebracht und nicht um erfunden zu werden.  Die Bruhadaaranyaka Upanishath sagt:

„Sathwam (Wahrheit) besteht aus drei Silben, „Sa“, „Th“ und „Yam“, von denen die erste und die letzte wahr sind, während die in der Mitte unwahr ist. Diese Unwahrheit in der Mitte ist von beiden Seiten von Wahrheit umgeben und wird somit von der Wahrheit beherrscht. Jemand der dies erkennt, wird nicht durch Unwahrheit umkommen.“ (5; 5; 1)

Wahrheit in ihrer absoluten Form existiert nicht in irgendetwas Manifestiertem. Die absolute Wahrheit besteht in ihrer Ganzheit nur in dem Zustand, vor der Manifestation des Universums und demjenigen nach der Auflösung der manifestierten Welt. Die Erkenntnis dieser Tatsache ist es, die uns dazu veranlasst hat, den riesigen Teilchenbeschleuniger zu bauen, um herauszufinden, in welchem Zustand sich das Universum in seinem Uranfang befand. Die Wissenschaft erhofft sich dadurch zu der allumfassenden Theorie zu gelangen, welche uns gleichzeitig auch Aufschluss über die Zukunft des Universums geben soll. Alles, was zwischen diesen beiden Enden der Zeit existiert, ist in sich selbst unvollkommen. Gewisse Grade des Ungleichgewichts und der Ungenauigkeit, sind charakteristisch für alles im Universum und dies führt dazu, dass jedes Wesen oder Ding in Bezug auf sein Gleichgewicht von anderen Wesen abhängig ist. Diese gegenseitige Abhängigkeit verbindet alles im Universum zu einem großen dynamischen Netzwerk, das sich in einer ständigen Interaktion befindet. Die grundlegenden Prinzipien des Ayurveda beinhalten eine kosmische Vision, welche es zu einem ewigen Wissenssystem machen und ihm die Würde eines Veda verleihen. Um Fragen zu beantworten, wie: Wie ist das Konzept über die Doshas entstanden?; Warum gibt es drei Doshas?; Warum treten die Gunas immer als duale Paare auf?;  muss man sehr tief in die Philosophie eindringen und die wahre Vision des Ayurveda zur Kenntnis nehmen. Man muss dazu übergehen, die Welt mit einem ayurvedischen Auge zu betrachten.

Ayurveda ist kein eigenständiges Wissenssystem, sondern war immer ein integraler Teil der alten indischen Lehren. Niemand studierte in früheren Zeiten nur Ayurveda allein, sondern erwarb sich auch ein Wissen auf den anderen Gebieten, wie denen der Philosophie und Spiritualität, so wie wir heute die verschiedenen naturwissenschaftlichen Fächer als Grundlage für weiterführende Studien erlernen. Unter all den früheren Wissenzweigen wurde der spirituellen Wissenschaft die höchste Bedeutung beigemessen. Sie galt als eine grundlegende Notwendigkeit für alle Menschen. Eine große Problematik in Bezug auf die heutige Ayurveda-Ausbildung liegt darin, dass wir uns Ayurveda auf der Basis eines modernen Grundwissens aneignen. Dieses moderne Wissen rückt damit an die Stelle des alten Wissens. Nach einem kurzen Studium der philosophischen Grundlagen erfolgt dann sogleich der Einstieg in das  Ayurveda-Studium. Auch die Forschungen drehen sich bisher fast ausschließlich um die praktische Nutzbarkeit des Ayurveda, so dass der Erforschung der inneren Zusammenhänge derzeit leider noch viel zu wenig Raum gegeben wird. Ayurveda ist damit gegenwärtig von seinen Wurzeln abgetrennt und dies bringt viele Verständnisschwierigkeiten mit sich.
Jedes Wissenssystem, jede Religion, Kultur und Sprache kann in der heutigen Zeit nur bestehen, wenn sie sich in ihrer Funktion als sinnvoll und notwendig erweist. Alles, was seine Bedeutung verliert, wird von der Natur zurückgenommen. Dies ist eine universelle Tatsache. Ayurveda hat über Jahrtausende hinweg überlebt und gewährt darüberhinaus auch Perspektiven für die Zukunft. Mittlerweile besteht auch eine große Notwendigkeit, Ayurveda im Lichte der gegenwärtigen Wissenszweige zu verstehen. Hier gäbe es eine Menge Stoff für einen gegenseitigen Austausch. Solch ein Dialog ist aber gegenwärtig noch kaum möglich, was auf die andersartige Wissensgrundlage des Ayurveda zurückzuführen ist. Diese Ausgrenzung aus der gegenwärtigen intellektuellen Welt, stellt eine der größten Herausforderungen dar, welcher die ayurvedische Gesellschaft gegenübersteht.
Ayurveda wird als die ewige Wissenschaft vom Leben bezeichnet, als ein System, das eine immerwährende Gültigkeit besitzt. Unsere Aufgabe ist es, Verknüpfungspunkte von den in der Vergangenheit liegenden Wurzeln des Ayurveda zu der gegenwärtigen Welt und dem modernen Wissen zu finden oder herzustellen, die zu dessen Weiterentwicklung in der Zukunft dienen. Die Seminarreihe „Ayurveda-Vision“ ist als ein Schritt in diese Richtung gedacht. „Ayurveda-Vision ist eine Serie von insgesamt 10 Seminaren mit verschiedenen Themeninhalten. Obwohl alle Themen zueinander in Beziehung stehen,  bauen sie nicht aufeinander auf, so dass sie auch einzeln besucht werden können. Für diejenigen, die die Prinzipien des Ayurveda bereits kennen, soll diese Seminarreihe neue Horizonte des Verstehens eröffnen, so dass die Grundprinzipien mit größerer Klarheit und Sicherheit angewendet werden können. Für wissbegierige Neulinge ermöglicht sie einen leichten Einstieg in das Gebiet des Ayurveda.
Mit dem Verstehen dieser grundlegenden Zusammenhänge, öffnen sich Türen zu allen Bereichen des Lebens und Wissens. Die Auseinandersetzung damit kommt einer Reise in Richtung absoluter Wahrheit gleich, in der alle Systeme des Wissens verwurzelt sind und stellt damit letztendlich ein Erwachen zu dem eigenen Selbst dar.

 

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Dr. Sajan Kumar Somarajan
Pappelweg 33
63741-Aschaffenburg

E- Mail: vedayurkerala@gmail.com
Web: www.ayurvaidya.de


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