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Gegendarstellung der EUAA zum Thema Ayurveda Produkte in der EU

Gegendarstellung der EUAA zum Thema Ayurveda Produkte in der EU

21.01.2011 | Die EUAA wird diverser Falschinformationen in Bezug auf die Einführung der EU Richtlinie für Traditionelle Medizin (THMPD) 2004/24/EG bezichtigt und mit einer Petition beim deutschen Bundestag in Verbindung gebracht, welche die EUAA weder lanciert noch unterstützt hat. Lesen Sie dazu die Gegendarstellung von Dr. Mathias Schmidt (Medizinischer Direktor der EUAA), an den Verfasser des AMLA-Newsletters Buko Hartmann:

 

Sehr geehrter Herr Hartmann,

als Verfasser der von Ihnen im Amla-Rundschreiben zitierten Zeilen aus dem Internetauftritt der EUAA möchte ich gern einige Dinge klarstellen.
Die EUAA hat die von Ihnen völlig zu Recht kritisierte Petition weder unterstützt noch lanciert – im Gegenteil haben wir von Anfang an stets gesagt, dass sie auf falschen Grundlagen beruht. Insbesondere distanzieren wir uns deutlich von den von Ihnen genannten Verschwörungstheorien, und bitten Sie dringend, dies im Zusammenhang mit der EUAA klarzustellen. Formulierungen wie „die Profite der Giftmischer“ sind nicht von der EUAA und wurden auch nicht von der EUAA unterstützt.

Sie zitieren uns hier aus einem völlig anderen Zusammenhang heraus: Wir weisen darauf hin, dass nach aktuellem europäischem Recht viele ayurvedische Präparate wenig Chance haben, als Arzneimittel registriert oder gar zugelassen zu werden. Die Gründe dafür nennen auch Sie – insbesondere die Kosten, die sehr hohen qualitativen Hürden, die Restriktionen in der Zusammensetzung der Präparate, und die Einschränkungen in den Indikationen. Ich sehe hier keinen Widerspruch zwischen Ihrer und unserer Position, und insbesondere keinen Grund für diffamierende Äußerungen.

Wo wir die Dinge anders sehen als Sie ist die Frage des Fortbestandes der Nahrungsergänzungsmittel. Als wir unseren Kommentar für die Webseite geschrieben hatten, fiel die Planung für die Verabschiedung der Health Claims noch mit dem Ende der Übergangsperiode für die traditionelle Registrierung zusammen. Das hat sich nun geändert, aber nicht die Perspektiven. Mittlerweile ist klar, dass 95% aller Claims für Botanicals abgelehnt werden, und aufgrund der Datenlage für die ayurvedischen Zubereitungen und den extrem rigiden Anforderungen der EFSA besteht keine Chance, dass Nahrungsergänzungsmittel mit ayurvedischen Zubereitungen einen akzeptierten Health Claim erhalten werden.

Hier aber stoßen wir an den Punkt, an dem Sie uns missverstehen: Sie sprechen davon, dass der rechtliche Status der Pflanzen in Nahrungsergänzungsmitteln sich mit dem 30. April nicht ändert. Das stimmt, und das haben wir nie bezweifelt. Es ist aber ein Unterschied, ob eine Pflanze aufgrund einer rudimentären Positivliste (die nicht einmal juristisch bindend ist) prinzipiell als Bestandteil von Nahrungsergänzungsmitteln anerkannt ist, oder ob Sie diese Mittel mit einer Zweckbestimmung vertreiben. Was wollen Sie denn auf eine Packung mit Amla oder Brahmi in Zukunft schreiben? Diese beiden wären ja sogar noch ohne größere Probleme als traditionelle Präparate zu registrieren (wenn man von den Kosten einmal absieht). Anders sieht es aber für die Mehrzahl der ayurvedischen Kombinationen aus. Ich zitiere hier aus Ihrem eigenen Newsletter:

Shallaki 45: Die Qualitäten des Weihrauchs haben das Interesse der Wissenschaft gefunden. Dieser neue Extrakt enthält 45% standardisierte Boswelliasäure, die wegen ihrer entzündungshemmenden Wirkung erforscht wird und ist damit noch konzentrierter als der Bio Shallaki Extrakt 25.

Entzündungshemmende Effekte sind eine gesundheitsbezogene Aussage, die in Zukunft einen genehmigten Health Claim erfordert, den die EFSA auf der bestehenden Datenbasis nicht erteilen wird. Die Registrierung würde zumindest in Deutschland an der Indikation scheitern, weil nicht OTC-kompatibel. Sie sehen an diesem Beispiel bereits, wie schwierig es in Zukunft in der Praxis werden wird. Eine Vermarktung völlig ohne Claim wird in den meisten Fällen nicht sinnvoll sein, oder aber durch reine Wellness-Aussagen („Wohlgefühl“, siehe Ihre Aussagen zu Amla auf der Webseite) den Stellenwert der Ayurveda verringern.

Spezifisch für Deutschland kommt im Moment der aktuelle Vorstoß dazu, die pflanzlichen Bestandteile der Nahrungsergänzungsmittel den Zusatzstoffen gleichzustellen. Dies würde konkret ein Zulassungsverfahren bedeuten, und damit eine weitere kostspielige Hürde für Nahrungsergänzungsmittel, die auch dann greifen würde, wenn Sie gar keinen Health Claim verwenden.

Grundsätzlich sind in Ihrem Newsletter auch noch einige Details klarzustellen. Die THMPD war, zumindest hinsichtlich der Situation in Deutschland, nicht auf die Husten- oder Blasen-Nieren-Tees abgezielt. Wenn diese Zubereitungen bereits zuvor unter Arzneimittelrecht standen, ändert sich prinzipiell nichts (außer der in vielen Fällen schwierigen Umstellung der traditionellen Zulassung nach §109a auf §39a AMG). Betroffen sind diese Präparate nur dann, wenn sie Nahrungsmittel mit einer klaren medizinischen Indikation waren. In diesem Fall gelten selbstverständlich die Health Claim-Direktive oder aber die Regeln der Arzneimittelzulassung/ -registrierung. Sie sagen dazu vollkommen richtig, dass die ayurvedischen Präparate auf absehbare Zeit noch mit dem Status eines Nahrungsmittels werden auskommen müssen. Die EUAA warnt hier lediglich vor zu großem Optimismus: wir sehen, dass die Vermarktung als Lebensmittel an seine juristischen Grenzen stoßen wird, und sei es „nur“ über die Anfechtung der Health Claims oder das Lebensmittelzusatzstoffrecht.

Die Situation in England ist mit der in Deutschland nicht zu vergleichen: im Gegensatz zu Deutschland wurde dort eine große Zahl von Präparaten tatsächlich registriert, und dies in Indikationen, die bei uns nicht registrierfähig wären. Als Fachleute für Zulassungsfragen warnen wir nicht vor englischen Verhältnissen, sondern wir begrüßen sie im Gegenteil als besonders aufgeschlossen!

Aufgrund unserer persönlichen Erfahrungen sind wir davon überzeugt, dass für eine nicht geringe Zahl ayurvedischer Produkte eine Registrierung möglich wäre – die EUAA hat sich für diesen Weg bereits seit Jahren stark gemacht, ohne dass auch nur ein Hersteller die Chance genutzt hätte. Für die Frage der Kosten gibt es Lösungen, dies sollte nicht das Hindernis sein. Sie verweisen in Ihrem Newsletter darauf, dass mit der Registrierung die ausgelobte Indikation nicht dem entspricht, was die Ärzte und Heilpraktiker ihren Patienten mitteilen. Wir sind der Meinung, dass die Sicherstellung der Verfügbarkeit der Präparate zunächst einen höheren Stellenwert haben sollte als die mehr akademische Frage der Auslobung im Detail. Ein Beispiel aus der westlichen Praxis ist die Differenzierung von ansonsten identisch zusammengesetzten Johanniskrautpräparaten in Mittel zur Förderung des Wohlbefindens und Mittel gegen leichte bis mittelschwere Depressionen. Dies sind letztlich zulassungsformale Details ohne wirklichen Einfluss auf die Therapie.

Schließlich heben Sie auch auf das ominöse Datum 30.4.2011 im Zusammenhang mit der Registrierung ab. Die EUAA hat nie behauptet, dass eine Registrierung nur bis zu diesem Zeitpunkt möglich sein würde. Dies wäre völliger Blödsinn, denn im Gesetz steht nirgendwo definiert, dass eine Registrierung nicht auch nach diesem Datum eingereicht werden kann. Die Tür zur Registrierung ist nicht zu. Das Kaninchen vor der Schlange sind also die Leute, die nach wie vor behaupten, für eine Registrierung sei es zu spät.

Was die nach aktuellem Recht nicht registrierungsfähigen Präparate angeht, so arbeitet die EUAA intensiv für eine Anpassung der Rechtsgrundlagen an die Realitäten. Es wäre schön, in dieser Arbeit Unterstützung anstelle von unbegründeten Anfeindungen zu erfahren. Wie der Wahlspruch der EUAA „One voice for Europe“ sagt, sollte auf politischer Ebene mit einer Stimme gesprochen werden. Für Input sind wir jederzeit dankbar – Stimmungsmache gegen die Politik der EUAA wie in Ihrem Newsletter (noch dazu mit aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten) sind aber wenig hilfreich und schaden letztlich der gemeinsamen Sache.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Mathias Schmidt
(Medical Director EUAA)

Bell, 15. Dezember 2010

 


European Ayurveda Association (EUAA) e.V.
In den Forstwiesen 27
D-56745 Bell
Tel: 0049(0)26525 27756
Fax: 0049(0)26525
www.euroayurveda.com

Hier geht's zum oben genannten Artikel von Buko Hartmann
 


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