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Werden ab 1. April 2011 Ayurveda Produkte in der EU verboten?

29.12.2010 | Von Buko HartmannSchon seit einigen Jahren kursieren im Ayurveda-Bereich die Meldungen, dassim Zuge der Einführung der EU Richtlinie für Traditionelle Medizin (THMPT)2004/24/EG Produkte, die bisher als Lebensmittel oderNahrungsergänzungsmittel im Verkehr waren, verboten werden sollen. Dies istnicht der Fall - lesen Sie mehr dazu.


So heißt es in einer Pressemitteilung der Alliance for Natural Health Intl, die von der EUAA (European Ayurveda Association) verbreitet wurde:

„Im April 2011, wenn die siebenjährige Übergangsfrist nach der EU Richtlinie zur Verwendung traditioneller und pflanzlicher Medizinischer Produkte THMPD  (Traditional Herbal Medicinal Products Directive =THMPD) ausläuft, werden Tausende von Produkte, die über spezialisierte Anbieter vertrieben werden, zunehmend schwieriger zu verkaufen sein. Arzneimittel-Regulierer scheinen in vielen Mitgliedsstaaten die volle Implementierung der THMPD dazu zu benutzen, das Spektrum der Nahrungsergänzungsmittel einzugrenzen, als die die meisten Produkte bis dato verkauft wurden.“ Und weiter heißt es auf der Homepage des EUAA: „Marketing of Ayurvedic products as food supplements will possibly come to an end with the full implementation of the Health Claim Directive and the THMPD”. Auch von der IAF (International Ayurveda Foundation) wurden entsprechende Warnungen herausgegeben. So wurde also in Veröffentlichungen, Mailings und Veranstaltungen innerhalb der Ayurveda-Community schon das Ende des Ayurveda in Europa eingeläutet.

Vor einigen Monaten ist dann die Situation eskaliert. Überwiegend durch das Internet wurden jetzt auch von naturheilkundlich orientierten Verbänden und deren Sympathisanten massenhaft Emails  verschickt, die dringend zur Unterzeichnung einer Petition beim deutschen Bundestag aufriefen. Jetzt kam noch eine Verschwörungstheorie dazu: Die Pharmalobby hätte zugeschlagen, Heilkräuter sollten verboten werden. So heißt es in einem dieser Rundmails: „Fast alle chinesischen und ayurvedischen Heilpflanzen und ein guter Teil der europäischen Heilpflanzen sollen mit dieser EU-Novelle verboten und aus dem Handel genommen werden. Die Gründe liegen auf der Hand: Die Pharmaindustrie hätte die Naturheilkunde "Schachmatt" gesetzt und könnte diesen wachsenden Markt für sich übernehmen. Jetzt sind wir alle gefragt und können noch Einfluss nehmen, damit unsere Gesundheit nicht komplett in den Händen der Pharmaindustrie landet. Es ist unglaublich, wie unsere Grundrechte auf die Freiheit der Erhaltung der Gesundheit und die freie Behandlungswahl zur Gesundung und Heilung beschnitten werden sollen und uns der Zugang zu den Schätzen der Natur unseres Planeten untersagt werden soll - zum Wohle der Profite der Giftmischer!!“

Bis Fristablauf haben 122.000 Menschen diese Petition unterzeichnet; eine vergleichsweise sehr hohe Anzahl – ein toller Erfolg. Nur leider läuft die Aktion ins Leere. Die Behauptungen bezüglich der THMPD haben keine Basis, sind einfach unwahr. Es ist hier eine Petition auf den Weg gebracht worden gegen etwas, das gar nicht geplant war.

Was ist hier passiert?
Die THMPD ist eine EU Direktive, mittels derer Produkte, die bisher als traditionelle Heilmittel in verschiedenen Ländern speziell auch Deutschland nach nationalem Recht im Verkehr waren, jetzt auf ein einheitliches EU-Recht angepasst werden sollten. Damit sollte verhindert werden, dass verschiedene pflanzliche nichtverschreibungspflichtige Fertigprodukte, also Produkte für leichte Erkrankungen wie Erkältungen auch weiterhin vertrieben werden können. Es handelt sich also um Husten- oder Blasen-Nierentees oder um Salbeidrops und ähnliches. Die Direktive wurde 2004 eingeführt, die Anmeldefrist für diese bereits im Verkehr befindlichen Heilmittel war 2008. Bis zum 1.4.2011 ist es zusätzlich möglich, neue Produkte, die bisher noch nicht unter einem nationalen Recht zugelassen waren, nach EU-Recht anzumelden. Diese Anmeldung ist nun mit derartig hohen Auflagen verbunden, dass es für Ayurveda-Produkte kaum möglich sein wird, den Status eines traditionellen Arzneimittels zu erlangen. Dies ist sicherlich bedauerlich, läutet aber auch nicht das Ende der Ayurveda- Produkte ein.

Bisher ist kein einziges Ayurveda Produkt in der EU als Arzneimittel zugelassen und das wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch über einen längeren Zeitraum so bleiben, weil die Kosten dafür zu hoch sind. Die Produkte werden als Nahrungsergänzungsmittel oder Lebensmittel vertrieben. Um das hier klarzustellen: Auch eine einfachere Zulassungsmöglichkeit als traditionelles Heilmittel hätte den ayurvedisch orientierten Ärzten oder Heilpraktikern keine zugelassenen Arzneimittel verschafft, mit denen sie in ihrer Praxis Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, Arthritis oder Krebs hätten behandeln können. Solche Produkte müssen das normale Zulassungsverfahren für Arzneimittel durchlaufen Es ist z. Zt. nicht realistisch, dass ein Hersteller die finanziellen Mittel aufbringen kann, die ein solches aufwendiges Verfahren erfordert. Der Ayurveda wird also wohl auch in Zukunft mit Nahrungsergänzungsmitteln und Lebensmitteln auskommen müssen. Von meinem Standpunkt her ist es am wichtigsten, dass die ayurvedischen Kräuter überhaupt als zum Verzehr geeignete Produkte auf dem EU-Markt legal verfügbar sind.

Wie konnte es zu solchen gravierenden Missverständnissen um die THMPD kommen? Welche Motive haben die EUAA (European Ayurveda Association) dazu getrieben, solche Falschinformationen zu verbreiten? Darüber kann letztlich nur spekuliert werden. Immerhin nimmt diese Gruppierung für sich in Anspruch, mit einer Stimme für Europa zu sprechen (One voice for Europe), was der Pluralität der Ayurveda-Community in keinster Weise entspricht. Einer der größten deutschen Produzenten für Naturheilmittel, Salus, bezeichnet die Petitionsaktion in einem Artikel der TAZ vom 11.11.10 sogar als "groben Unfug".

Wer allerdings weiter nach Ursachen forscht, wird in England fündig. Hier ist die Situation grundsätzlich anders. In der Vergangenheit wurde die Verwendung von Kräutern in England sehr liberal gehandhabt. Hier war es möglich, ohne jede Kontrolle oder Zulassung professionell als Kräuterheiler tätig zu sein und auch ohne Zulassung Kräuter zur Behandlung von Krankheiten zu verwenden. Mit der neuen THMPD ändert sich die Situation in England dramatisch. Jetzt verlangt die Regierung für diese Kräuter eine Zulassung durch die THMPD mit der Begründung, dass diese Produkte ja bereits als traditionelle Arzneimittel eingesetzt worden sind. Es scheint, dass diese englischen Gefahrenrufe von der EUAA unkritisch nach Deutschland und Österreich importiert wurden, um Aufmerksamkeit zu erregen.

Die Situation in Deutschland ist aber in ganz anderer Hinsicht brisant. Denn während die Ayurveda-Community durch falschen Alarm wie ein hypnotisiertes Kaninchen vor der THMPD -Schlange gesessen hat – und dabei eine Kobra mit einer Blindschleiche verwechselt hat – bahnen sich weitgehend unbemerkt von einer anderen Richtung erhebliche Gefahren für die Verkehrsfähigkeit von ayurvedischen Kräutern an.
Hintergrund ist die Tatsache, dass die EU den Nahrungsergänzungsmarkt zwar einheitlich für alle EU-Staaten regulieren will und für Vitamine und Mineralien bereits Verordnungen erlassen hat, die Kräuter aber davon ausnimmt und der einzelstattlichen Gesetzgebung überlässt. Einzelne Staaten wie z.B. Italien und Belgien haben bereits Positivlisten aufgestellt. Das bedeutet, Produkte, die auf den Listen nicht erscheinen, sind nicht zugelassen. Es scheint so, als wollte die deutsche Regierung eine ähnliche Gesetzgebung anstreben. Weitgehen unbemerkt geblieben ist, dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) im Frühsommer eine Stoffliste mit ca. 600 Pflanzen erstellt hat. Bis zum 30.09.2010 war eine Frist gesetzt um die Inhalte der Liste kommentieren zu können. Diese Liste beinhaltet zwar überwiegend europäischen Pflanzen aber auch eine Reihe wichtiger ayurvedischer Kräuter darunter Brahmi / Gotu Kola, Atmagupta (Mucuna pruriens), Shallaki/ Weihrauch (Boswelia serrata), Amla (Eblica officinalis) und weitere. Die hier gemachten Angaben waren teilweise unvollständig und unrichtig und hätten dazu geführt, dass diese Produkte aus dem Verkehr gekommen wären.
In dieser Liste werden die Pflanzen auf ihre Verkehrsfähigkeit hin analysiert und dabei insbesondere in Hinblick auf Novel Food, Lebensmittel, Arzneimittel, toxikologische Wirkungen etc. bewertet. Diese Liste wird ständig erweitert und zukünftig für Lebensmittelämter, Landesuntersuchungsämter etc. in Deutschland die Basis für die Beurteilung der Verkehrsfähigkeit sein. Es bestand dringender Handlungsbedarf, die Beurteilung ayurvedischen Kräuter sachkundig zu kommentieren.

Ausgelöst durch diese akute Situation und durch die oben beschriebene Irritation um die THMPD haben sich 4 bedeutende Hersteller/ Importeure für ayurvedische Produkte in Europa zu einem Herstellerverband zusammengefunden, der APTA (Ayurveda Producers` and Traders’ Association Europe e.V.). Gründerfirmen sind Om Vital Vertriebs GmbH (Aashwamedh), Maharishi Ayurveda Products Europe BV, Holisan BV, Amla Natur GmbH. 1.Vorsitzende ist: Gayatri Puranik, Om Vital, Geschäftsführer. Prof. Martin Mittwede, Sitz: Hamburg. Dieser Verband, der auch durch die direkte Initiative von AMLA Natur zustande gekommen ist, hat unmittelbar Maßnahmen ergriffen, um auf die Stoffliste des BVL einzuwirken und die Verkehrsfähigkeit der Produkte zu bewahren. So wurden durch ein externes Institut Dossiers und wissenschaftliche Stellungnahmen sowie Gutachten erstellt und beim BVL eingereicht. Auch in Zukunft wird der Verband – mehr aus der Stille wirkend – konkret für die Verkehrsfähigkeit der Ayurveda-Produkte in Europa streiten.

Bitte beachten Sie folgende Links:
1. Naturheilmittel – Stern .de  
http://www.stern.de/gesundheit/naturheilmittel-keine-gefahr-fuer-lavendel-salbei-und-kamille-1623420.html
2. http://www.taz.de/1/zukunft/konsum/artikel/1/dubiose-aktion-fuer-heilkraeuter/
3. Auswirkungen der Richtlinie zu traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln (THMPD) auf die Verkehrsfähigkeit von Erzeugnissen mit Pflanzen oder Pflanzenstoffen (insbesondere Lebensmittel und Kosmetika)
Von Rechtsanwalt Harald Dittmar, Geschäftsführer BDIH
3. Presseerklärung APTA

Buko Hartmann
Geschäftsführender Gesellschafter
Amla Natur Vertriebs GmbH
hartmann@amla.com

Hier die Stellungnahme der EUAA zu oben genannten Anschuldigungen
 


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