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Allergien aus ayurvedischer Sicht

13.08.2003 | von Hartmut Föller Im Ayurveda steht die umfassende Betrachtungsweise der Drei-Dosha-Lehre im Mittelpunkt. So sind z.B. Krankheiten das Resultat einer permanenten Zunahme der Doshas. Bei Allergien spielt das Kapha-Dosha die zentrale Rolle, da es die Funktionsweise der Abwehrkräfte steuert. Um Krankheiten vorzubeugen, empfiehlt der Ayurveda umfassende Maßnahmen, die das Ansammeln der Doshas und damit die Entstehung von Krankheiten vermeiden helfen.

Mehr als 25% der Bevölkerung in den Industriestaaten zeigen mehr oder weniger starke Allergie-Symptome. Liegt dies an der Vielzahl an Umweltgiften, denen wir vermehrt ausgesetzt sind oder an unseren »modernen« Lebens- und Essgewohnheiten? Normalerweise besitzt der Körper einen effektiven Verteidigungsmechanismus, wenn Fremdsubstanzen eindringen. Dieser Verteidigungsmechanismus ist bei einigen Menschen fehlgesteuert – aber warum? Bei den meisten Menschen richten Pollen, Milben, Hausstaub oder bestimmte Lebensmittel keinen Schaden an.
Behandlungen mit Mastzellblockern, Antihistaminika, Cortison oder die zeitintensive Hyposensibilisierung haben ihre Nebenwirkungen. Auch das konsequente Meiden der Allergene beseitigt nicht die Ursache.
Die Stärke unseres westlichen Medizinsystems liegt in der symptomatischen Behandlung von Krankheiten. Ursachenbekämpfung können wir von traditionellen Naturheilverfahren wie dem Ayurveda lernen. Dessen jahrtausendealte Erfahrungen sollten wir nutzen, um falsche Lebens- und Essgewohnheiten zu korrigieren.

Der Ayurveda gibt uns detaillierte Antwort auf Entstehung von Allergien und deren Behandlungsmöglichkeiten: Aufgrund eines schwachen Agnis (Verdauungskraft) sammelt sich im Körper Ama (Stoffwechselschlacken) an. Ama blockiert die Funktionen des Immunsystems, verbindet sich mit Allergenen und verursacht dadurch allergische Reaktionen. Der Ayurveda empfiehlt, die körpereigenen Reinigungskräfte und ganz besonders die Stoffwechsel- und Verdauungsfunktionen (Agni) zu stärken. Dies erfordert viel Disziplin und Ausdauer – allerdings nicht so viel wie die Hyposensibilisierung.

Ursachen
Eine bei uns im Westen gerne beschriebene Ursache ist die »Hygiene-Hypothese« – d.h. übertriebene Sauberkeit. Während der Entwicklungsphase des Immunsystems müssen wir mit so viel wie möglich natürlichen Allergenen in Kontakt kommen. Haben wir nicht gelernt, zwischen eigenen und fremden Substanzen zu unterscheiden und ist das Immunsystem aufgrund von mangelndem Training schwach, können sich Allergien entwickeln.
Eine Rolle spielen sicher auch die vielen chemischen und naturfremden Zusatzstoffe in Lebensmitteln oder auch Pestizide, Herbizide und künstliche Düngemittel, die wir mit der Nahrung aufnehmen. Nicht zuletzt ist die Kleidung, mit der unsere Haut in Kontakt kommt, mit einem Chemie-Cocktail behandelt. – Sicher hat diese Betrachtungsweise ihren Wahrheitsgehalt.

»Sarvepi roga mandagni« – Ein schwaches Agni verursacht alle Krankheiten, schrieb Charak, einer der »Urväter« des Ayurveda in seinem Lehrbuch. Agni hat die Funktion, die Nahrung im Körper zu verstoffwechseln. Bei schwachem Agni geschieht dies nur unvollständig, die Folge sind Stoffwechselschlacken (Ama). In die Kategorie Ama muss man auch die chemischen Fremdsubstanzen (Lebensmittelzusatzstoffe, Pestizide, Chemikalien etc.) zählen, die zwar selbst zu klein sind, um allergen zu wirken, die aber nicht verstoffwechselt werden können und deshalb im Körper abgelagert werden. Sie belasten den Stoffwechsel, verstopfen die Shrotas (Körperkanäle) und können in der Regel nicht ausgeschieden werden, da sie nicht wasserlöslich sind.
Der Darm ist das größte Immunorgan – etwa 80% aller immunkompetenten Zellen befinden sich in der intestinalen Mukosa, und 25% der Darmschleimhaut bestehen aus immunologisch aktiven Zellen – bestätigt auch die moderne Medizin den Zusammenhang zwischen Verdauung und Allergien.

Pathogenese aus Sicht des Ayurveda
Bei Allergien spielt das Kapha-Dosha die zentrale Rolle. Kapha setzt sich aus den Elementen Wasser und Erde zusammen, es reguliert den Wasserhaushalt und ist für Schleimbildung zuständig. Außerdem gibt Kapha Stabilität, Festigkeit und biologische Stärke und steuert damit auch das Immunsystem. Tritt ein Kapha-Ungleichgewicht auf, zeigt sich dies in vermehrter Schleimbildung und einer Störung der Funktionen des Immunsystems. Am Anfang gibt dies in der Regel erst einmal eine Erkältung, bei längerem Ungleichgewicht können jedoch Bronchitis, Asthma oder Allergien auftreten.
Störungen im Kapha-Bereich finden wir besonders häufig während der Kapha-Jahreszeit (Frühjahr). Die Anzahl der Allergene in der Luft nimmt zu, gleichzeitig verflüssigt sich aufgrund der zunehmenden Wärme das im Winter angesammelte Ama (Stoffwechselschlacken). Ama verstopft die feinen Körperkanäle (Shrotas, dazu gehört das endoplasmatische Retikulum, die Lymphkanäle und die Zellzwischenräume), wodurch die Zellen nicht ausreichend mit notwendigen Nährstoffen versorgt werden können. Außerdem behindert Ama einen gut funktionierenden Stoffwechsel, der sowohl für die humorale als auch zelluläre Immunantwort notwendig ist.
Zusätzlich wirkt Shleshaka-Kapha, das speziell für den Feuchtigkeitshaushalt in den oberen Schleimhäuten zuständige Sub-Dosha, auf das sich verflüssigende Ama und erzeugt Shleshma, ein klebriges Toxin, das den gesamten Atmungstrakt zu einer Brutstätte für Bakterien macht. Deshalb führen Allergien oft zu bakteriellen Sekundärinfektionen. Auf die Verbindung von Ama mit Allergenen wurde bereits oben hingewiesen – Ama in der Haut gibt Hautirritationen, Ama in der Lunge asthmatische Bronchitis, Ama in den Schleimhäuten der oberen Atemwege Heuschnupfen und Ama im Verdauungstrakt Lebensmittelallergien.

Ursachen für ein Kapha-Ungleichgewicht
Wichtigste Ursache ist ein geschwächtes Agni. Wir essen zuviel, zu oft und falsche Nahrungsmittel. Essen wir zu spät abends, kann das Essen nicht vollständig verdaut werden, Un- oder Halbverdautes bleibt im Gastrointestinaltrakt liegen und fängt an zu gären. Essen wir wieder, bevor die vorhergehende Mahlzeit vollständig verdaut ist, wird Agni geschwächt, Kapha erhöht, und es entsteht Ama. Essen im Stehen stört ebenfalls Kapha und erzeugt Ama. Fette, schwere und kalte Nahrungsmittel und die Geschmacksrichtungen süß, sauer und salzig erhöhen Kapha. Zuviel Schlaf, besonders tagsüber, erhöht Kapha; zu wenig körperliche und geistige Aktivität ebenfalls. Ein Zuviel an Kapha erkennt man in der Regel an erhöhtem Körpergewicht.
Allergien sind nur ein Ergebnis von Fehlernährung. Rechnet man andere »Zivilisationskrankheiten« wie Herz-, Kreislauferkrankungen, Diabetes, Rheuma, Arthrosen und Gicht dazu, werden die Kostenexplosion im Gesundheitswesen und der Krankenstand in der Bevölkerung sicherlich ihren Höhepunkt noch nicht erreicht haben.

Vorbeugende Maßnahmen
Da die Ansammlung von Ama und Kapha und ein schwaches Agni die Ursachen von Allergien sind, muss diesen Faktoren entgegengewirkt werden. Die Stärkung von Agni ist automatisch Kapha-reduzierend und Ama-abbauend. Folgende Empfehlungen findet man in der ayurvedischen Literatur: Morgens und abends nur wenig essen. Als Frühstück reicht ein kleines Glas warme Milch mit etwas Honig, dazu ein paar Rosinen mit Mandeln. Man kann auch Kapha-Tee mit etwas Zitrone und Honig trinken und ein kleines Stück Toastbrot essen.
Mittags sollte die Hauptmahlzeit sein und zwar warm und gut gewürzt – Ingwer, Pfeffer, Kreuzkümmel, Gelbwurz, Koriander sollten großzügig eingesetzt werden. Jetzt dürfen Sie sich ruhig satt essen, aber nicht überessen! Essen Sie nur wenig Saures, Rohkost, Fleisch, Fisch, Käse Sauermilchprodukte, Süßigkeiten, Eier, Bananen, Datteln, Feigen, Nüsse. Vor allem Fettes und Frittiertes ganz weg lassen; dagegen viel Gemüse und vor allem viel Obst; Basmatireis und Dal (Bohnen und Linsen) können normal gegessen werde. Tagsüber viel trinken, vor allem heiße Getränke wie Ingwerwasser oder Kapha-Tee. Zwischenmahlzeiten ganz weglassen, wenn Sie hungrig sind, können Sie etwas Obstsaft trinken.
Abends sind warme Suppen gut (mit Gemüse, Reis, Nudeln, Couscous, Grünkern oder Gries; vor allem wieder gut würzen) und alles, was mittags unter »wenig essen« erwähnt wird, abends ganz weglassen.
Bei dieser leicht unterkalorischen Ernährung muss man auf genügende Zufuhr von Nährstoffen achten – also viel frisches Obst und Gemüse. Einmal pro Woche sollte man das Abendessen weglassen und im Frühjahr für vier bis sechs Wochen einen ganzen Fastentag einlegen. Körperliche Bewegung nicht vergessen, je nach Alter Sport oder spazieren gehen.
Achten Sie auch auf eine Tagesroutine, regelmäßigen Stuhlgang, und vermeiden Sie Stress.
Psychisches Wohlbefinden ist wichtig – schöne Musik, Aromaöle, mit Freunden zusammensein, Spaziergänge in der Natur.
Zur Morgenhygiene gehört im Ayurveda das Reinigen der Zunge. Der über Nacht gebildete Zungenbelag, der aus Ama und Bakterien besteht, sollte nicht mit dem Frühstück in den Magen gelangen.
Massage mit warmem Sesamöl ist eine beliebte ayurvedische Maßnahme, sie regt den Kreislauf an, erhöht die Durchblutung des Bindegewebes, verbessert die Lymphdrainage und das Wohlbefinden. Zur Ausleitung von Kapha aus dem Kopfbereich gibt man etwas Nasenreflexöl in beide Nasenlöcher.

Behandlung
Bei der Behandlung von Allergien müssen parallel mehrere Strategien verfolgt werden. Präparate zur Immunomodulation gehören ebenso dazu wie die Behandlung der Symptome mittels entzündungshemmender Kräuter oder hautpflegender Öle. Aufbauende Maßnahmen mit speziellen Stärkungsmitteln (Rasayanas) werden zusätzlich empfohlen.
Guduchi (Tinospora cordifolia) ist eine wirksame Pflanze zur Stärkung des Immunsystems. Sie harmonisiert die drei Doshas und hält ein gesundes Gleichgewicht aufrecht. Immunomodulierende Präparate sind MA-1406 (Maharishi Ayurveda) und Alticon (Holisan). Bei allergischen Hautreaktionen hat sich Purim (Holisan) bewährt, bei Heuschnupfen und allergischer Bronchitis Septilin (Holisan).

Hausmittel bei Allergien:
– 50 g Basilikum-Paste vor dem Frühstück
– 5 g Ajowan (Trachyspermum ammi) mit 2 g Ingwer und 5 g Jaggery
– 20 ml Saft von Neem-Blättern (Azadirachata indica) mit Sharkara-Zucker (Classic Ayurveda)

Die bekanntesten blutreinigenden Pflanzen sind Neem (Azadirachta indica), Manjista (Rubia cordifolia), Gelbwurz (Curcuma longa) und Bockshornklee (Trigonelle foenum graecum). Entgiftend wirken auch Shirisha (Albizzia lebbek) und Silajit (natürlicher, gereinigter Asphalt).
Ganz besonders ist Trikatu zu empfehlen, bestehend aus schwarzem und langem Pfeffer und Ingwer, eine Gewürzmischung, die Agni stärkt, Ama verbrennt und Kapha reduziert – eine optimale Zusammensetzung. Ein Kombinationspräparat zur Reinigung von Blut und zur Gewebeentgiftung, das die sanfte Ausscheidungsfunktion von Leber und Nieren fördert, ist MA 926 (Maharishi Ayurveda), ein Kombinationspräparat, das einige der oben erwähnten Kräuter in optimaler Zusammensetzung enthält.
Um die Pitta-Begleiterscheinungen (Hautreizungen, Juckreiz, Entzündungen) von Allergien zu lindern, eignet sich frisch gepresster Koriandersaft. Er kann auch äußerlich aufgetragen bzw. einmassiert werden. Zur Massage eignet sich Ghee (gereinigtes Butterfett) mit Gelbwurzpulver oder auch Kokosöl – beide Öle haben die stärksten kühlenden Eigenschaften. Spezielle Pitta-Massageöle sind ebenfalls im Handel erhältlich. Die am stärksten Pitta-reduzierenden Kräuter sind Triphala (Terminalia chebula, Terminalia belerica und Emblica officinalis). Es gibt sie als Tabletten oder als Pulver, das mit etwas Wasser angerührt auf die entsprechende Hautpartie aufgetragen wird – übrigens auch bei Zahnfleischentzündungen gut geeignet.
Schleimlösend sind Kapha-Tee und Kapha-Churna (Gewürzmischung). Zum Inhalieren hat sich Minzöl bewährt. Für die Aromalampe sollte man frische ätherische Öle wie Lemongras, Eukalyptus, Lavendel, Minze oder Zitronenmelisse nehmen.
Zur Stärkung sind Amalaki-Früchte das beste Mittel. Es gibt sie als Marmelade, Tabletten, Getränkepulver (Classic Ayurveda) oder in Form von Amrit Kalash Rasayana (Maharishi Ayurveda). Amalaki-Früchte sollten täglich gegessen werden.

Ayurvedische Kuren: Damit sind nicht die Wellness-Massagen gemeint, die inzwischen fast jedes Hotel und jedes Kosmetik-Institut anbieten. Traditionelle Panchakarma-Kuren sind aufeinander abgestimmte intensive Reinigungsverfahren, die neben Massagen eine Vielzahl an Behandlungen umfassen.
Da insbesondere die fettlöslichen Schlackenstoffe dem Stoffwechsel Probleme bereiten – diese können weder über den Urin, den Stuhl oder die Schweißdrüsen ausgeschieden werden (nur mit der Muttermilch ist dies möglich) – hat sich der Ayurveda auf Ölbehandlungen spezialisiert. Dazu gehören neben den Massagen auch orale und anale Applikationen von Öl. Wärmebehandlungen dienen dazu, das Öl im Körper zu verteilen und bis zur letzten Zelle zu transportieren, so dass auch das versteckteste Ama vom Öl gelöst werden kann. Abschließend folgen ausleitende Methoden, sie stellen den entscheidenden Schritt einer Kur dar, da durch sie Schlackenstoffe ausgeleitet werden.
Aufgrund der Intensität – und damit Effektivität – gehört diese Kur sicher nicht in die Kategorie »Wellness«. Im Gegenteil: Man sollte sich nach der Kur einige Tage zur Regeneration frei halten. Nicht empfehlenswert ist deshalb ein Kuraufenthalt in Indien, da dieses alleine schon eine Anstrengung für unsere Physiologie darstellt, die hygienischen Bedingungen fremd sind (insbesondere die Einläufe) und der Jetlag den durch die Behandlungen geschwächten Körper so beansprucht, dass der positive Kureffekt ins Gegenteil schlagen kann. Dies trifft nicht auf ayurvedische Wellness-Kuren zu. Diese können ohne weiteres in Indien gemacht werden, da sie weniger kräftezehrend sind.

Auskunft über Kurkliniken in Deutschland, deren Qualität auch von dem »All India Ayurveda Congress« (der indischen Ayurveda-Ärzte-Vereinigung) bestätigt wurde, erhalten Sie bei der Deutschen Gesellschaft für Ayurveda in Traben-Trarbach oder im Internet unter www.ayurveda.de.

Informationen zu Ayurveda:
www.ayurveda-portal.de
www.ayurveda-marktplatz.de

Verfasser:
Hartmut Föller
Ayurveda Consulting
Am Nussgraben 26
63654 Büdingen
Tel.: (06042) 952900, Fax: 952928
info@ayurveda-consulting.de

Dieser Artikel wurde mit freundlicher Genehmigung entnommen aus:
DER HEILPRAKTIKER&VOLKSHEILKUNDE
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