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Von Fast Food & Co. zur Nanokost

Von Fast Food & Co. zur Nanokost

14.01.2010 | - ein evolutionärer Quantensprung menschlicher Ernährungsweise oder ein weiterer Schritt auf dem Irrweg ernährungsbedingter Zivilisationskrankheiten? Von Klaus-Rupprecht Wasmuht, mit Anmerkungen aus ayurvedischer Sicht.

Vorwort
Nach dem Ethnologen und Anthropologen Claude Levi Strauss ist die Küche einer Gesellschaft eine Sprache, die unbewußt die Struktur dieser Gesellschaft zum Ausdruck bringt. Wenn dem so ist, stellt sich die Frage, was das für eine Gesellschaft ist, die eine Küche des Fast Food, Snacking, Functional Food, Analog Nahrung„ Innovative Getränke, Energy Drinks, Isotonische Getränke, Brain Food, Beauty Food, Molekularkost, genetisch modifizierte Nahrung und Nanokost propagiert? Die Verfechter dieses Trends mögen darin einen evolutionären Quantensprung menschlicher Ernährungsweise und die Kritiker eine Zwangsentwicklung auf dem Wege weiterer Zivilisationskrankheiten sehen. Der folgende Beitrag versucht diese Entwicklung kritisch zu beurteilen.
 

Status Quo moderner Ernährungsgewohnheiten
Fast Food und Co gehören inzwischen wie selbstverständlich zum modernen Sprachgebrauch, so wie Zusatzstoffe, Nahrungsergänzungsmittel, chemisch und mechanisch manipulierte Lebensmittel mehr und mehr das heutige Nahrungsangebot bestimmen. Die Ernährungsgewohnheiten der modernen Industriegesellschaft umspannen ein weites Spektrum, das von humanen Futtermitteln in Großkantinen und Supermärkten bis zur Molekularkost in Gourmetrestaurants, genetisch modifizierten und durch Nanotechnologie manipulierten Nahrungsmitteln reicht. Hier spiegelt sich eine Vielfalt der unterschiedlichsten Vorstellungen dessen, was ernährungsphysiologisch als zeitgemäße Ernährung empfunden wird. In diesem Zusammenhang scheint ein entscheidender Einflußfaktor zu sein, daß das Sozialverhalten der modernen Industriegesellschaft weitgehend durch materielle Zielvorgaben wie Gewinn- und Besitzstreben, Wettbewerb und Leistungszwang geprägt wird, wobei Zeit und Geld einengende Rahmenbedingungen darstellen.„Time is money“ – Zeit ist Geld, wie Professor Ian Walker von der Warwick Universität in England mit Hilfe einer mathematischen Formel berechnet. Danach verbraucht zum Beispiel ein dreiminütiges Zähneputzen 30 pence (35 cent) „verlorene“ Zeit. So wie der Wert unserer Zeit steigt, werden wir vermutlich mehr dafür bezahlen um Zeit zu sparen, zum Beispiel jemand für das Rasenmähen bezahlen. Warum putzen wir dennoch unsere Zähne, obwohl wir doch bei Verzicht auf täglich zweimaliges Zähneputzen rund € 250 im Jahr durch „gewonnene Zeit“ einsparen könnten? Vielleicht, weil wir hoffen, möglichst lange gesunde Zähne erhalten zu können.

Dies mag banal klingen, ist es aber nicht, denn die „Schnäppchenjagd“ nach Billigprodukten wird zu einem zwangvollen Unterfangen, bis man feststellt, daß die kurze Freude über einen niedrigen Preis nicht so lange währt wie der Ärger über die schlechte Qualität. Der Ärger über die schlechte Qualität schleicht sich bei vielen Konsumgütern, insbesondere bei billigen Nahrungsmitteln erst über einen längeren Zeitraum ein. Industriell zubereitete Nahrungsmittel werden zu Billigstpreisen angeboten, sie enthalten in der Regel die verschiedensten Zusatzstoffe, die eine besondere optische Akzeptanz (Farbstoffe), lange Haltbarkeit (Konservierungsmittel), Geschmacksverbesserung (Geschmacksverstärker) und andere verkaufsfördernde Merkmale bezwecken. Das allein ist kein Grund zum Ärgernis. Ärgerlich wird es allerdings, wenn sich durch die Bearbeitung der Nahrungsmittel diese derartig denaturiert werden, daß nicht nur die Qualität in keinem angemessenen Verhältnis zum Preis steht, sondern sich zudem gesundheitsschädigende Auswirkungen ergeben. Dann wird das zunächst billige Lebensmittel zu einem teuren und zugleich toxischen Ballastmittel.

Fast Food
Mit der Adoption der erwähnten „time ist money“ Philosophie erfolgt im Fast Food Sektor die Nahrungszubereitung unter hohem Rationalisierungsgrad. Friteusen, Tiefkühltruhen, Mikrowellengeräte ermöglichen schnelles Zubereiten und Auftischen der Mahlzeiten. Ausgangsprodukte sind in der Regel industriell erstellte Fertignahrung oder Halbfertigprodukte, die mit Geschmacksverstärkern, Konservierungsstoffen, Farbstoffen und anderen Zusatzstoffen versehen sind. Reichlich Zucker, Salz und chemisch gehärtete Pflanzenfette sind zudem häufig beliebte Zutaten. Fast Food ist billig, man nimmt es meist unter Zeitmangel spontan ein, vorzugsweise in einem Bistro, in Stehbuffets oder im Gehen, alleine oder in zufälliger Gesellschaft. Es muß schnell gehen, wie die Namensgebung Bistro verdeutlicht. Bistro ist dem russischen bystro – gleichbedeutend mit schnell - entlehnt und diente den napoleonischen Soldaten vor rund zweihundert Jahren nach ihrer Rückkehr nach Frankreich zur Namensgebung ihrer neu eröffneten Schnellimbißstuben.
Kritiker warnen vor negativen Auswirkungen insbesondere bei häufigem Konsum. Nahrungsmittelzusätze, zu schnelles, hastiges Essen, übermäßige Portionen, zu hoher Fett-, Salz- und Zuckergehalt und damit einhergehender geringer ernährungsphysiologischer Wert führe zur Vermehrung des Körperfettes mit krankhaften Auswirkungen wie Übergewicht, Diabetes Typ 2, Stoffwechselprobleme, Allergien, höhere Belastung der Leber oder Nieren. Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen eine erhöhte Gesundheitsgefährdung von Nahrungsmitteln mit höheren Anteilen an Trans-Fettsäuren (künstlich gehärtete und teilgehärtete Fette). Nach diesen Erkenntnissen erhöhen diese Fette in Pommes frites, Burger, Pizza, Keksen, Kartoffelchips und verschiedenen Back- und Bratfetten, den LDL-Cholesterin Gehalt im Blut und begünstigen damit die Entstehung koronarer Herzkrankheiten und Diabetes 2. Inzwischen haben einige Länder aufgrund der erwähnten gesundheitsschädigenden Wirkung dieser Fette reagiert. So sind in Dänemark Nahrungsprodukte mit mehr als zwei Prozent Anteilen an diesen Fetten verboten. In USA dürfen in Kalifornien in Lokalen diese Fette nicht mehr in Ölen, Backfetten und Margarinesorten verwendet werden und ab 2011 besteht ein generelles Verbot von fritieren von Backwaren mit solchen Fetten. In Deutschland bestehen bis jetzt keine entsprechenden gesetzlichen Verbote und auch keine Kennzeichnungspflicht auf den Verpackungen derartiger Nahrungsprodukte.
Weitere Kritik gegenüber Fastfood betrifft die ethische Seite bei der Gewinnung der Ausgangsprodukte für diese Schnellgerichte. Zum Beispiel weisen Klaus Werner und Hans Weiss in ihrem Buch „Die Machenschaften der Weltkonzerne“ in dem Kapitel „Fressen und gefressen werden“ auf Mißstände wie Ausbeutung, Kinderarbeit, Sklaverei und Umweltzerstörung im Vorfeld der Fastfood Industrie hin. Ähnlich argumentieren auch Umweltschutzorganisationen.

Functional Food auch Nutraceutical
Funktionelle Lebensmittel sind mit zusätzlichen Inhaltsstoffen angereicherte Lebensmittel, die laut Werbeversprechen einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben sollen. Während eine befriedigende gesetzliche Regelung für diese mit Vitaminen, Mineralstoffen, Bakterienkulturen, ungesättigten Fettsäuren und anderen Zusatzstoffen versehenen Nahrungsmittel in Europa bisher fehlt, sind diese Produkte in Japan genau definiert und unter dem Begriff „Foshu“ (Food for specific health use – Nahrung mit spezifischen Gesundheitsnutzen) bekannt. Das Marktforschungsinstitut ACNielsen beziffert den deutschen Markt für funktionelle Lebensmittel mit über 5 Mrd. Euro Jahresumsatz als den größten in Europa. Es gibt Schätzungen, die einen Anstieg des Functional-Food Anteils am weltweiten Lebensmittelmarkt bis 2050 auf 50 Prozent veranschlagen. So verwundert es nicht, daß die Giganten der Lebensmittelbranche und große Pharmakonzerne in funktionellen Lebensmitteln ein großes Zukunftsgeschäft sehen, von dem sie sich einen außergewöhnlichen Profit versprechen und diesen mit Hilfe ausgeklügelter modernster Marketingmethoden absichern wollen . In diesem Sog werden mehr und mehr seltsame, wenn nicht fragwürdige Produkte angeboten wie zum Beispiel ein Gesundheitsbonbon, das Polyphenole enthält und in China bereits patentiert ist. Dieses soll vor Strahlenschäden schützen, die durch Fernsehen entstehen können.
Eine gesunde Skepsis ist daher geboten, die hilft die Spreu vom Weizen zu trennen und dazu beiträgt seriöse Marktangebote herauszufiltern. In die Kategorie seriöser Hersteller könnten Produzenten von Milchprodukten mit der Bezeichnung probiotisch eingereiht werden. In wissenschaftlichen Studien wurde inzwischen belegt daß so genannte probiotische Milchprodukte wie zum Beispiel mit Milchsäurebakterienkulturen versehene Joghurts eine Verbesserung der natürlichen Darmflora bewirken. Jedoch ist zu bedenken, daß diese in der Regel eine laxative (abführende)Wirkung zeigen. Zudem sei dringend geraten bei einer Laktoseintoleranz Milchprodukte generell zu meiden.
In Deutschland ist seit einiger Zeit ein diätetisches Getränk auf dem Markt, das aus Brotteig und Quellwasser besteht und in einem besonders langen Vergärungsprozeß mit Hilfe von Brotgetreidesäurebakterien für den Körper erschließbare Vitamine, Mineralien und essentielle Aminosäuren freisetzt und keine laxative Wirkung mit sich bringt. Die anfallende Gärsubstanz, das Fermentgetreide, enthält ähnlich positive Wirkstoffe wie die des Brottranks, wie lebende Milchsäurebakterien, Fermente und Enzyme, denen in klinischen Gutachten eine äußerst positive Wirkung auf Haut, Blut, Darm und Immunsystem bestätigt wird.
Abschließend sei die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) erwähnt, die in einer Stellungnahme betont, daß funktionelle Lebensmittel grundsätzlich keine Garantie für eine bedarfsgerechte und ausgewogene Ernährung sind und Ernährungsfehler sich durch ihren Verzehr nicht beseitigen lassen.

Molekularkost
ist ein anderer Trend der modernen Ernährungsweise und beruht auf einer besonderen Kochtechnik und Zubereitungsweise mit Texturgebern, die der Nahrung neuartige Formen und Oberflächen verleiht und somit durch einen gewissen Überraschungseffekt den Nahrungsaufnehmenden wieder zwingt, sein Essen bewußt zu schmecken und zu genießen. Bei traditioneller Nahrungsaufnahme löst bereits die optische Wahrnehmung der zubereiteten Speise in der Regel einen Reflex aus, der dem Nahrungsaufnehmenden eine bestimmte Geschmacksrichtung signalisiert und sein Geschmacksempfinden gewissermaßen vorprogrammiert. Liebhaber der Molekularküche sehen diesen Vorgang als einen Trigger für eine mechanische Abfolge, die den Eßgenuß sich nicht voll entfalten läßt. Sie propagieren daher die molekulare Küche, die mit oben erwähnten Methoden eine verfeinerte Eßkultur erleben lassen soll.

So zaubert der englische Starkoch Heston Blumenthal im vorweihnachtlichen Fernsehen eine Pastete aus dem zarten Fleisch von Siebenschläfern, überzogen mit weißer Schokolade Die von Ferran Adria - dem spanischen Meisterkoch und zugleich Gallionsfigur der molekularen Gastronomie - entwickelten Verfahren der Spherifikation, Gelifikation, Emulsifikation sollen vielfältige Überraschungsmomente und subtiles Geschmacksbewußtsein ermöglichen. Bei der Spherifikation werden kugelförmige Gebilde mit extrem feiner Membran durch Eintauchen einer Flüssigkeit mit Algin in ein Calcicbad hergestellt, die am Gaumen ihre ganze Magie entfalten sollen. Mit der so genannten inversen Spherifikation wird eine Flüssigkeit mit Gluco in ein Bad aus Algin getaucht. Hierdurch lassen sich sogar Produkte mit hohem Alkoholgehalt zu dauerhaften Sphären formen. Gelifikation ist die künstliche Herstellung von Gelatinen, zum Beispiel aus Methylzellulose. Die Emulsifikation ermöglicht die Herstellung leichter und stabiler Schäume und Texturen, zum Beispiel bei Desserts oder Saucen. Wegen der emulgierenden Wirkung, lassen sich Zubereitungen aus fett- und wasserhaltigen Lösungen herstellen.

Kreationen wie falscher Kaviar aus Holundersaft, bunt gelierte Würfel oder Grieß aus den verschiedensten Flüssigkeiten, Gin Tonic Schaum, stickstoff-gefrostet auf minus 196°Grad mit viel Rauchentwicklung, sollen auf der Zunge und im Gaumen einen kulinarischen Genuß von bisher nicht gekanntem Ausmaß zaubern. Die teuerste und zugleich am wenigsten aufwendigste molekulare Kochtechnik besteht in dem Vergolden von Speisen, wie zum Beispiel das Auftragen von Blattgold auf Nachspeisen, Spaghetti oder Schokolade mit einem Pinsel.
Kritiker wie der Journalist und Gastronomieexperte Wolfram Siebeck sehen in der molekularen Küche und deren Zubereitungsmethoden – insbesondere in dem Vergolden – Effekthascherei und dekadentes Umtreiben. Ergänzend sei hinzugefügt, daß viele der Zutaten gängige mit E-Nummern verschlüsselte Zusatzstoffe sind, wie Carragen, Xanthan, Natriumalginat, Zitrate. „Es ist einer großen Anzahl von Menschen immer noch wesentlich wichtiger Modetrends und ihrer Vergnügungssucht zu folgen, als ernsthaft etwas gegen die Ausbeutung zu unternehmen“ und es sollte hinzugefügt werden: etwas gegen den weltweiten Hunger zu unternehmen. Während die Reichen sich im Überfluß krank essen (Galina Schatalowa „Wir fressen uns zu Tode“) leidet jeder sechste Mensch auf der Erde an Hunger und sterben jedes Jahr etwa neun Millionen Menschen, hauptsächlich Kinder an Hunger.

Nano Food
Als Nano-Lebensmittel werden populärwissenschaftlich alle künstlich erzeugten oder veränderten Nahrungsmittel bezeichnet, denen mittels Nanotechnologie über Nanopartikel bestimmte Eigenschaften zugewiesen werden.

In der Nanotechnologie sieht der Nobelpreisträger Gerd Binnig die Möglichkeit des Menschen zur Gestaltung einer zweiten Genesis, einer grundlegend neuen Evolution von materiellen Strukturen.

Materialien oder Strukturen von weniger als einhundert Nanometern (ein Nanometer hat eine Größenordnung von ein Milliardstel Meter) ermöglichen aufgrund besonderer Eigenschaften (z.B. relative Oberflächenvergrößerung, Tunneleffekt und die Selbstorganisation) ungeahnte Möglichkeiten wirtschaftlicher Nutzung, bergen zugleich auch besondere Risiken für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt, wie erste Studien belegen. Die Nanopartikel (z.B. Buckyballs, Nanotubes) können auch eingeatmet, verschluckt oder über die Haut aufgenommen werden und im menschlichen Körper natürliche Gewebebarrieren wie die Placenta oder die Hirn-Blutschranke passieren. Über die Blutbahn gelangen die Partikel in die Milz, Leber, Nieren und Knochenmark, wo sie sich, wie weitere Studien belegen, ablagern können und/oder oxidativen Streß, unerwünschte Gen-Aktivierung und Veränderung des Kalziumspiegels und andere pathologische Veränderungen verursachen können.

Die Verwendung synthetischer Nanomaterialien erfolgt weitgehend ohne das Wissen der Öffentlichkeit und in einer Weise, ohne daß dies vom Verbraucher erkannt werden kann! „Aus dem Labor auf den Teller“ kann sich deshalb unbemerkt von der Öffentlichkeit abspielen, da es bisher keine verpflichtende Sicherheitsstandards und keine Kennzeichnungspflicht für Nano-Lebensmittel gibt. Welche positiven Wirkungen machen den zusätzlichen Einsatz von Nanoverbindungen in der Nahrungsmittelindustrie interessant?
Nanotechnische Verfahren begünstigen die Produktion von stärkeren Geschmacks- und Farbstoffen, beschleunigen mit weiteren Lebensmittelzusätzen und Verarbeitungshilfen die Verarbeitung und senken die Kosten für Inhaltsstoffe und Verarbeitung. In der Nahrungsmittelindustrie sind bereits nanotechnisch veränderte Lebensmittel zum Beispiel in Getränken wie„Nanoceuticals Slim Shake Chocolate“ (Schlankheitsmittel aus den USA), Nano-Tee (mit Nano-Selen aus China) und Speiseölen (Canola Active Oil aus Israel) enthalten. Nanopartikuläres Siliziumdioxid als Beimischung in Kochsalz, Gemüsepulver und -brühen, Gewürzmischungen, Instantgetränken oder in Puderzucker verbessert die Rieselfähigkeit und verhindert als sogenanntes Riesel- und Fließhilfsmittel das Verklumpen dieser Lebensmittel. Auch der Einsatz von Nanomaterialien, wie spezielle antibakterielle Beschichtungen, im Bereich der Lebensmittelverpackungen soll die Haltbarkeit von Lebensmittel wie Fleisch und Gemüse verlängern.
Darüber hinaus wird in Deutschland bereits seit 2006 der Wirkstoff NovaSOL neben einer Vielzahl anderer Zusätze - bei der industriellen Fertigung und Konservierung von Wurst- und Fleischwaren eingesetzt. Die Nano-Kapseln (Mizellen) der NovaSOL-Reihe erlauben den Einbau einer ganzen Palette von bioaktiven Stoffen.

In der Textilindustrie wird die Verwendung der Nanotechnolgie bereits umfangreich genutzt. So sollen Socken, die „Nanosilber“ enthalten geruchsbildende Bakterien abtöten. In Untersuchungen wurde festgestellt, daß in einigen Fällen bereits nach vier Waschvorgängen das Nanosilber völlig ausgewaschen war. Wie groß das Gefährdungspotential der in die Abwässer gelangten Nanopartikel ist, läßt sich derzeit nur vermuten. In ersten Studien wurde nachgewiesen, daß das Wachstum bestimmter Bodenbakterien sich bis auf ein Viertel verlangsamt.

Da notwendige Untersuchungen auf toxologische Auswirkungen fehlen, sollten ohne ausreichende Begleitforschung Nanotechnologien nicht voran getrieben werden.

Zusammenfassung und Anmerkungen aus ayurvedischer Sicht
Kennzeichnend für die moderne Lebensmittelindustrie ist industriell gefertigte Nahrung, die durch Einsatz künstlicher Zusatzstoffe unter anderem den Nahrungsmitteln eine bessere optische Akzeptanz, Geschmacksverbesserung, sowie längere Haltbarkeit und Lagerfähigkeit verleihen. Modernste technische Verarbeitungsmethoden ermöglichen zudem schnelle und kostengünstige Produktion der Lebensmittel. Die Zugabe von Zusatzstoffen, Nahrungsergänzungsmittel, die künstliche Veränderung der molekularen Struktur, sowie genetische Manipulation sind Eingriffe in die Nahrungskette, die noch nicht hinreichend auf mögliche Gefahren für die Gesundheit und für die Umwelt abgeklärt sind.

Dennoch wird die Nahrung wie erwähnt manipuliert und vermarktet, wobei geschickte Werbung diese Manipulation als eine im Sinne des Verbrauchers erfolgende Maßnahme darstellt. Bei kritischer Betrachtung entlarvt sich dieses Unterfangen jedoch in zunehmendem Maße als raffinierte Tarnung von verkaufsfördernden Maßnahmen der Produzenten. So verwundert es nicht, daß mehr und mehr Stimmen der Verbraucher zu hören sind wie „zu schlecht zum Essen, nur zum Verkauf geeignet“.

Kennzeichnend für die modernen Eßgewohnheiten ist die Nahrungsaufnahme von industriell (vor)gefertigten Lebensmitteln und Getränken mit oben erwähnten Attributen, die zu unregelmäßigen Tageszeiten und aus Zeitmangel zumeist schnell und hastig erfolgt. Zudem ist die Nahrungszusammenstellung oft zu einseitig, zu eiweißreich, zu fett, übersalzen, übersüßt oder zu stark gewürzt und die Nahrungsmenge zu groß. Zu heiße oder zu kalte Nahrung und Getränke belasten zusätzlich den Organismus.

Dem eingangs zitierten Ethnologen und Anthropologen Claude Levi Strauss ist wohl beizupflichten, daß die Küche einer Gesellschaft eine Sprache spricht, die unbewußt die Struktur dieser Gesellschaft zum Ausdruck bringt. Der moderne Mensch der Industriegesellschaft lebt in einer Überflußgesellschaft, in einer Welt der Reizüberflutung und eines unablässigen Informationsbombardements, er lebt in einer Welt ständiger Unruhe und rastloser Suche nach neuen Sensationen. Dieser Mensch entfremdet sich mehr und mehr von seinem kosmischen Ursprung, er wird mehr und mehr aus seiner ursprünglichen und ruhenden Mitte verdrängt, so wie das individuelle Kochen in der häuslichen Küche von der industriellen Massenherstellung in der Lebensmittelfabrik oder gar vom „Food Design“ im Labor verdrängt wird.

So ist es nicht verwunderlich, daß Stoffwechselkrankheiten eine ansteigende Tendenz bei den „Zivilisationskrankheiten“ zeigen. Der Professor für Umweltpolitik Udo Ernst Simonis weist in dem Bericht „Ökologischer Strukturwandel—Erfolge und Versäumnisse“ auf eine Reihe von Stoffwechselkrankheiten der Industriegesellschaft hin, die auf Grund von mangelndem oder unvollständigem Abbau bestimmter Stoffe und fehlender Synthetisierung anderer lebensnotwendiger Stoffe zu verschiedenen Ausfallerscheinungen wie Gicht, Fettsucht, Diabetes mellitus führen. Fehlernährung und Störungen des Kohlehydrat-, des Fett- und Eiweißstoffwechsels lassen zudem Schäden an Leber, Nieren, Nerven- und Blutgefäßsystemen entstehen.

Wie ist dieser unheilvollen Entwicklung zu begegnen? Ein besseres Verständnis, wie bestimmte Nahrungsmittel unseren Körper und unseren Geist beeinflussen ist unerläßlich für eine gesunde Ernährungsweise.
Die oben erwähnten kritischen Anmerkungen und Forderungen von unabhängigen und verantwortungsbewußten Menschen zielen in diese Richtung. Auch die ayurvedische ganzheitliche Ernährungsphilosophie mag zu einem besseren Verständnis der ernährungsphysiologischen Vorgänge und der gesundheitlichen Auswirkungen beitragen.
Eine konstitutionsgerechte individuelle Ernährung, Beachtung der Qualität der Nahrung und der damit verbundenen Energieaufnahme (Spirit) sind grundlegende Aspekte einer gesunden ayurvedischen Ernährungsweise. Alles Leben ist aus dem Samen der Schöpfung entstanden, der das Gedächtnis aller Zeiten enthält. „Ein gesunder Same ist ein Same, der nicht durch menschliche Technologie verändert oder manipuliert worden ist, nur ein solcher Same kann zu einer glücklichen Pflanze heransprießen“(Maya Tiwari). Neben der körperlichen Konstitution ist die individuelle geistige Konstitution des Menschen in besonderem Maße zu beachten. Beruhigend wirkende Nahrung ist sattvischer Natur wie Milch, süße Früchte, Ghee, Oliven, frische Gemüsesäfte, Salat, gekochter Reis und Getreide wie Weizen, Dinkel und Gerste, sowie Mungdal. Aktivierend wirkende Nahrung ist rajasischer Natur wie Käse, Joghurt und Quark, Hefeprodukte, Ingwer, Pfeffer und Fleisch. abstumpfende Nahrung ist tamasisch, wie Fastfood und Dosenessen, Mikrowellengerichte, Tiefkühlkost, Genußgifte wie Alkohol, Nikotin und wieder aufgekochte Essensreste.

Der ayurvedische Arzt Caraka hat bereits vor über zweitausend Jahren die bis zu seiner Zeit über mehrere Generationen von hervorragenden Heilern und Weisen mündlich überlieferten Erkenntnisse der ayurvedischen Erfahrungswissenschaft schriftlich in einer Art Kompendium (Caraka Samhita) festgehalten. In dem ersten Abschnitt Sutrasthanam (fundamentale Erkenntnisse) erläutert Caraka in verschiedenen Kapiteln die Wirkung zahlreicher Einflußfaktoren auf die Ernährung und damit auf die Gesundheit. Besondere Beachtung ist bereits bei der Auswahl, Art und Weise der Zubereitung der Nahrung angebracht. Frische, energiereiche, unbelastete und mit Liebe zubereitete Speise fördert die mentale Stärkung während Schwerverdauliches wie altes, kaltes abgestandenes Essen oder solches, das bereits mehrfach aufgewärmt wurde, dem Körper und dem Geist Energien für die Verdauung abzieht. Weitere Kriterien sind die Bedeutung der Verdauung für die Gesundheit, Berücksichtigung der sechs Geschmacksrichtungen (süßer Geschmack bringt überströmende Liebe und viel Güte, der saure Geschmack belebt, der salzige Geschmack bringt Stärkung, der scharfe Geschmack belebt und kräftigt, der bittere Geschmack ermöglicht angesammelte negative Kräfte zu beseitigen, der zusammenziehende Geschmack entfernt geschädigte Gewebe und Giftstoffe aus dem Körper und stellt die Intelligenz von Körper und Geist wieder her). Weitere Einflußfaktoren werden erläutert wie unverträgliche Nahrungskombinationen, Einhaltung allgemeiner Ernährungsregeln, zeitliche Aspekte (ausreichende Zeitspanne für die Nahrungsaufnahme, die jeweilige Tageszeit, Jahreszeit, Alter des Menschen), das Schwingungspotential des geographischen Umfeldes und die Wesensart der Eßgemeinschaft beziehungsweise der Gesellschaft.

Schlußworte:

Rückbesinnung auf eine ganzheitliche Lebensweise im Einklang mit den Elementen und dem Biorhythmus der Natur ist demnach erforderlich. „Die himmlische Liebe verschmäht die Freude des Lebens nicht, achtet jedoch auf ihre Lebensweise und die Konsequenzen ihrer Handlungen“ (Hildegard von Bingen).


klaus_wasmuht

Klaus-Rupprecht Wasmuht
Mühlenbrücke 1
23552 Lübeck Deutschland
Ayurveda und Natureilpraxis Lübeck


………………
Lit.:
(1) Claude Lévi-Strauss Le´Origine des maniéres de table, Mythologiques, Bd. III, Paris 1968
(2) Ian Walker:Time is money, professor proves http://archives.cnn.com/2002/TECH/science/05/29/time.money/
(3) Klaus Werner, Hans Weiß, Das neue Schwarzbuch Markenfirmen, Die Machenschaften der Weltkonzerne 5.Aufl.2009 ISBN 978-3-548-36847-4
(4) ACNielsen, Trendbericht Funktionelle Lebensmittel Anuga FoodTec 2009: http://www.anugafoodtec.de/presse/pressemeldungen
(5) Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V., DGE aktuell 09/2002 vom 12./13.11.2002, Functional Food - Gesundheit zum Essen?
(6) Galina Schatalowa,Wir fressen uns zu Tode: Das revolutionäre Konzept einer russischen Ärztin für ein langes Leben bei optimaler Gesundheit, Goldmann Verlag (Taschenbuch - April 2002)
(7) Gerd Binnig, Vorwort in: Alles Nano?! Die Technik des 21. Jahrhunderts (Taschenbuch)von Niels Boeing (Autor),Taschenbuchausgabe 2006,Rowohlt,ISBN: 3-499-62098-7
(8)Aus dem Labor auf den Teller, Die Nutzung der Nanotechnologie im Lebensmittelsektor, Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND, Freunde der Erde)
(9)Udo Ernst Simonis, Ökologischer Strukturwandel – Erfolge und Versäumnisse, Best.-Nr. P2005-01,Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Januar 2005
(10) Maya Tiwari, Das große Ayurveda Handbuch, Die Geheimnisse des Heilens, Windpferd, 3003, ISBN 3-89385-370-7
(11) Caraka, Caraka Samhita, Band 1 , übersetzt von P.V. Sharma, Chaukamba Orientalia, Varanasi 221001 (U.P.) India, 4 Bände, Reprint 2007, ISBN 81-7637-012-6, (Vol.1)
 

Titelbild: Photo by Thomas Habr on Unsplash

 


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