Status: Nicht angemeldet

Tägliche Rituale

Tägliche Rituale

14.06.2003 | von Maya Tiwari FRÜHES AUFSTEHEN In den Veden wird gesagt, daß achtundvierzig Minuten vor Sonnenaufgang die günstigste Zeit des Tages ist. Daher stammt die uralte Empfehlung, zu dieser Zeit aufzustehen und den Tag zu begrüßen. Ihren Tag bei Sonnenaufgang zu beginnen, erlaubt es dem Körper, sich früher seines Abfalls zu entledigen, was sofort den Geist beruhigt. Die Weisen sagen uns, daß frühes Aufstehen die wirksamste Handlung ist, um sich gute Gesundheit und Langlebigkeit zu erhalten.

Die erste Aktivität, die man beim Aufstehen durchführen sollte, besteht darin, Wasser zu trinken, das über Nacht in einem Kupferkessel aufbewahrt wurde. Diese Maßnahme trägt dazu bei, Verstopfung zu verhindern, und sie fördert die ausreichende Peristaltik des Dickdarms. Das Kupferwasser kann darüber hinaus auch verwendet werden, um die Nasengänge zu reinigen, indem man etwa einen Eßlöffel in jedes Nasenloch inhaliert. Dieses Inhalieren trägt dazu bei, hervorragendes Sehvermögen und eine gute Intelligenz aufrechtzuerhalten. Kupferwasser sollte nicht von denjenigen verwendet werden, die krank sind oder unter starkem Übergewicht leiden. Außerdem darf es nicht nach der Brech- oder Purgiertherapie, während der Erholungsphase nach körperlichen Wunden oder von denjenigen, die zu Schluckauf neigen, verwendet werden.

DAS REINIGEN DER ZÄHNE
Der Körper hat insgesamt neun Öffnungen, durch die wir mit dem gesamten Kosmos kommunizieren: die Augen, die Nase und die Ohren, die jeweils zwei Öffnungen besitzen, und der Mund, die Harnröhre und der Mastdarm. Dem wichtigsten Tor des menschlichen Körpers, dem Mund, wird zuerst Beachtung geschenkt. Die Alten waren für die hervorragende Gesundheit ihrer Zähne und ihres Zahnfleisches bekannt. Wie Dr. Harry Campbell sagte: „Wenn Zivilisation Sauberkeit, guten Charakter und langes Leben bedeutet, dann waren die alten Inder zivilisierter als die modernen Menschen, die im Bett Kaffee und Tee trinken, ohne sich die Zähne zu putzen."
Traditionellerweise wurden Bürsten, die aus frisch gebrochenen Zweigen von Bäumen wie dem Nimba-, Khadira- oder Süßholzbaum hergestellt wurden, an den Enden abgeschrägt und zur täglichen Reinigung der Zähne und Massage des Zahnfleisches verwendet. Aufgrund ihrer natürlichen Bitterkeit, der zusammenziehenden Wirkung und Frische stellten die Zweige außerdem ein hervorragendes orales Antiseptikum dar. Bürsten aus Zweigen dürfen nicht von Menschen verwendet werden, die an Magenverstimmung, Übelkeit, Atemschwierigkeiten, Bronchitis, Fieber, Gesichtslähmung, Entzündungen im Mund, Herzkrankheit und Krankheiten der Augen, Ohren und des Kopfes leiden.

REINIGEN DER ZUNGE
Die Zunge, unser Geschmacksorgan, ist einer der Hauptindikatoren im Körper für die ayurwedische Diagnose, weil sie die verräterischen Anzeichen für milde und ernsthafte gesundheitliche Störungen aufweist. Eine blasse, weißliche Zunge zum Beispiel ist eine Begleiterscheinung für das Abnehmen der roten Blutzellen und/oder vorhandene Blutarmut. Eine gelbliche Zunge zeigt Störungen in der Leber oder Gallenblase an. Eine bläulich gefärbte Zunge ist ein Hinweis auf ein Herzleiden. Ein dicker weißlicher Belag auf der Zunge zeigt überschüssigen Schleim im System an, ein gelblicher oder grünlicher Belag zeigt eine Pitta- oder Gallenstörung an, und ein eher trockener, gräulicher Belag zeigt überschüssiges Vata bzw. eine Störung im Dickdarm an. Eine ausgetrocknete Zunge ist ein Zeichen für vermindertes Körperplasma. Wenn die Zunge belegt ist, wird die Atmung flach, da das Prana im Körper beeinträchtigt ist.
Traditionellerweise wurden Zungenreiniger aus einer dünnen, glatten und biegsamen Folie aus Gold, Silber oder Kupfer hergestellt, oder es wurde die dünne Rinde von Zweigen für Zahnbürsten verwendet. Diese war ca. 30,5 cm lang und 0,5 cm breit; sie war gebogen und wurde in beiden Händen gehalten und dazu verwendet, um die Zunge abzuschaben. Gold wurde hauptsächlich von denjenigen mit einer Vata-Konstitution verwendet, während Silber von Pitta-Typen und Kupfer von Vata-Typen verwendet wurde. Die Zweigrinde wurde von allen Typen verwendet. Heute sind sowohl Zungenschaber aus Bambus als auch aus rostfreiem Stahl verfügbar und können von allen drei Typen verwendet werden.
Es gehört zur täglichen Routine, die Zunge jeden Morgen vier- bis fünfmal abzuschaben. Der Mund sollte danach mit kaltem Wasser ausgespült werden.

GURGELN
Gurgeln ist das nächste Verfahren, das bei dem frühmorgendlichen Ritual der Mundreinigung durchgeführt werden sollte. Zuerst wird kaltes Wasser verwendet, um überschüssiges Kapha aus dem Mund zu entfernen, danach folgt eine einfache Gurgellösung, die aus Kräutern wie Triphala und Süßholzpulver oder ätherischen Ölen wie Musta, Zypresse oder Pfefferminz besteht. Im allgemeinen wird alle vierzehn Tage eine Lösung aus Sesamöl und Wasser verwendet, oder man kaut etwa 30 g Sesamsamen. Diese Maßnahme erhöht die Vitalität, Feuchtigkeit und das „Sneha" des Mundraums.

REINIGEN DER NASENGÄNGE
Die Nasengänge werden als nächstes gereinigt. Einige Tropfen arzneiliches Öl oder Sesamöl werden in jedes Nasenloch eingeführt. Nachdem Sie Ihre Hände gewaschen und Ihre Fingernägel geschnitten haben, können Sie auch Ihren kleinen Finger in warmes Sesamöl eintauchen, ihn jeweils in ein Nasenloch einführen und den Finger sanft drehen, um das Sesamöl aufzutragen. Achten Sie darauf, daß Sie die Haare aus der Nase nicht entfernen, um das Sehvermögen nicht zu beeinträchtigen.
Arzneiliche Pulver, die auch „Schnupftabak" genannt werden, werden von Charaka wärmstens empfohlen. Er behauptete, daß Schnupftabak die Nasengänge sowohl nähren als auch reinigen würde. Das Reinigen der Nasengänge erhält die Klarheit der Sinnesorgane, es verhindert eine Schädigung der Sehund Riechorgane, schützt vor vorzeitigem Haarausfall und Ergrauen und fördert das Wachstum der Kopfhaare. Das tägliche Einführen von Ölen oder Pudern in die Nasenlöcher ist eine einfache Form der Nasya-Therapie, die außerdem die Schädelgelenke, -muskeln und -sehnen nährt. Gleichzeitig verleiht sie der Stimme Sanftheit.

PFLEGE DER AUGEN
Als lichtempfindliches Organ sind die Augen unser empfindlichstes Sinnesorgan. Sie können täglich gereinigt werden, indem man sie mit kühlem Wasser wäscht oder mit einer Triphala-Abkochung. Diese besteht aus einem viertel Teelöffel Triphala-Pulver, das in einem Glas warmem Wasser eine halbe Stunde lang gezogen hat, bevor man es durch ein sehr feines Sieb abgießt. Dann wird die Abkochung in ein altmodisches Augenglas gegossen, das dann hohl über jedes Auge gelegt wird, wobei der Kopf leicht zurückgeneigt wird. Blinzeln Sie mit den Augenlidern, damit die Abkochung das Auge etwa eine Minute lang auswaschen kann; dann entfernen Sie das Augenglas. Ein kleines bißchen weiße Antimonpaste kann ebenfalls mit einem Blei- oder Zinkstift am inneren Rand des unteren Augenlids aufgetragen werden. Das beseitigt Irritationen, Gefühle von Brennen, zu geringe Tränenflüssigkeit sowie schmerzhaftes Tränen der Augen. Außerdem schützt es die Augen vor grellem Licht, Wind und Staub. Verwenden Sie Antimonpaste nicht unmittelbar nach den Mahlzeiten oder bei Krankheit bzw. Erschöpfung.

PFLEGE DER OHREN
Die Ohren pflegt man, indem man die Spitze des kleinen Fingers in eine kleine Menge warmes Sesamöl eintaucht, den Finger in das Ohr einführt, und ihn in der Öffnung herumdreht. Einige Tropfen Öl können auch direkt in die Hörgänge geträufelt werden. Die Ohren auf diese Weise zu pflegen hält Geist und Körper im Gleichgewicht, und erhält gleichzeitig ein gesundes Hörvermögen.

IHR TÄGLICHES BAD
Nachdem die Sinnesorgane gereinigt und angeregt worden sind, ist das Bad das lebenswichtigste tägliche Sadhana, um Sauberkeit und Langlebigkeit aufrechtzuerhalten. Ein- oder zweimal pro Woche kann der ganze Körper mit einer Bürste mit natürlichen Borsten vor dem Bad trocken abgebürstet worden.
Bäder sind kräftigend, reinigend und beruhigend für Körper und Geist; sie dienen außerdem zur Befreiung von allen negativen Energien. Der Körper wird durch das Baden geschmeidig gemacht und erfrischt. Traditionellerweise war die rechte Hand für den positiven Dienst am Selbst und am Universum reserviert, während die linke Hand dazu benutzt wurde, die untere Öffnung des Körpers zu reinigen und die täglichen Routinereinigungsmaßnahmen durchzuführen. Ein Bad wird sowohl für den Tagesbeginn als auch für das Ende des Tages empfohlen. Vata- und Kapha-Typen können ein warmes Bad nehmen, während Pitta-Typen von einem lauwarmen oder kühlen Bad profitieren.
Nachdem der Körper gründlich gereinigt worden ist, sollte er mit Cremes bzw. Lotionen, die frei von Chemikalien sind oder natürlichen Ölen wie Kokusnuß oder Sesam eingeschmiert werden. Danach sollte man sich frische Kleidung aus natürlichen Materialien anziehen. Die Farben Ihrer Kleidungstücke beeinflussen Ihre Energien. Erdfarben wie Elfenbein, Rost, braun, gelbbraun, beige, Burgunder und dunkelgrün haben eine sehr heilsame und erdende Wirkung auf Vata-Typen. Grelle, fesselnde Farben wie rot, orange, .lade, Türkis, Königsblau, Purpur, gelb und pink bzw. rosa sind belebende und positive Farben für die Kapha-Typen; Vata-Typen können diese Farben ebenfalls gelegentlich tragen, um einen kräftigenden Effekt zu erzielen. Sanfte Farben wie Lavendel, himmelblau, hellgelb und hellrosa heben den Pitta-Typ hervor und tragen dazu bei, seine intensiven Energien zu beruhigen. Jeder Typ kann sich außerdem mit den passenden Edelsteinen und natürlichen Düften schmücken.

SCHNEIDEN DER HAARE UND DER NÄGEL
Als allgemeine Pflegemaßnahme sollten das Haar, der Bart und die Nägel zweimal im Monat, und zwar vorzugsweise bei zunehmendem Mond, geschnitten werden. Die Nägel sollten nicht nur geschnitten, sondern auch geschrubbt und mit einer kleinen Menge Sesamöl oder einer natürlichen Nagelcreme poliert werden. Die Nagelhäute sollten nie geschnitten werden. Verwenden Sie das stumpfe Ende einer Nagelfeile, um sie sanft zurückzuschieben. Verwenden Sie nie Nagellack. Die richtige Pflege Ihrer Haare und Nägel fördert die Gesundheit, Potenz, Reinlichkeit und Schönheit. Massieren Sie Hände und Füße als Teil Ihres Körperpflegeprogramms regelmäßig.

aus: "Das große Ayurveda Handbuch - Geheimnisse des Heilens" von Maya Tiwari, erschienen im Windpferd Verlag, Copyright bei Maya Tiwari
Sie können das Buch hier bestellen.


Cookie Consent mit Real Cookie Banner