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Ein Mittel, das Leiden nimmt

Ein Mittel, das Leiden nimmt

15.11.2009 | von Dr. Abhijit Mhalank, M.D. (Ayu)Durch meine Arbeit als Ayurvedaarzt in Europa, treffe ich auf Patienten, die in Ihrem persönlichen Leben verschiedene Leiden oder Probleme haben. Solche Patienten kommen meistens mit Beschwerden wie Unruhe, Einsamkeit, Depression, Nervosität usw. und verlangen ein ayurvedisches Mittel, dass sie wieder gesund machen kann. Read in English

Durch meine Arbeit als Ayurvedaarzt in Europa, treffe ich auf Patienten, die in Ihrem persönlichen Leben verschiedene Leiden oder Probleme haben. Der Eine durchlebt eine schmerzhafte Scheidung, ein Anderer ist arbeitslos, jemand hat Konflikte in der Partnerschaft oder finanzielle Probleme. Solche Patienten kommen meistens mit Beschwerden wie Unruhe, Einsamkeit, Depression, Nervosität usw. und verlangen ein ayurvedisches Mittel, dass sie wieder gesund machen kann.

Ein schulmedizinisches Mittel möchten sie nicht nehmen, weil sie vor seinen Nebenwirkungen Angst haben. Deshalb suchen sie ständig einen Arzt, der sie ohne Nebenwirkungen kurieren kann. Einem Ayurvedaarzt und ayurvedischen Mittel vertrauen sie eher und möchten sich deshalb mit Ayurveda behandeln lassen.       

Können ayurvedische Mittel solche Patienten wirklich kurieren? Leider nicht! Denn ihr Problem liegt nicht in ihrem Körper, sondern in ihrem Lebenstil, Einstellungen und Meinungen. Was für ihre Beschwerden wirklich verantwortlich ist, sind nicht die gestörten Systeme und Organe, sondern die Leiden und der Stress, die sie ständig belasten. Ein ayurvedisches Mittel kann sie solange nicht von ihren Beschwerden befreien, bis sie sich von Leiden und Stress befreit haben. Meistens haben solche Patienten keine besondere Krankheit, sondern nur einige Probleme in tagtäglichen Leben, die nicht direkt eine medizinische Behandlungen benötigen, sondern mehr Toleranz verlangen. Aber wie schon gesagt, erwarten solche Patienten vom Ayurvedaarzt ein Mittel oder eine Therapie, die ihre Probleme lösen und Ihnen ihre Leiden und Trauer nehmen kann. Wenn ich solche Patienten analysiere, beobachte ich meistens folgende Dinge:

1. Die meisten dieser Patienten haben kein gutes Verhältniss zu ihren Eltern, Familienmitgliedern, Geschwistern oder Verwandten, so dass sie mit ihnen ihre Probleme nicht besprechen können und darüber keine Hilfe erhalten. Deshalb fühlen sie sich sehr einsam und hilflos und werden sehr nervös, instabil und ängstlich. In großen Städten sind diese Probleme besonders zu sehen.

2. Sie erkennen oft nicht die Existenz vom höchsten Prinzip der Welt (das oft als ‚Gott’ bezeichnet wird) und wissen deshalb auch nicht, wie sie von diesem Prinzip Kraft und Hilfe erhalten können, um die Leiden zu tolerieren und Problem zu lösen. Bei Jugentlichen ist es besonders zu sehen; doch haben auch viele alte Menschen dieses Problem. Nie in ihrem Leben haben sie die Notwendigkeit verspürt, dieses Prinzip zu erkennen, zu verstehen und haben deshalb keine ‚spirituellen’ Aspekt im Leben, sondern folgen einem rein materialistischen Weg.                   

3. Solche Patienten wollen nicht die Trauer und Leiden im Leben tolerieren, sondern suchen immer etwas, mit dem sie diese Schmerzen vermeiden könnten. Sie finden es überhaupt nicht nötig im Leben, ein bisschen Toleranz zu haben, sondern sind stolz auf die eigene Intoleranz. Oft sagen solche Menschen „das kann ich nicht tolerieren“ Die Tatsache, dass menschliche Leiden genau so alt sind wie die Menschheit selbst, nehmen sie nicht wahr. Die Wahrheit, dass die Toleranz die einzige Lösung für gewisse Lebensprobleme ist, akzeptieren sie nicht.     

Wegen dieser drei Gründen leiden solche Menschen (manchmal Jahre lang) an gesundheitlichen Problemen und besuchen einen Arzt nach dem anderen, in der Hoffnung, dass sein Mittel sie kurieren könnte! Sie realisieren nicht, dass das Problem nicht in ihrem Körper, Systemen und Gewebe liegt, sondern in ihrer eigenen Einstellung! Was wirklich geändert werden muss, sind nicht ihre Medikamente, sondern ihre Mentalität und Einstellung. Es ist keine Lösung, dass sie jede sechs Monate einen neuen Arzt suchen. Was sie wahrscheinlich brauchen, ist jemand, der sie mit bestimmten Wahrheiten des Lebens bekannt macht und erklärt, wie man spirituell lebt und wie dieses Leben sich von materialistischen Leben unterscheidet.

Doch müssen solche Menschen auch den Wunsch haben so etwas zu lernen. Meistens wollen sie so etwas nicht hören und sich in irgendeiner Art ändern. Sie haben sehr feste Meinungen und Einstellungen, welche sie überhaupt nicht kritisch analysieren oder verändern möchten. Stundenlange argumentieren sie, um zu beweisen, dass ihre Meinungen und Einstellungen richtig, ideal und logisch sind und deswegen gar keine Änderung benötigen. Es ist nie einfach, solche Menschen zu überzeugen und eine Änderung in ihrem Leben zu bewirken. Nur wenige werden überzeugt und sind tapfer genug, zu akzeptieren, dass sie falsch gedacht und gelebt hatten. Viele weigern sich und leben ihren gleichen Weg weiter. Ihre Suche nach einem Mittel, das ihnen ihre Leiden nehmen und kurieren könnte, geht ohne Pause weiter. Im Europa sieht man viele solcher Patienten und es tut einem leid zu sehen, wie sich die Kondition dieser Menschen im Laufe der Zeit verschlechtert und wie sie ihr Geld bei verschiedenen Ärzten lassen. Nie finden sie einen Weg, der wirklich zu Verbesserung führt.        

Ich weiß nicht, wie man solchen Patienten am besten helfen könnte. Das, was für ihre Einsamkeit, Intoleranz und Lebenstil verantwortlich ist, sind vielleicht die Kultur, Atmosphäre und Erziehung, die in Europa dominieren. Folgende Unterschiede bemerke ich immer zwischen europäischer Gesellschaft und asiatischer Gesellschaft :
 

Familie spielt eine wichtige Rolle

1. Das Familiensystem und das Heiratssystem sind in Europa viel schwächer geworden. Erwachsene Kinder trennen sich von ihren Eltern, egal ob sie verheiratet sind oder ledig. Dies führt oft zu Einsamkeit von Eltern, aber auch für das Kind. Viele Jugendliche heiraten nicht, sondern leben in einer Beziehung. Oft fühlen sie sich nicht so geborgen in der Beziehung, sondern haben ständig Angst, dass der Partner (oder die Partnerin) sie verlassen könnte. Diese Bedingungen geben einem nicht die Geborgenheit und Unterstützung, die man in einer Lebenskrise unbedingt braucht. Dann fühlen solche Menschen sich natürlich sehr einsam und suchen einen Ayurvedaarzt oder Heilpraktiker, an dessen Schulter sie weinen könnten.

Rituale: eine Brücke zwischen Mensch und Gott

2. Die unzählige Ritualen und kulturelle Aktivitäten, die in Indien jeden Tag oder an Festen durchgeführt werden, entwickeln eine starke Beziehung zwischen Gott und Menschen seit der Kindheit. Doch, ich sage nicht, dass jeder Inder dann das Konzept ‚Gott’ philosophisch völlig versteht und richtig befolgt, aber mindestens lernt man das Konzept ‚Gott’ gut kennen. Viele Asiaten führen täglich bestimmte Ritualen durch, singen Mantren, lesen spirituelle Texte oder besuchen einen Tempel. Diese Dinge helfen ihnen vielleicht im Leben und in einer Lebenskrise. Sie bekommen Kraft und Energie von dem höchsten Prinzip, um die Lebenskrise zu tolerieren. Das ist sehr wichtig. Bei vielen Europäern fehlt diese Kraft. Denn, sie wissen nicht, wie sie eine solche Kraft genau empfangen können. Das ist sehr schade. Ganz wenige Europäer führen irgendwelche Rituale durch, lesen spirituelle Texte oder beschäftigen sich mit spirituellen Aktivitäten in ihrem Alltag. Deswegen fehlt ihnen die spirituelle Kraft.
 

Alkohol und Tabak sind keine Lösungen

3. Zivilisation und Reichtum haben uns in letzten 50 – 60 Jahren sehr verwöhnt. Die neue Generation kennt die Probleme, Krisen und Schmerzen nicht, mit denen die alte Generationen konfrontiert wurde. Deswegen hat die neue Generation sehr geringe Toleranz. Was die junge Generation in Laufe der Zeit übermäßig konsumiert hat, sind Tabletten, Drogen, Zigaretten, Tabak und Alkohol! Immer wenn irgendwelche Krisen oder Stress auftreten, greift die junge Generation zu diesen Dingen, die heutzutage an jeder Ecke sehr einfach kriegen sind. Deshalb wissen sie nicht, dass Toleranz die einzige Lösung für gewisse Lebensprobleme ist.
 

Wenn wir solche Patienten wirklich kurieren wollen, dann werden wir das nicht allein mit Medikamenten schaffen. Es macht kaum Sinn, immer nur neue Medikamente zu erforschen. Die Lösung dieser Probleme liegt nicht in Tabletten und Kapseln, sondern benötigt große Veränderungen in Gesellschaft, Lebenstil und Einstellungen von diesen Menschen. Was sie brauchen, sind nicht Tabletten und Kapseln, sondern Geborgenheit, Unterstützung und spirituelle Kraft.  Die Freiheit von Leiden liegt endlich in ihren eigenen Händen und nicht in dem Heilmittel, das sie jahrelang suchen.

 

    Dr. Abhijit Mhalank, MD (Ayu), DYA
42/677 Lokmanya Nagar, Pune 411030
Email – ammhalank@yahoo.com


Über den Autor:

Dr. Abhijit Mhalank ist erfahrener Ayurvedaarzt und spezialisiert auf ayurvedische Pathologie. Er hat schon mehrere Bücher und Artikel in verschiedenen Sprachen veröffentlicht. Außerdem hat Dr. Mhalank die Software ‘Encyeclopaedia Ayurvedica’ entwickelt, die Informationen zu über 10.000 ayurvedischen Präparaten enthält. Neben Englisch, spricht Dr. Mhalank auch Deutsch, Sanskrit und zwei indischen Sprachen.
Er reist in Deutschland, Frankreich, Österreich, Schweiz, Italien und Spanien und hält Vorträge und Konsultationen gemacht. Er ist auch schon ind Radio- und Fernsehprogrammen gesprochen.


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