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Autoimmunerkrankungen als Notbremse

Autoimmunerkrankungen als Notbremse

20.09.2009 | Martin Fütterer | Chronische Krankheiten wie die Autoimmunerkrankung Polyarthritis werden in der westlichen Medizin im wesentlich als sinnlose Plagen gesehen, die man allenfalls bremsen aber nicht heilen kann. In der indischen Heilkunst Ayurveda haben diese Krankheiten durchaus eine Funktion – und sie können im Allgemeinen auch geheilt werden.

Ein Interview mit der indischen Ärztin Dr. Darly James

Die chronische Polyarthritis Ihrer Patientin Katja Schlagloth wird allgemeinmedizinisch als Autoimmunerkrankung bezeichnet. Wie beschreiben Sie diese Erkrankung in den Begriffen des Ayurveda?

Im Ayurveda ist die Arthritis eine Krankheit, die durch schlechte Essgewohnheiten und einen ungünstigen Lebensstil bedingt wird. Das Blut wird verunreinigt und giftig für den Körper. Diese Vergiftung wirkt sich an verschiedenen Stellen des Körpers aus aber auch mental. Die Gelenke sind eng mit dem mentalen Zustand verknüpft. Die Schmerzen und Bewegungseinschränkungen in den Gelenken behindern die Alltagsaktivitäten ein und geben dem Patienten Zeit, über sich selbst nachzudenken.

Aus welchem Grund bekam Katja diese Krankheit?

Ihr Leben war voller Anstrengung für ihre Familie und ihren Beruf und ihre mentale Ausrichtung war, alles mit höchstem Erfolg zu bewältigen. Dieser Perfektionismus bedeutete eine Überanstrengung, die nicht auf Dauer durchzuhalten war, und die Arthritis war die Notbremse, um diese Überanstrengung zu stoppen.

Welche Behandlung wurde angewandt?

Es war ein Zweiphasen-Programm für den Geist, die Ausleitung der Giftstoffe und die Vermeidung der Ursachen sowohl bei den geistigen und körperlichen Aktivitäten als auch der Ernährung.

Wie hat man sich das vorzustellen?

Medikamente, die oral aber auch über die Massageöle verabreicht werden. Kopfmassagen und Stirnguss (Siro Dhara), um das Gehirn zu reinigen und zu regenerieren. Vermeiden von anstrengenden Gedanken, Lernen, die Dinge leichter zu nehmen. Hinsichtlich der Ernährung Nahrungsmittel vermeiden, die schwer verdaulich sind oder den Magen belasten. Aber auch durch regelmäßige Essenszeiten und ausreichende Pausen dazwischen das Verdauungssystem nicht zu belasten, während es noch an der letzten Mahlzeit arbeitet.

Welche Ernährungsempfehlungen gibt es konkret?

Möglichst vegetarisch, einige Fleischsorten sind dabei besonders unverträglich, auch einige Fischarten. Auch sollten einige Dinge nicht zusammen gegessen werden, zum Beispiel Fisch und Milchprodukte.

Würde man jeden Patienten gleich behandeln?

Die Behandlung wäre je nach Grundkonstitution in manchen Punkten unterschiedlich.

Ist die Arthritis eine typische Erkrankung eines bestimmten Konstitutionstyps?

Nein, diese Krankheit kann jeder bekommen, der sich körperlich und geistig überanstrengt und schlechte Essgewohnheiten hat.

Wie sind Autoimmunerkrankungen generell vom Standpunkt des Ayurveda aus zu verstehen?

Es ist eine Grundfunktion des Körpers, um sich zu schützen.

Kann Ayurveda Arthritis in jedem Fall heilen?

Ja, allerdings hängt die Heilung auch von der Persönlichkeit und Mentalität des Patienten ab. Der Fortschritt kann in aller Regel aufgehalten und auch eine mindestens vorrübergehende Besserung erzielt werden, die durch wiederholte Behandlung auch wiederholt und vertieft werden kann. Eine dauerhafte Heilung hängt davon ab, wie der Patient die Krankheit annimmt. Ayurveda heilt sowohl die Symptome als auch die Ursache.

Was bewirkt die allgemeinmedizinische Behandlung?

In der allopathischen Medizin werden die Symptome unterdrückt mit Schmerzmitteln und Stereoiden, was den Fortschritt der Krankheit fördert, weil es die Ursachen nicht beseitigt. Der Patient wird zwar durch die Krankheit eingeschränkt, muss sich aber mit der Krankheit nicht auseinandersetzen hinsichtlich seines Lebensstils und seiner Geisteshaltung. Er wird deswegen keine grundsätzliche Heilung erfahren.

Was wird hinsichtlich des Lebensstiles empfohlen?

Vor allem die allgemeinen sozialen Regeln des Zusammenlebens zu befolgen: Respekt vor den Mitmenschen, nicht nur für sich selbst zu sorgen, sich anderen zuzuwenden.

Was ist der Vorteil von Ayurveda?

Der Vorteil ist die Wirksamkeit hinsichtlich der Ausleitung von Giften und Schlacken und die Effizienz der Heilung. Der Nachteil ist die Zeit, die der Körper braucht, um die Behandlung umzusetzen. Nach der mehrwöchigen Kur ist dafür eine mehrmonatige Ruhephase angeraten. Das ist mit dem geschäftigen Lebensstil vieler Menschen schlecht vereinbar. Begrenzungen treten auch auf, weil die Heilpflanzen für die Behandlung immer schlechter verfügbar sind. Hier spielen die immer dichtere Besiedelung aber auch Klimaveränderungen eine Rolle.


Dr. Darly James

ist das jüngste von zehn Kindern. Ihr Vorbild ist ihr Großvater, ein berühmter Ayurveda Spezialist in ihrer Heimat Kerala. Nach ihrem Universitätsstudium und der Assistenzzeit arbeitete sie elf Jahre als Chefärztin bei dem privaten Klinikträger Sree Sankara Community, wo sie auch im Bereich der Arzneimittelherstellung eine leitende Funktion innehatte. Gegenwärtig hat sie als Regierungsärztin (Govt. Medical Officer) die medizinische Leitung zweier Ayurveda-Regierungskrankenhäuser in Alleppey und betreibt eine kleine Privatklinik insbesondere für westliche Patienten.

 

Das Interview führte Martin Fütterer.
martinfuetterer.de

 

Titelbild: Copyright Martin Fütterer


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