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Markus Ludwig, Ayurveda Kalari

31.03.2005 |

1. Welche Bedeutung hat die Ernährung im Ayurveda ? Welches Potential hat sie?

Die Ernährung bildet neben Dingen wie Hygiene und Atmung eine wichtige Grundlage unser Gesundheit und unseres Wohlbefindens.
Der Ayurveda beschreibt die Eigenschaften der unterschiedlichsten Nahrungsmittel durch seine elementaren, universellen Prinzipien. Da mit den selben Prinzipien auch der Mensch in seiner Individualität zu verstehen ist, können wir so eine direkte Wirkung der Nahrung auf den einzelnen bzw. einmaligen Menschen erkennen und ggf. angleichen.
Noch wichtiger als das detaillierte Verständnis unserer Nahrung ist aber das grundsätzliche Verständnis unserer Verdauung. Die hochwertigste Nahrung kann zum Gift werden, wenn unsere Verdauung bzw. unser Verdauungsfeuer nicht ordentlich arbeitet. Der Ayruveda sagt hierzu z.B.: „Der Esser ist wichtiger als das Essen.“
Durch die im  Ayurveda beschriebenen Grundsätzen zur Pflege des Verdauungsfeuers ist es uns möglich eine Esskultur zu entwickeln, die eine wohl unüberschaubare Menge von Krankheiten und Leiden vorsorglich, wie aber auch nachträglich zu lindern bzw. zu beseitigen vermag.


2. Viele Menschen sehen die ayurvedische Ernährung sehr eng verknüpft mit der indischen bzw. singalesischen Küche. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Der klassische Ayurveda ist im indischen Raum erwachsen.
Die indische Küche arbeitet mit den gleichen Gewürzen und Kräutern wie der klassische Ayurveda. Auch wenn die durchschnittliche indische Köchin wohl nicht viel vom Ayurveda weiß, so ist die gesamte Esskultur und damit auch die Zubereitung vom Ayurveda geprägt. Die indische Köchin arbeitet zumeist wahrscheinlich unbewusst, aber selbstverständlich nach einer Vielzahl ayurvedischer Prinzipien.
Die moderne westliche Küche muß erst den Umgang mit Gewürzen und Kräutern wieder lernen oder sich erinnern und kann so zu einer sinnvollen und gesunden Esskultur, im Sinne des Ayurveda finden.
Bis dahin können wir viel von der indischen und singalesischen Küche lernen, sollten uns aber bewusst bleiben, das es darum gehen sollte eine heimische, ayurvedische Esskultur zu gestalten und zu genießen.
 

3. Welche Bedeutung haben Milch, Sahne und Co. in der ayurvedischen Ernährung?

Milch wird als sehr nährendes, aber auch sehr schweres bzw. schleimendes Nahrungsmittel beschrieben. Sie sollte wenn möglich nie kalt, unverdünnt bzw. ohne Zusätzen von schleimreduzierenden Gewürzen getrunken werden und sollte nicht mit den Mahlzeiten genommen werden.
Milch und noch vielmehr die Sahne reduzieren das Verdauungsfeuer. Das Verdauungsfeuer ist aber wesentlich zur Vermeidung von belastenden, nachhaltig störenden Schlacken und Giften. Wer zu seinem Essen Milch oder Sahne gibt, kocht sicher nicht nach ayurvedischen Prinzipien, sondern diesen entgegen gesetzt.
Meiner Meinung nach sollten wir, außer in wenigen Ausnahmefällen, die Sahne lieber in Öl verkochen und uns auf die Haut bzw. Gelenke schmieren, als uns damit das Verdauungsfeuer und damit eine Säule unserer Gesundheit zu zerstören.


4. Empfiehlt der Ayurveda eine vegetarische Ernährung? Wie ist Ihr Standpunkt?

Der klassische Ayurveda empfiehlt definitiv nicht grundsätzlich eine vegetarische Ernährung. Bei bestimmten Konstitutionen und auch bei bestimmten Leiden empfiehlt der Ayurveda als wesentliche Ernährungsanpassung den Verzehr von Fleisch bzw. von Fleischbrühe. In den klassischen Texten finden sich keine geringe Zahl von Medikamenten zur innerlichen und auch äußerlichen Anwendung, die Fett, Knochenmark und andere tierische Bestandteile enthalten.
Der Ayurveda beschreibt die Eigenschaften des Fleisches verschiedenster Tierarten und somit kann der Mensch selbst entscheiden, ob und welche Tiere er als Nahrung sieht.
Als selbstverständlich sollte in diesem Sinne, die Verantwortung dem Tier gegenüber sein, sowie auch die tiefe und unausweichliche Verbundenheit mit ihm. Wenn ich daran teilhabe bzw. es in Kauf nehme, das meine Ernährung die Folter und Qual anderer Wesen verursacht, so wird dieses auch wieder mein Leben beeinflussen.
Für mich persönlich gibt es natürliche Beutetiere, wie z.B. Hühner und ich sehe und respektiere im Menschen das Potential zum Jäger. Ich erkenne keine schlechten Eigenschaften darin, ein gesundes Huhn fair und dankbar zu erlegen und dadurch Wachstum zu ermöglichen.
Fleisch essen erhitzt Körper und Gemüt. Für mich, insbesondere auch als Kalari Abhyasi gibt es Zeiten, in denen ich grundsätzlich Hitze nutze um leidenschaftlich meinen Weg zu gehen und es gibt Zeiten, in denen ich so leidenschaftslos und gleichmütig wie möglich Dinge sehen und verstehen möchte. Und so passe ich auch meine Ernährung der Qualität meines Ganges an.


5. Welche einfachen Tipps geben Sie einem Einsteiger in die ayurvedische Ernährung?

Machen Sie sich mehr Gedanken über die Herkunft der Nahrungsmittel, als darüber, das ein Blumenkohl luftiger ist als eine Aubergine.
Nutzen Sie immer mehr heimische und natürlich gewachsene Nahrungsmittel.
Pflegen und Hüten sie ihr Verdauungsfeuer, wie ihren größten Schatz! (hier könnten noch ein paar grundsätzliche Punkte eingefügt werden, wenn es nicht den Rahmen sprengt…)
Wer diese Punkte beachtet hat schon sehr viel im Sinne des Ayurveda für sich und seine Umwelt getan, ohne irgendwelche Gemüselisten auswendig zu lernen oder aufwendige indische Gerichte zu kochen.
 

6. Wenn Sie das Grundprinzip der ayurvedischen Ernährung in einem Satz formulieren sollten, wie würde der Satz lauten?

Die Zusammenstellung, Zubereitung und Aufnahme der Nahrung im Sinne des Ayurveda, sollten unser Verdauungsfeuer nicht reduzieren, den Organismus sowenig wie möglich belasten, die Bestandteile unseres Körpers und unseres Geistes nähren und pflegen, sowie in verantwortungsvoller und dankbarer Weise mit unserer Umwelt in wechselbeziehung stehen.

7. Gibt es etwas, was wir mit unseren Fragen nicht abgedeckt haben, und das Ihnen zu diesem Thema sehr wichtig ist?

Es gibt eine Vielzahl von Büchern über Ayurveda und insbesondere über ayurvedische Ernährung. Wie ist es möglich hier Qualität im Vorfeld zu unterscheiden?
Nur weil jemand viel Bücher geschrieben hat, heißt es nicht, das sie gut sind. Warum sollte ein wirklich guter Autor mehrere Bücher über dasselbe Thema schreiben?
Schauen sie auch einmal nach ob Sahne in den Rezepten verwendet wird! Sollte dies so sein, geht es wohl mehr darum irgendwelche Rezeptsammlungen als „ayurvedisch“ zu verkaufen, als tatsächlich die ayurvedischen Grundprinzipien zu respektieren.
Ein wirklich besonders großes Kapitel sollte die grundsätzliche Funktion und Pflege des Verdauungsfeuers besitzen und die Wirkung verschiedener Gewürze, Kräuter und Nahrungsmittel darauf, ansonsten ist es vielleicht eine interessante Rezeptsammlung, aber sicher kein Buch über ayurvedische Ernährung.

www.kalari-kendram.org


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